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Die normopathische Gesellschaft

Wir haben nur die Aussagen der Parteimitglieder. Spekulationen darüber, ob diese nur Lippenbekenntnisse sind, führen vom hundertsten ins tausendste und das könnte man bei allen anderen Parteien und Politikern auch machen. Fest stehen die grundsätzlichen Unterschiede zwischen altrechts und neurechts, also dass die Altrechten sich noch auf Themen wie Rasse, Volksgemeinschaft und Träume von einem Großdeutschen Reich beziehen, während die Neurechten sich von diesen alten Ansichten komplett abgewandt haben und sich stattdessen auf Themen wie Migrationspolitik, Familienpolitik und mehr direkte Demokratie fokussieren. Außerdem ist die Sprache eine ganz andere, wobei es natürlich Einzelpersonen wie Höcke gibt, die hin und wieder noch mit altrechtem Gedankengut um sich werfen, aber in einer light-Version sozusagen. Natürlich sind die Grenzen zwischen neurechts und altrechts fließend, und Höcke ist zum Beispiel so eine Zwischenfigur.
Es ist mit egal, ob ein Hassprediger altrechts oder neurechts ist. Das Problem ist das Hasspredigen.
So ist es mir auch ziemlich egal, ob die Autobombe von einem Sunniten, Schiiten oder Evangelikalen gelegt worden ist.
Das Problem ist nicht die Religion, sondern die Wahl der Mittel bzw der Umgang mit ihr.
Ach komm, das ist doch billigste Küchenpsychologie. Glaubst du wirklich, dass sich das Phänomen AfD so simpel erklären lässt? Also ich denke, dass es dann doch etwas komplizierter ist als das...
Es ist keine vollständige Erklärung, aber trifft den Punkt. Die afd ist ja auch nur ein Beispiel für all die rechtspopulistischen Parteien, die sich in den letzten Jahrzehnten in Europa aufgebaut haben.
Auch das ist ein stark vereinfachendes Vorurteil. Wo sollen denn AfD-Politiker konstruktiv und gestalterisch auftreten, wo du und all die anderen AfD-Kritiker es mitbekommen würden? Im Bundestag? Bundestagsreden sind mittlerweile (vielleicht war es auch schon immer so, weiß ich nicht) zum allergrößten Teil unsachliches Gezänk und provokatives Gepolter, und zwar von allen Parteien. Oder in Talkshows? Wo sich fünf Gäste plus der Moderator auf den einen AfD-Politiker stürzen, der ein mal im Jahr eingeladen wird? Wo soll da Raum für Konstruktives und Gestalterisches sein?
Na, wie machen es die anderen Parteien? Aber schau dir doch einmal die ganzen afd-Reden an.
Ich sage dir, wo sich AfD-Politiker konstruktiv und gestalterisch äußern, nämlich in den alternativen Medien, weil man sie dort ausreden lässt und sie nicht von einer Atmosphäre der Ablehnung und Ausgrenzung umgeben sind.
Weil dort unausgegorene Gedanken nur wenig Hinterfragung befürchten müssen.
Die AfD hat durchaus einige intellektuelle Köpfe in ihren Reihen, die sehr sachlich und staatstheoretisch auf hohem Niveau ihre Ideen darlegen können - wie jämmerlich sehen da im Vergleich viele der heutigen Berufspolitiker vor allem in den Reihen der Grünen und Linken aus, die keine Ahnung von irgendwas haben, was wirklich relevant ist und nur aufgrund der mittlerweile etablierten Negativauslese in Spitzenpositionen der jeweiligen Partei gekommen sind.
Klar, einzelne Köpfe durchaus. Das ändert aber nichts an die primitiven Seiten der Menschen, an die die ganze Idee appellierte und appelliert. Bei manchen muss man eben etwas genauer hinhören, um ihre "Gesinnung" zu erkennen.
Es gibt zum Beispiel den Podcast "Am Rande der Gesellschaft" - dort findet man oft sehr gute Interviews mit AfD-Politikern. Wer sich AfD-Leute bisher als grölende, hasserfüllte Wutbürger vorgestellt hat (und beim Grad der Verblödung und Indoktrinierung in unserer Gesellschaft haben diese Vorstellung wahrscheinlich nicht wenige) könnte hier einen Kulturschock erleiden, denn diese Gespräche befinden sich in der Regel weit über dem Niveau von Mainstream-Talkshows.

Ja, so wie auch Norbert Hofer selbst nicht den grölenden Wutbürger gibt, aber sich dennoch sehr wohl in Festzelten voll mit solchen fühlt.
 
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Die AfD nutzt sehr wohl den Mainstream zur Pflege einer Normopathie...

Daraus ergeben sich weltweit jeweils punktuell katastrophale, geradezu doppelpunktuell aussagekräftige apokalyptische Folgenlogiken im Viererpack einer Zeit-und Wahrnehmungsverdichtung auf engstem Raum...

Ja, es gibt viele, die an eine AfD-geführte Regierung geradezu apokalyptische Erwartungen knüpfen. Aber noch keiner hat es so elegant formuliert wie du. Andere hingegen knüpfen an eine solche Regierung geradezu eine Heilserwartung, als ob sie die Lösung aller Probleme wäre.

Ich denke ja, dass insgesamt beide Erwartungshaltungen völlig übertrieben sind. Die AfD ist einfach eine CDU der 60er/70er Jahre, und deshalb fällt sie im linksgrünen Parteien-Einheitsbrei, zu dem heutzutage auch die CDU gehört, eben auf wie eine bunter Hund. Abgesehen von einem Kurswechsel in der Migrationspolitik würde die AfD mittelfristig wohl keine allzu großen Veränderung und Reformen anstoßen. Letztendlich ist auch sie durchdrungen vom Neoliberalismus und von der grundsätzlichen Befürwortung des Kapitalismus (viele der Gründungsmitglieder und auch heutige ranghohe Mitglieder sind oder waren in dem extrem einflussreichen neoliberalistischen und radikalkapitalistischen Think Tank Mont Pelerin Society tätig). Insofern: Ruhe bewahren! Diese Partei wäre weder der Untergang, noch die Rettung des Abendlandes, sowohl für das eine als auch für das andere ist sie dann doch noch zu systemkonform.

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Über das letzte halbe Jahrzehnt hat sich hartnäckig das Narrativ gehalten, im Rechtspopulismus zeige sich eine Art Widerstand der Bevölkerung gegen den Neoliberalismus. Letzterer wird oft als Marktfundamentalismus umschrieben oder auch als der Glaube, dass alles auf dem Planeten ein Preisschild hat; dass Grenzen obsolet sind; dass die Weltwirtschaft die Nationalstaaten ersetzen sollte; und dass das menschliche Leben auf einen Zyklus von Geld verdienen, ausgeben, leihen und sterben reduzierbar ist.

Die »neue« Rechte bringt dagegen den Glauben an »das Volk«, die nationale Souveränität und die Bedeutung der Kultur in Stellung. Während die etablierten Parteien nun Wählerstimmen verlieren, scheinen die Eliten, die den Neoliberalismus aus Eigeninteresse gefördert haben, nun die Früchte der Ungleichheit und demokratischen Entmachtung zu ernten, die sie selbst gesät haben.

Aber diese Geschichte ist falsch. Bei genauerem Hinsehen können wir erkennen, dass zentrale Fraktionen der aufstrebenden Rechten in Wirklichkeit mutierte Spielarten des Neoliberalismus sind. Schließlich haben die Parteien, die als »rechtspopulistisch« bezeichnet werden, nie als Racheengel agiert, die ausgesandt wurden, um die wirtschaftliche Globalisierung zu zerschlagen. Sie haben keine Pläne zur Zügelung des Finanzwesens, zur Wiederherstellung eines goldenen Zeitalters der Arbeitsplatzsicherheit oder zur Beendigung des Welthandels. Die Forderungen der Rechtspopulisten nach Privatisierung, Deregulierung und Steuersenkungen ähneln im Großen und Ganzen denen, die führende Politikerinnen und Politiker weltweit in den letzten dreißig Jahren propagiert haben.


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Ja, es gibt viele, die an eine AfD-geführte Regierung geradezu apokalyptische Erwartungen knüpfen. Aber noch keiner hat es so elegant formuliert wie du. Andere hingegen knüpfen an eine solche Regierung geradezu eine Heilserwartung, als ob sie die Lösung aller Probleme wäre.
Nun, in Österreich haben wird schon mehrmals die Erfahrung mit einer FPÖ-Beteiligung einer Bundesregierung machen dürfen.
Die Welt ist nicht untergegangen, aber sie hat jeweils niemandem gut getan. Weder Österreich noch der FPÖ selbst.
Und dennoch laufen der FPÖ Wähler zu. Warum?
Weil es denen nicht um Gestaltung oder ums Lernen geht, sondern um den Protest, um Äußerung einer Unzufriedenheit, egal
wie diffus oder unberechtigt. Der Aufstieg der rechtspopulistischen Parteien ist weniger ein Zeichen irgendwelcher politischen
Gegebenheiten als ein Zeichen einer wachsenden Egomanie.
 
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Nicht wirklich. Es ist nur afd-Sprech, sich selbst als Opfer zu sehen.
Das entbindet so schön von jeglicher Verantwortung für die eigene Niedertracht.
Die Ächtung jeglicher Kritiker ist offensichtlich keine Strategie, die Mehrheiten schafft und auch nicht demokratisch. Weiter so und die verhasste AfD verdoppelt sich bei der nächsten Wahl. :lachen:
 
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