Kritik ist ja immer willkommen, sofern sie konstruktiv ist. Aber "es ist alles Sch****" und "Alle sind ja so korrupt"
sind nicht Beispiele konstruktiver Kritik, sondern nur unreflektiertes Dampfablassen.
Nun, du hast dein Urteil über die Rechten gefällt und ich will dir das ja gar nicht ausreden. Das hätte auch keinen Sinn. Obwohl ich weiß, dass dein Urteil ein Vorurteil und zu verallgemeinernd ist, denn ich habe schon Dutzende, wenn nicht Hunderte konstruktive Gespräche mit Rechten gesehen, aber diese finden in den alternativen Medien statt, welche du nicht konsumierst. Also kannst du es nicht wissen. Thema erledigt.
Ich will dir trotzdem noch eine kleine Anekdote dazu erzählen. Vor kurzem hat ein linker Aktivist allen Ernstes (und der hat das
wirklich ernst gemeint) folgende These aufgestellt: Die hohen Wahlergebnisse der AfD der letzten Zeit lassen sich dadurch erklären, dass die verblödete, ungebildete Landbevölkerung in den letzten Jahren jetzt auch verstärkt mit Ausländern konfrontiert wird, weil in den Großstädten kein Platz mehr für alle Zuwanderer ist. Die verblödeten Michels auf dem Land glauben nun zum Beispiel, dass wenn eine Kuh krank wird, es daran liegt, dass die Ausländer die natürliche Ordnung durcheinander bringen und deshalb die Kuh krank wurde und als Reaktion darauf wählen sie dann die AfD. Ich würde das hier nicht zitieren, wenn es nicht ein reichweitenstarker Streamer wäre, der das unter Applaus seiner Community so kommuniziert hat und ich will das auch gar nicht weiter kommentieren, weil es meines Erachtens selbsterklärend ist. Wenn solche Erklärungen herangezogen werden, um den Erfolg einer Partei zu erklären, dann offenbart man dadurch, dass man den Anschluss an die Weltentwicklung verpasst hat. Ja, das ist ein Extrembeispiel, und doch sind auch deine Thesen zu den verblödeten, primitiven Rechten nicht sooo weit vom Niveau dieser Kranke-Kuh-Theorie entfernt.
Diese Haltung hat in Österreich schon zweimal zur Spaltung der FPÖ geführt, weil manche nicht nur dumpf protestieren
wollten, sondern abseits der Große (SPÖ und ÖVP) eine dritte gestaltende Kraft zu bilden. Diese "Abweichler" nannten sich
"Liberales Forum" bzw "Bündnis Zukunft Österreich".
Weißt du, ich muss an dieser Stelle mal etwas klarstellen: Mir persönlich ist die AfD sch***egal. Das mag jetzt widersprüchlich klingen, weil ich sie und ihre Wähler oft verteidige, aber ich verteidige sie ja nur deshalb, weil mein Hauptanliegen die Rede-und-Meinungsfreiheit ist. Ich denke nicht, dass die AfD allzu viel verbessern kann und will, dazu ist sie wie gesagt zu sehr verknüpft mit der Mont Pèlerin Society, welche den heutigen Zeitgeist geradezu erfunden hat, denn sie hat zum Beispiel die 68er-Bewegung finanziert. Wie kann ein Think Tank gleichzeitig die 68er-Bewegung finanzieren und dann aber heutzutage mit der AfD zusammen arbeiten? Weil das
alles Show ist.
Ich verteidige die AfD aus drei Gründen: 1. Rede-und-Meinungsfreiheit. Niemand wird derzeit so sehr unterdrückt, zensiert und sogar bedroht wie die Rechten. 2. Das einzig wichtige, was sie umsetzen würden, sofern sie nicht vom Bundesverfassungsgericht daran gehindert werden: Einen Kurswechsel in der Migrationspolitik. Und 3. Ihre eigene Entzauberung.
Da du nicht in der alternativen Medienwelt unterwegs bist, ahnst du gar nicht, wie viele Leute alles darauf setzen, dass die AfD alle ihre Probleme lösen wird. Und damit meine ich jetzt weniger die Content-Creator, sondern das Publikum. Unter jedem Video kann man die unglaublich hohen Erwartungen an einen Wahlsieg der AfD in den Kommentaren ablesen - und diese Erwartung ist natürlich naiv und muss entzaubert werden. Ihr habt das in Österreich schon durch, aber hier ist es bisher nur Theorie.
Und dann weiß ich ebenfalls, dass sogar die alternativen Bewegungen im Ausland sich ganz Großes von einer AfD-Regierung in Deutschland erhoffen, weil sie sozusagen auf den Input aus Germany warten, was dann zu tun ist. Ich will nicht zynisch sein, denn ich weiß, wie schwierig das Leben in der derzeitigen normopathischen Gesellschaft ist, aber zu denken, dass die AfD kommt und löst alle Probleme, das ist abwegig.
Wirklich interessant wird es sein, wie sich das alternative Lager und die alternativen Medien und die Querdenker usw. entwickeln werden,
nach einer Legislaturperiode AfD und dann ihrer Abwahl. Und das ist eben das ermüdende an historischen Prozessen: Es dauert alles so laaangsam. Aber spannend ist es trotzdem.