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Die Wurzeln und die Macht des Hasses

AW: Die Wurzeln und die Macht des Hasses

Was ist eigentlich die Quintessenz der Rede des Papstes? Eine ausführliche Reflexion zum Verhältnis Glaube, Vernunft und Gewalt.

Da stimme ich dir zu, Miriam.

Was erwidert darauf ein in Irak ansässiger Zweig der Al Kaida? Er schwört „den Djihad fortzusetzen, bis zur vollständigen Niederlage des Westens“. Ein anderer Zweig der Al Kaida schreibt, und wendet sich damit an Italien: „Wir behalten Euch nur das Schwert vor als Antwort“.
Ich denke, dass das am besten das ganze Dilemma zeigt: Gewalt gegen Reden.

Gewalt gegen Reden? Da stimme ich dir nicht zu.

Das wirkliche Dilemma besteht darin, dass die USA schon lange vor dem 11. September 2001 aus bekannten Gründen tatsächlich Gewalt gegen die Länder des Nahen Ostens ausübten. Und Gewalt erzeugt Gegengewalt.

Wer fragt heutzutage schon nach den wirklichen Ursachen für den Terrorismus? Bequemer ist es, die Leute glauben zu lassen, dass der Islam per se terroristisch geprägt sei.

Gruss
Hartmut
 
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AW: Die Wurzeln und die Macht des Hasses

Eben habe ich eure Beiträge gelesen, Miriam, Kathi und Claus!

Wenn Miriam schreibt
Was ist eigentlich die Quintessenz der Rede des Papstes? Eine ausführliche Reflexion zum Verhältnis Glaube, Vernunft und Gewalt.
dann muss ich nachfragen, was an der Haltung der katholischen Kirche das Wort "Vernunft" bedeutet?
Genügt es, seine Meinung (seinen Glauben) in einer Sprache zu erklären, die über die wahren Absichten, die dahinter stecken, einen Schleier der Täuschung zu breiten vermag, sodass es aussieht, als ginge es um Religion und Gott?
Dabei geht es doch nur um Macht und Geld und jeder, der hinschauen will, kann es deutlich sehen!

Claus schrieb:
und wo, bitteschön, findet man heute noch christliche Hassprediger?
Islamische Hassprediger aber finden selbst bei den lächerlichsten Anlässen ein gewaltbereites Publikum.
Der Hass wird bei uns, die wir auf die Vernunft bauen, mit vernünftigen Worten genauso geschürt, wie mit flammenden emotionalen Aufrufen bei den Muslimen. Die Strategie ist den jeweiligen Umständen angepasst.

Das was sich so vernünftig anhört, schürt die Angst vor der Gewalt. Und wie wir bei Claus wieder feststellen, entsteht dadurch Hass.

Ohne die Sprache der Vernunft, die in unserer zivilisierten westlichen Welt wie ein klebriger Zuckerguß über alle Missstände geschmiert wird, müssten wir den nackten Tatsachen ins Auge schauen. Aber wer will das schon.

Wir sollen glauben, dass der Papst den Dialog sucht und die "anderen" die bösen Gewalttäter sind. Dabei sind die Katholiken (von den anderen Religionsgemeinschaften weiß ich nicht so genau Bescheid) um keinen Deut besser als die Muslime. Sie wollen nur nicht an Boden verlieren, weil sie damit auch die Macht und viel Geld verlieren.

Vernunft der Gewalt gegenüberzustellen scheint mir da sehr fragwürdig.

Claus schrieb:
(...)sondern es war Hass und der Wunsch nach rache für die Opfer. Er war konstruktiv und gerchtfertigt.

Ein solcher Hass ist statthaft, er erlaubt es einem Menschen, alle seine Kräfte auf ein Ziel zu bündeln.

Hitler und andere führende Nazis haßten die Juden (über die Ursachen und psychologischen Hintergründe ist oft spekuliert worden) so sehr, daß dieser Haß zum größten genozid der geschichte geführt hat, dieser Haß war verwerflich, denn seine Motivation ist irrational.
Diese Einteilung in statthaften und verwerflichen Hass - na ich weiß nicht?

Was bei Hitlers Hass herausgekommen ist, das wissen wir ja schon, allerdings wäre dieser Hass nach deiner Definition auch statthaft gewesen, denn da wurden die Kräfte doch auch alle auf ein Ziel gebündelt. Oder nicht?

Hass gebiert irrationale Motivation, denn Hass ist eine so starke Emotion, dass die Vernunft nicht mehr zu Wort kommt. Hass entsteht, wo Anerkennung verweigert wird, oft ohne Angabe von Gründen, oft mit Angabe von "vernünftigen" Gründen, die für den Gehassten dennoch willkürlich erscheinen. Hass ist der große Bruder der Hilflosigkeit.

Vernunft ist die "coole" Mauer, an der die Gewalt sich in leidenschaftlichen Angriffen den Schädel einrennen soll.

Der Hass wird dadurch immer größer, die Gewalttäter werden von den "Vernünftigen" neue Strategien lernen und ihre Gewalt subtiler verpacken.
Allerdings wird dadurch kein Konflikt gelöst werden. Es sei denn, der ganze Weltanschauungshumbug wird von allen endlich einmal als Machtspiel durchschaut.

Auch wenn es vielen blauäugig und unvernünftig vorkommt: Anerkennung und Liebe sind die einzigen zielführendes Wege, den Hass zu überwinden.
Aber Anerkennung wird einem erklecklichen Teil der Menschen auf diesem Planeten schon ziemlich brutal verweigert. Sie müssen zu Mitteln greifen, die uns ganz und gar nicht gefallen, um auch zu ihrem Anteil zu kommen.

Und hier gibt es Menschen, die sich wundern, dass sie gehasst werden! :confused:
Der Papst möge in sich gehen und weinen.

:blume1:
herzlich
lilith
 
Wer fragt heutzutage schon nach den wirklichen Ursachen für den Terrorismus? Bequemer ist es, die Leute glauben zu lassen, dass der Islam per se terroristisch geprägt sei.

Gruss
Hartmut
dazu passt sehr gut, dass heute in den medien berichtet wurde, dass sogar die CIA bekanntgibt, dass der terrorismus durch die letztgeführten kriege der USA gegen den terrorismus mehr geworden sei. und zwar nicht im dunstkreis um bin laden, hier wurde der terrorismus weniger. - doch weil der hass auf die USA durch die kriege größer wurde, wurde insgesamt die gewaltbereitschaft umso mehr und neue terroristengruppen formierten sich.

@ miriam: nicht dass "eure heiligkeit" in seiner rede etwa direkt etwas beleidigendes oder diffamierendes gegen irgendwen (oder den islam) gesagt hätte. dazu ist der pontifex maximus doch viel zu gefinkelt...äh, ich meinte intellektuell.
und das ist es ja auch, was ich meinte....du, miriam, wirst ihm mit deinem vernunftdenken NICHTS nachweisen können. dennoch transportiert seine rede etwas unbenennbares, etwas teilendes, etwas trennendes eben durch dieses vorangestellte zitat über den islam.

jemand, der in seinem inneren nichts trennendes, nichts teilendes verspürt, würde dieses zitat NICHT in seine w.o.beabsichtigte rede einbauen.
...und wenn er es doch tut, dann braucht er sich wegen der reaktionen nicht zu wundern.
wenn er es dann wirklich nicht so gemeint haben sollte, dann würde dieser jenige sich vollinhaltlich entschuldigen und sagen, dass er es nicht so gemeint hat.

dies alles ist nicht so --> daher kann ich nicht anders als zu diesem schluss zu kommen.
auch deswegen, weil ich mich in jungen jahren sehr mit der katholischen religion auseinandergesetzt habe und diese art und weise, wie eine kleine "wissende" gruppe das gottesbild allen anderen vorschreibt, ist für mich ebenso hochmütig, elitär und andere(s) verachtend.
das judentum kenne ich zwar nicht so gut, doch gerade dieser ansatz ist, denke ich, sehr ähnlich.

ich bleibe also bei meiner ansicht, dass der papst der katholischen kirche seine "unfehlbarkeit" wie ein schild vor sich herträgt und diese religionsgemeinschaft in weiten teilen dies auch so empfindet.
nur, wenn ich mich besser wähne, als die andern (atheisten, andersgläubige), dann haben wir schon wieder die abspaltung durch hochmut gegeben.
darauf wollte ich hinaus.

noch was: wo ist die wurzel der gewalt? bei dem, der sie anwendet oder bei dem, der sie herausfordert/heraufbeschört?

@ claus: unsere denkansätze sind zu unterschiedlich.

lg kathi
 
AW: Die Wurzeln und die Macht des Hasses

Ich habe leider noch nicht alles lesen können, daher nur 2 Punkte, die mich in dieser Debatte (meine jetzt nicht hier im DF) bewegen:

Der Papst wollte mit seinem Zitat, so viel ich weiß, vor Gewalt und Terror warnen. Es wäre aber überzeugender und glaubwürdiger gewesen, wenn er auch christliche Stellen aus dem Mittelalter, von den Kreuzzügen oder sonstwas zitiert hätte, da gäbe es nicht wenige Beispiele dafür.
Wenn man das von einem Papst aber nicht erwarten darf, wofür ich zumindest Verständnis hätte, dürfte er auch nicht islamische Stellen zitieren, meine ich.

Das Zweite, Grundsätzliche: Dass ein Kampf gegen den Westen und seine Werte stattfindet, vor allem vom Islam, ist offensichtlich. Ob es nur eine überbewertete Angst ist, weil sie (noch) kaum viel Chancen dafür haben, ob der Westen Mitschuld trägt durch seine Politik der letzten Jahre oder ob es einfach in der Natur liegt wie schon vor 20 oder 100 oder 600 Jahren ist mMn nicht leicht zu beantworten, wenn überhaupt. Da prallen einfach Ansichten zusammen, die stimmen können oder auch nicht.

Ich denke auch über eine Antwort von Joe Zawinul nach, der zur Frage, ob ihn auf der Welt etwas politisch beunruhigt, meint:
"Ich bin 74, mich beunruhigt nichts mehr. Wir wissen aber nicht, wie es sein wird, wenn Amerika ökonomisch nicht mehr die Nummer 1 ist, sondern China oder sonst wer. Da könnte die Weltbalance und die Freiheit in Gefahr sein."

Zawinul ist Jazzmusiker, kein Politiker und kein politischer Experte. Nur ein Mensch wie du und ich. Und sicher ist da in erster Linie unsere Freiheit gemeint. Aber was solls? Schließlich zählen wir mal zum Westen und vertreten seine Werte.
Ein Schreckensszenario?
Vielleicht.
Aber die Tatsachen sind sowieso oft dünn gestreut, viele oder die meisten sind schwer zu erkennen, so meine ich es. Und Theorien gibt es viele. Etwa auch diese.

Gruß
Andreas
 
AW: Die Wurzeln und die Macht des Hasses

@ claus: unsere denkansätze sind zu unterschiedlich.

so ist es Kathi.
Ihr versteht mich nicht, ich verstehe euch nicht.
solange wir uns aber deshalb nicht gegenseitig verächtlich machen und beleidigen,
läßt es sich doch trotzdem in gutem Einvernehmen über andere Sachen reden.

Jeder hat Informationsquellen, die er für glaubwürdig hält und kennt auch die der anderen, und hat seine Gründe dafür, daß er denen nicht vertraut.

@ Andreas
die Befürchtungen des Jazzmusikers halte ich für berechtigt.
Die Hoffnung auf dauerhaften Frieden nach dem kalten Krieg hat sich nicht erfüllt,
ein neuer Krieg hat begonnen, nine eleven war das erste Gefecht, Afghanistan das zweite, "we are on war!",
viele stecken den Kopf in den Sand und wollen es nicht wahr haben,
und die Zeit arbeitet für die Gegner.

Es wird ein böses Erwachen geben.

Claus :schritt:
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Die Wurzeln und die Macht des Hasses

die Aussage,
daß Hass irgendwie mit dem Gefühl von Verbrechen und Ungerechtigkeit zusammenhängt,
ist banal
(und wurde von Claus getroffen)

die Aussage,
daß Zorn weniger von einer Ungerechtigkeit als vielmehr von einer Unzufriedenheit (zornig auf sich selbst sein, sich über sich selbst ärgern) herrührt,
ist noch nicht gefallen

die Aussage von CLAUS,
daß es einen guten Hass gebe,
und dieser in die Rechtsprechung Einzug halten solle,
ist Schwachsinn
und stellt CLAUS in eine Reihe mit den Faschisten

die Aussage von MIRIAM,
daß der Hass kein genetisch angelegtes Gefühl sei,
widerspricht der banalen Beobachtung,
'daß Hass irgendwie mit dem Gefühl von Verbrechen und Ungerechtigkeit zusammenhängt'

die Aussage,
daß Affekt und Rachegelüste zu Handlungen führen,
die frei von Intellekt (Bücherverbrennungen) sind,
hat MIRIAM treffend gefühlt
 
Zuletzt bearbeitet:
oT

Hallo Scilla,

Du weißt,daß ich deinen Aussagen bisher immer etwas abgewinnen konnte,aber leider schleicht sich bei mir mehr und mehr das Gefühl ein,daß deine Art des Sendungsbewußtseins auch etwas mit Hass zu tun haben könnte,aufzeigbar an deinem langanhaltenden Kleinkrieg mit Claus und Miriam...wahrscheinlich klingt es selten dämlich,aber diese Beobachtung stimmt mich fast traurig,weil ich gerade deine Beiträge-auch durch die gewisse, ihnen eigene, dialektische Verschrobenheit (sorry)-stets ehrlich und interessant fand....
 
AW: Die Wurzeln und die Macht des Hasses

Leider nochmals off-topic

Das Notenverteilen für einzelne Abschnitte der Beiträge einiger User ("ist banal" "ist Schwachsinn" oder "ist treffend"), und dies ohne die Erwägung in betracht ziehend, dass die eigene Meinung wohl auch subjektiv ist, spricht von einer masslosen Überheblichkeit...

Ich würde es sehr begrüßen, wenn wir jetzt zurückkehren würden zum eigentlichen Thema - das hiess "Der Hass..."

Sibel, dich habe ich mit deiner kurzen und m.E. treffenden Bemerkung, nicht gemeint.

Gruß von Miriam
 
AW: Einige Bemerkungen zu Sloterdijks Thesen in "Zorn und Zeit"

Über den Zorn weiter nachdenkend, scheint es mir schon, dass es wichtig ist sich über die unterschiedlichen Nuancen des Zornes Gedanken zu machen, weil dieses Gefühl sowohl etwas Positives bewirken kann, aber auch, wie ich es schon erwähnte, in die Sackgasse des Hasses führen kann.

Wie nah diese beieinander liegen, zeigte diese Tage die Ermordung einer Nonne, die in Somalia als Missionarin arbeitete und den Zorn der Massen zum Opfer fiel.

In Köln pflegt man zu sagen, dass das Leben einem immer das „vor de Föß“ wirft, was man eben nötig hat. Für mich diesmal im Form eines Buches, in dem der Philosoph Peter Sloterdijk sich mit dem Zorn im Laufe der Geschichte befasst. ("Zorn und Zeit").
Leider habe ich vorläufig nur Rezensionen zum Buch gelesen – erlaube mir doch auf dieser Basis einige Grundgedanken der Thesen von Sloterdijk wiederzugeben.
Wenn auch seine Zukunftsprognosen düster sind, zeigt der Autor auch die positiven Seiten des Zornes. Denn für ihm ist Zorn auch eine Regung die uns Impulse geben kann.
Als eines der Beispiele die Sloterdijk nennt, sei hier Achilles erwähnt, dessen Zorn ihn in den Krieg treibt – Krieg der den Göttern heil bringen sollte, Achilles aber den Tod.

Na ja, wenn man sich dabei nochmals durch die umfangreiche Liste der Toten die auf der Strecke blieben im Laufe des Trojanischen Krieges durcharbeitet und dies auch ein wenig durch die Erfahrungen der modernen Zeiten liest, kann man nur sehr eingeschränkt die frühere Bewunderung für den Helden Achilleus noch nachempfinden.

Doch schon in der Antike findet man es notwendig den Zorn einzudämmen, da nur so eine Gesellschaft sich entwickeln kann, die von demokratischen Prinzipien geleitet wird. Es entsteht ein Menschentypus der die Verdrängung seines Zornes kontrollieren mag.

Sloterdijks Zukunftsprognose ist, wie ich schon anmerkte, düster. Über die Kultur der westlichen Welt meint er:

"Es ist eine Einverleibungskultur, die mit einer Abdressur des Stolzes einhergeht".[…] „Denn wer begehrt, muss zugeben können, dass ihm etwas fehlt. Das können nur nicht stolze Menschen tun, ohne mit sich selbst in Konflikt zu geraten“.

Dem kinderarmen Kapitalismus stünde der kinderreiche und zornige Islamismus gegenüber – und dieser sei dem ersteren überlegen, denn dieser Kinderreichtum wird wie eine Waffe eingesetzt.
Wenn auch Sloterdijk für ein konstruktives Ausleben des Zornes plädiert, auch wenn dies eine positive Note seiner Analyse gibt, bleibt diese im großen Ganzen eher ernüchternd. Denn wie er sagt:

"Die Szenarien der kommenden Konflikte sind schon geschrieben. Wir werden die nächsten Jahrzehnte den Aufmarsch der Kombattanten beobachten"
Und dieser Aufmarsch ist von einer Energie gespeist: vom Zorn.

Genau da frage ich mich, ob dies noch so ambivalent benannt werden kann – ob das nicht eher schon als Hass bezeichnet werden sollte.

Grüße von Miriam
 
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AW: Die Wurzeln und die Macht des Hasses

„Der Papst möge in sich gehen und weinen.“ So habe ich in meinem Beitrag #12 geschrieben.
Das möchte ich nun näher ausführen, damit auch rüberkommt, was ich damit meine.

Ich will meine eigene Hilflosigkeit nicht spüren, so wie auch der Papst und wie auch die islamischen Terroristen.
Die scheinbaren Auswege aus der Hilflosigkeit sind aggressive Handlungen (ich schlage alles kurz und klein vor Wut), oder rationale Erklärungen, d.h. ich finde mit Hilfe meines Verstandes Argumente, die erklären sollen, warum ich recht habe und der andere unrecht.

Hass entsteht, wenn Hilflosigkeit immer wieder erlebt wird, weil die Auswege nicht zum gewünschten Erfolg führen.
Fast jeder hat das, zumindest in seiner Kindheit, erlebt. Der strenge Vater, ein kaltherziger Lehrer, oder auch eine Horde Schulkinder aus der höheren Klasse, zwingen einen, etwas zu tun, was man selbst ganz und gar nicht will. Aber leider hat man keine Möglichkeit, sich dagegen zur Wehr zu setzen. Alle Versuche, aus der Zwangslage rauszukommen, werden abgeschmettert, man wird verhöhnt, ausgelacht, geschlagen, beschimpft und muss auch noch tun, was die wollen. In dieser ausweglosen Situation beginnt der Hass tief drin zu brodeln.

Ist das nachvollziehbar? Könnt ihr euch an solche Situationen erinnern? Wenn nein, dann kommt ihr wahrscheinlich auch als Erwachsene selten an Themen, die in euch Hass erzeugen. Denn solche Erinnerungen an das hilflose Ausgeliefertseins an eine Übermacht (physische oder ideelle) sind die Wurzeln des Hasses. Und jede Situation, wo ein Erwachsener sich einer willkürlichen Macht unterordnen muss, lässt diesen alten Hass wieder aufflammen.

Die Versuche, Argumente zu finden, sind natürlich dafür geeignet, dass diese Hassgefühle nicht sofort und jederzeit zum Ausbruch von Gewalttätigkeiten führen. Die Vernunft ist für eine Beschwichtigungspolitik bestens geeignet und wird ja so eingesetzt. So war es möglicherweise auch vom Papst gemeint. Aber sie kann die Wurzeln des Hasses nicht ausreißen. Darauf soll mein voriger Beitrag hinweisen.

Hier kann keine Annäherung von gegensätzlichen Meinungen wachsen, hier geht es auch gar nicht um Annäherung, sondern um Selbstdarstellung von unterschiedlichen Ansichten, die in einem Wettkampf um die Vormachtstellung mündet. Das erleben wir ja derzeit.

Einsicht und Verständnis sind mMn die einzigen Möglichkeiten, die Wurzeln des Hasses zu erreichen.

Einsicht setzt voraus, dass ich mir bewusst anschaue, welche Einflüsse und Lebensumstände mein Weltbild geformt haben und noch formen. Und dann kommt die Frage, wie denn „die anderen“ wohl zu ihrem Weltbild gekommen sein mögen! Wie geht es sich in den Schuhen des anderen?

Vielleicht kann ich dann verstehen, warum der andere so ist, wie er ist, auch wenn ich ihn nicht so haben möchte, und vielleicht kann ich dann auch erkennen, was ich selbst zu einem besseren Verständnis beitragen kann.

Jeder kann das nur für sich selbst tun, niemand kann es von einem anderen verlangen. Denn das führt jedes Mal wieder genau an diese Wurzeln des Hasses, wo ein Mensch sich einem anderen unterordnen soll, weil der glaubt ein Recht zu haben, dem anderen seine Sicht der Welt als „richtige“ Sicht aufzuzwingen.

Ich hoffe, es ist damit auch klar, dass ich weder für die Rede des Papstes noch für die islamischen Methoden eine Lanze brechen will. Das sind nur die zwei Seiten derselben Geschichte.

Und nun gehe ich in mich und weine, wie ich es auch dem Papst geraten habe. Denn damit erreiche ich meine eigenen Wurzeln des Hasses, ich verzeihe mir selbst und denen, die mir Unrecht tun und trauere darüber, dass nicht alle die Welt so sehen wie ich. Meine Tränen sind hilfreicher als Terroristenbekämpfung und Abhandlungen über Gewalt und Vernunft.

Claus, Miriam und Hartmut, Kathi, Andreas, scilla und sibel, ich bitte euch, verzeiht auch mir, wenn ich euch in irgendeiner Form unrecht getan habe, ich tat es nicht wissentlich!


lilith
 
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