Wenn das "Ich" zu lange unterdrückt wurde, sich gar nicht entwickeln konnte, dann gibt es schon gar keine Chance mehr, weil erst mal das Ich sogar in hohem Alter entwickelt werden muss, um es dann zum Selbst hin zu überwinden.
Diesen Punkt möchte ich gerne etwas vertiefen, weil es m.E. sehr entscheidend ist, wie sich ein "irdisches Sein" entwickelt, das in der Kindheit unterdrückt wurde. Dabei ist es nicht ausschlaggebend, warum die Eltern oder Erziehungsberechtigten das/die Kind/er an einer "gesunden Entwicklung" hindern, sondern entscheidend ist das Ergebnis einer solchen Unterdrückung, die, so nebenbei gesagt, ja gerade auf die meisten Bevölkerungen der verschiedenen Länder angewandt wird. Das Problem dabei ist, dass man erwachsene Menschen, die sich frei entfaltet und zu einem selbstbewussten Menschen entwickelt haben, nicht so leicht unterdrücken kann, wie ein Kind und wie Erwachsene, die schon seit ihrer Kindheit daran gewöhnt sind, das zu tun und sogar zu denken, was ihnen vorgegeben wird. Denn solche Menschen sind so verunsichert, dass sie ohne diesen "Halt" kaum lebensfähig sind.
Sie sind m.E. nicht nur unfähig, die verschiedenen Signale anderer Menschen zu empfangen, sondern sind auch davon überzeugt, dass sie immer Recht haben und alle, die eine andere Meinung vertreten, natürlich falsch liegen müssen. Sie hinterfragen die vorgegebene Wahrheit nicht, sondern nehmen sie einfach an und verteidigen sie in Diskussionen so, als wäre es ihre eigene.
Weil das "Ich" solcher Menschen nur sehr schwach entwickelt ist, können sie ihr Leben lang keine Eigenverantwortung übernehmen und werden auch Berufe ausüben, in denen sie den strikten Vorgaben ihrer Vorgesetzen Folge zu leisten haben. Es scheint eine Art Schutzmaßnahme von ihnen zu sein, dass sie, obwohl sie tatsächlich sehr unsicher sind, selbstsicher auftreten und anderen gegenüber sogar überheblich sind. Ich sage ja oft, dass "man sich Arroganz leisten können muss", denn wenn eine besonders schwache Persönlichkeit arrogant auftritt, verdeutlicht sie nur, dass sie dadurch ihre Unsicherheit zu verbergen versucht, - und in den meisten Fällen sogar davon überzeugt ist, dass es funktioniert, - auch wenn die Außenstehenden das vollkommen anders sehen.
Also, ich denke, dass das "irdische Sein" nicht dazu entstanden ist, um gehemmt oder sogar unterdrückt zu werden, aber es liegt natürlich auf der Hand, dass man die "Menge der einzelnen Seins" als Ganzes, irgendwie kontrollieren muss. Und dazu bedarf es Regeln, an die sich alle halten müssen. Aber das, was momentan auf der Welt geschieht, wird m.E. nicht zum gewünschten Erfolg führen, sondern letztendlich mehr Schaden anrichten, als den Verantwortlichen bewusst zu sein scheint. In diesem Zusammenhang fällt mir oft der Titel eines Films ein, den ich in Gedanken ein wenig umgeändert und statt des Originaltitels den Titel: "denn sie wissen nicht, was sie anrichten", verwendet habe.
Denn, offenbar wissen sie tatsächlich nicht, was sie tun und damit anrichten.