Also erst einmal möchte ich dich dafür loben, dass du, als junger Mann, dir so viele Gedanken über Gott und die Welt und allem was dazwischen liegt, machst und nach Erklärungen für alles Mögliche und Unmögliche suchst, denn das haben viele andere tatsächlich verlernt.
Ich kann gar nicht anders. Es ist meine Berufung. Ich habe schon als kleines Kind viele Fragen gestellt und irgendwann haben mir meine Eltern dann ein
Was ist Was Buch über Kosmologie geschenkt - da hat es dann
klick gemacht. Für mich ist das Nachdenken über die großen Fragen selbstverständlich und ich verstehe gar nicht, wie die meisten Menschen heutzutage so oberflächlich sein können. Andererseits sind jedoch die meisten Menschen
glücklicher als ich und das liegt vielleicht auch daran, dass das Nachdenken über den Sinn des Lebens etc. bei mir zu einer Obsession geworden ist. Doch dazu weiter unten mehr.
Die "geistige Welt", bzw. das was du dir darunter vorstellst, bzw. vorzustellen scheinst, ist nicht in der Materie verloren gegangen, sondern benötigst sie, um sie mehr oder weniger bewusst wahrnehmen zu können. Denn ohne Materie wäre überhaupt kein Lebewesen entstanden und das scheint der entscheidende Punkt zu sein: Das, was du die "geistige Welt" nennst, ist m.M.n. die "Ewigkeit", das "Alles und Nichts" o.ä., das man auch als den Zustand Tod bezeichnen kann.
Das erinnert mich an einen meiner Lieblingsphilosophen, Arthur Schopenhauer. In seinem Hauptwerk
Die Welt als Wille und Vorstellung beschreibt er, dass
Der blinde Wille zum Leben das
Ding an sich ist, also der Ursprung allen Seins. Durch dieses Streben nach Leben ist schließlich die Materie manifestiert worden und der Wille zum Leben drückt sich nun aus in Steinen, Pflanzen, Tieren und in seiner höchsten Form im Menschen. Das, was du als
die Ewigkeit oder das
Alles und Nichts bezeichnest, wäre dieser im Hintergrund wirkende Wille zum Leben. Ich beschäftige mich zwar inzwischen nicht mehr mit Schopenhauer, aber er hat mit seinem Werk sicherlich einen bleibenden Eindruck in meinem Denken zurückgelassen.
Sich darüber Gedanken zu machen, ist sicher wertvoll, aber zu viel darüber Nachzudenken, kann die Lebensqualität erheblich verringern oder das Leben so unerträglich machen, dass das Leid zu einer Todessehnsucht führen könnte. Deshalb haben sich auch so viele Philosophen das Leben genommen. D.h. wenn man "den Weg der Weisheit" gehen möchte, sollte man sich darüber im Klaren sein, dass er sehr schwer und leidvoll sein wird. Die Antworten liegen aber in jedem Fall in einem selbst und nicht in den Schriften und Geschichten anderer.
Wie ich schon andeutete, ist das Nachdenken über
die letzten Wahrheiten bei mir zu einer Art Obsession geworden. Insbesondere das Nachdenken über den Tod und was danach kommt. Ich schreibe darüber, weil ich das als Ventil sehe und es funktioniert insofern, dass ich meine Gedanken dadurch besser sortieren kann und auch Feedback von anderen bekomme, was sehr wertvoll sein kann. Die Todessehnsucht kenne ich hin und wieder auch, und auch Suizidgedanken sind mir nicht fremd, jedoch hatte ich nur eine kurze Phase in meinem Leben in der ich tatsächlich suizidal war und das ist nun auch schon 20 Jahre her. So jung bin ich übrigens gar nicht, ich bin zwar noch keine 40, aber wenn man bedenkt, dass das durchschnittliche Lebensalter für die meiste Zeit unserer Geschichte darunter lag, ist das eigentlich schon fast alt. Mittlerweile sehe ich die Suizidgedanken nur als eine weitere Form der Zwangsgedanken an, sie drängen sich halt auf, aber ich nehme sie nicht ernst, wobei ich dazu sagen muss, dass ich zu diesem Thema kürzlich hier im Forum einen Rat vom User ewaldt bekommen habe, den ich versuchen sollte, umzusetzen.
Da ich mich in letzter Zeit viel mit der Anthroposophie von Rudolf Steiner befasst habe, fand ich hier noch ein weiteres Argument gegen den Suizid, vielleicht das beste, das ich bisher gehört habe. Die Anthroposophie lehrt, dass man einen Suizid bereuen wird, sobald man dann nach dem Tod in der geistigen Welt angekommen ist. Denn wenn man eigentlich noch nicht bereit war zum Sterben, dieses aber künstlich herbeigeführt hat, dann hat man in der geistigen Welt noch körperliche Bedürfnisse, die man aber ohne einen physischen Leib nicht mehr befriedigen kann. Man empfindet zum Beispiel noch Hunger, kann aber nichts mehr essen. Insofern hat meine schon seit langer Zeit vorhandene Intuition, dass ein Suizid falsch sei, hier noch mal eine argumentative Begründung bekommen.
Die, wie du sie nennst, Reflektion des Schmerzes, kann das Leid verstärken, aber das liegt m.E. daran, dass der Mensch sich selbst bemitleidet. Denn das tun die Tiere nicht. Das soll jetzt nicht abwertend sein, weil ich auch mich selbst schon dabei erwischt habe, wie ich mich selbst bemitleidet habe, aber dann versuche ich meine Gedanken ganz bewusst auf etwas Positives zu lenken oder tröste mich damit, dass ich mir noch schlimmeres Leid (anderer) vor Augen führe, das ich nicht erleiden muss, denn Selbstmitleid bringt letztlich überhaupt nichts.
Selbstmitleid bringt nichts, komplette Zustimmung, deshalb bitte nicht falsch verstehen, wenn ich über solche Themen rede. Ich suche kein Mitleid, lediglich den Austausch und ich spreche sowas auch nicht ohne Anlass an. Man kann es aber durchaus so sehen, dass das Selbstmitleid den Menschen vom Tier unterscheidet. Letztendlich befinden wir uns bei all diesen Themen in einem Bereich der schwierigen Definitionen. Aber annähern kann man sich der Wahrheit immer.
Was mich interessieren würde, ist, was du dir ganz persönlich unter dem Bewusstsein vorstellst. Deshalb bitte ich dich darum, mir in deinen eigenen Worten zu erklären, woher es d.M.n. kommt, bzw. wie es entstanden sein könnte und wie es funktioniert und wozu es da ist.
Also, wie Bewusstsein überhaupt entstanden ist, ist meiner Auffassung nach
die Frage überhaupt und es wäre eine Anmaßung, wenn man da behaupten würde, die Wahrheit erkannt zu haben. Die bisher beste Erklärung, die ich gefunden habe, und die mit meiner eigenen Auffassung übereinstimmt, sie aber bildhafter darstellt, habe ich in den Urtexten des Hinduismus gefunden. Es kommen hier ein paar Sanskrit-Begriffe vor, aber lass dich davon nicht abschrecken, das sind nur Sinnbilder:
Das, was schon immer da war, also das leere, reine Bewusstsein, wird als
Brahman bezeichnet. Dieses hat keinen Inhalt, keine Form und ist holographisch, also egal wie weit man hineinzoomt oder hinauszoomt, es sieht immer
gleich aus. Es ist auch ewig, hat also keinen Anfang und kein Ende. Zu irgendeinem Zeitpunkt hat sich eine individuelle Bewusstseinszelle, genannt Atman gebildet, und sich vom Urbewusstsein abgespalten. Von diesen Atmans entstanden immer mehr und das sind die individuellen Seelen der Menschen, die von Inkarnation zu Inkarnation wandern. Was nun speziell beim Menschen passiert ist, ist dass dieses Atman sich irgendwann nicht mehr an seine Herkunft, Brahman, erinnern konnte und deshalb sprach ich in meinem vorherigen Beitrag davon, dass die geistige Welt in der Materie verloren gegangen ist. Wir haben unsere Herkunft vergessen und leiden darunter. Diese Geschichte kann man noch endlos vertiefen, aber es soll jetzt erst mal genug sein.