Ich hörte sagen, die Ehe wäre der größte Beweis der Liebe. Weil man damit bekunde, man wolle den Partner für immer. Naiv sind die Menschen, die das glauben.
Die Ehe in ihrer heute und hier verbreiteten Form ist genau das Gegenteil von einem Liebesbeweis. Sie beweist das Fehlen von Liebe. Sie ist eine Art Vertrag, ein Versprechen, ein Gelübde, dass man für den anderen immer da sein wird, ihn achten und ehren wird. Und vor allem lieben.
Doch welche Art von Liebe ist das, die einen solchen Beweis fordert, ein Versprechen oder gar einen Vertrag? Es ist keine Liebe. Und wenn man das als Liebe bezeichnet, so möchte ich niemals lieben. Ich sehe sie nicht. Die Ehen, die über Jahrzehnte von Liebe erfüllt sind. Aber ich sehe die Ehen, die voll Disharmonie sind. Männer, die jeder anderen hübschen Frau nachsehen. Zumindest, wenn sie sich unbeobachtet fühlen. Frauen, die ihre Männer wie Gegenstände behandeln. Zumindest, wenn sie mit ihnen alleine sind. Ich sehe da wenig Liebe. Es ist mehr eine Symbiose, ein gegenseitiges abhängig sein. Ein Zusammenleben, aber kein Miteinanderleben. Ich sehe sie nicht, die Liebe in diesen Ehen, die Leidenschaft, das Verlangen und Freuen. Der Blick in die Augen, und das zarte Berühren. Den heißen Sex und das fröhliche Blödeln.
Warum verspricht man sich für immer treu zu sein, wenn man nicht weiß, was morgen kommt? Wen man begehrt und wie sich alles verändert? Ja, ich sehe sie, die Ehen, wo sich beide treu sind. Gegenseitig treu. Aber sich selbst betrügen sie. Sie unterbinden ihre Wünsche und ihr Verlangen. Weil sie gelernt haben, das so der größte Beweis von Liebe aussieht. Lieber sind sie diesem Glauben treu als sich selbst. Die Menschen lieben damit sich selbst noch weniger.
Warum verspricht man sich für immer zu lieben, wenn man nicht weiß, was morgen kommt? Ich weiß es. Aus Angst und Gier. Aus Angst, den anderen zu verlieren und aus Gier, es könnte ihn jemand anderes bekommen. Die Ehe ist ein Zeugnis großer Lieblosigkeit. Denn wer liebt, muss nichts versprechen und keinen Vertrag abschließen. Wer liebt, tut dies aus freier Entscheidung. Liebe kann man nicht unter Vertrag stellen. Verträge sind notwendig, wo Vertrauen fehlt.
Liebe sollte ein täglich neues Erobern sein. Liebe sollte freistellen, geliebt zu werden, oder wen anderen zu lieben. Weil Liebe frei ist. Wer Liebe kontrollieren will, der braucht ein Versprechen, ein Gelübde, einen Vertrag. Und das wiederum ist genau das Gegenteil von Liebe. Kontrolle.
Wer wirklich liebt, stellt frei. Ehe, wie wir sie über die Jahrhunderte erfunden haben, stellt nicht frei. Sie bindet. Sie macht abhängig. Der Grund, warum heute so viele Ehen zerbrechen, ist nicht der Mangel an Werte. Fremdgegangen sind die Menschen immer schon. Der Grund ist, dass das Abhängigkeitsverhältnis heute viel schwächer ist. Vor allem Frauen sind unabhängiger. Scheidung wird gesellschaftlich auch nicht mehr in dem Sinn als verwerflich angesehen, wie früher.
Und darum werden Ehen weiterhin zerbrechen. Es ist nicht der Ehepartner Fehler. Es ist ein gesellschaftlicher Fehler. Ein Missverstehen dessen, was Liebe ausmacht. Eine Tradition, die voll von Irrtümern ist.
Vergesst die Ehe. Liebt stattdessen.