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Determinismus & Ursache-Wirkung

Benjamin

Well-Known Member
Registriert
27. Januar 2005
Beiträge
2.268
Ich weiß, es gab hierzu schon einige Threads im Forum. Ich möchte nun aber einmal eine Diskussion um den Determinismus etwas anders angehen. Es geht mir im Grunde um eine einfache These, die ich mir überlegt habe und die wie folgt lautet:

Ich postuliere:

I) Jede Ursache führt zu einer bestimmten Wirkung. Das soll heißen: Es kann nicht sein, dass dieselbe Ursache eine andere Wirkung hat.

II) Jedes Geschehen hat (mindestens) eine Ursache.


Ich ziehe daraus den logischen Schluss:
Wenn I) und II) auf die Welt zutreffen, dann ist die Welt vollkommen determiniert. Das will bedeuten, dass, wenn wir sämtliche Begebenheiten der gesamten Welt in einem Augenblick kennen würden, und über alle Naturgesetze Bescheid wüssten, wir den Ablauf der Welt bis in alle Ewigkeit vorherberechnen könnten. (Vorausgesetzt dieses Vorherberechnen würde mit der Welt nicht interferieren.)

Das ist natürlich nur eine rein theoretische Überlegung und kann, so wie ich das sehe, niemals auf ihre Richtigkeit überprüft werden. Aber dennoch erachte ich sie für sinnvoll. Denn es gibt logisch gesehen nur drei Möglichkeiten, dass die Welt nicht determiniert ist.

1.) Eines der Postulate oder beide treffen nicht zu.
2.) Die menschliche Logik trifft nicht zu.
3.) Ich habe einen logischen Fehler in meiner Überlegung gemacht.

Das bedeutet für die Frage des freien Willens: Es kann nur freien Willen geben, wenn einer dieser drei Punkte zutrifft.

Was meint ihr dazu? Ich wäre, wie aus dem Titel hervorgeht, auch insbesondere daran interessiert, was ihr über die Postulate denkt.

Ben
 
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AW: Determinismus & Ursache-Wirkung

Hi Benjamin,

das Thema scheint dich ja echt zu beschäftigen.:)

Was passiert wenn 2 unterschiedliche Ursachen gegensätzliche Wirkung verursachen würden. Wenn dies nicht eintreten kann, warum nicht?
Ich finde es schwierig diesen Gedanken richtig zu formulieren. Hoffe du verstehst was ich meine.

Du hälst deine Postulate sehr allgemein. Auf was sind sie anzuwenden?

lg,
fussel
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Determinismus & Ursache-Wirkung

Ich postuliere:

I) Jede Ursache führt zu einer bestimmten Wirkung. Das soll heißen: Es kann nicht sein, dass dieselbe Ursache eine andere Wirkung hat.

II) Jedes Geschehen hat (mindestens) eine Ursache.


Ich ziehe daraus den logischen Schluss:
Wenn I) und II) auf die Welt zutreffen, dann ist die Welt vollkommen determiniert. Das will bedeuten, dass, wenn wir sämtliche Begebenheiten der gesamten Welt in einem Augenblick kennen würden, und über alle Naturgesetze Bescheid wüssten, wir den Ablauf der Welt bis in alle Ewigkeit vorherberechnen könnten. (Vorausgesetzt dieses Vorherberechnen würde mit der Welt nicht interferieren.)

S.g. Benjamin.

Zwingt uns nicht unser menschliches Denken in Raum und vor allem Zeitdimensionen genau diese deine Thesen als richtig zu akzeptieren ?
Könnten wir uns in unserer Umwelt überhaupt zurechtfinden, ohne der Erkenntnis von Ursache und Wirkung ?

Was heißt determiniert, heißt es dass alles bis in die Unendlichkeit "sinnvoll" vorbestimmt ist ? Ich nehme an alles ist determiniert, aber in Sinne von, alles was passiert folgt nach uns bekannten und uns noch unbekannten physikalischen Gesetzen, auch wenn es uns nicht sinnvoll/zielgerichtet erscheint oder nicht sinnvoll/zielgerichtet ist.

Weil wenn etwas für uns nicht determiniert erscheint ist muss es ja nicht automatisch zufällig sein, wir sind halt einfach nicht in der Lage den Ursache -Wirkung Zusammenhang zu erkennen ?

Ist nicht das was wir als Zufall bezeichnen einfach nur dass nicht-erkennen wollen oder können von Ursache - Wirkung Zusammenhängen ?

Aber warum neigen wir dazu, bei determinierten Vorgängen die für uns als solche nicht erkennbar sind, diese als Zufall zu bezeichnen, und mache Menschen sogar als Produkt einens freien Willens ??

Können wir unser nicht-wissen-können nicht akzeptieren und erdenken uns den Zufall oder eine freien Willen als Erklärung? Oder gibt es echten Zufall und den freien Willen ?

Im Bezug auf den echten Zufall habe ich aber noch kein Argument gefunden das seine Existenz unlogisch erscheinen läßt.

Kann es etwas zwischen determiniert und indeterminiert / Zufall geben ? Meine Logik sagt nein, da gibt es eine klare Grenze, es kann ein Vorgang nur entweder determiniert oder indeterminiert / zufällig sein.
Und darum kann es, entsprechend meiner Logik, in beiden Fällen abslout keine Platz für einen Freien Willen geben !

L.G. Belair57
 
AW: Determinismus & Ursache-Wirkung

Ich postuliere:

I) Jede Ursache führt zu einer bestimmten Wirkung. Das soll heißen: Es kann nicht sein, dass dieselbe Ursache eine andere Wirkung hat.

II) Jedes Geschehen hat (mindestens) eine Ursache.


Ich ziehe daraus den logischen Schluss:
Wenn I) und II) auf die Welt zutreffen, dann ist die Welt vollkommen determiniert. Das will bedeuten, dass, wenn wir sämtliche Begebenheiten der gesamten Welt in einem Augenblick kennen würden, und über alle Naturgesetze Bescheid wüssten, wir den Ablauf der Welt bis in alle Ewigkeit vorherberechnen könnten. (Vorausgesetzt dieses Vorherberechnen würde mit der Welt nicht interferieren.)

1.) Eines der Postulate oder beide treffen nicht zu.
2.) Die menschliche Logik trifft nicht zu.
3.) Ich habe einen logischen Fehler in meiner Überlegung gemacht.

Das bedeutet für die Frage des freien Willens: Es kann nur freien Willen geben, wenn einer dieser drei Punkte zutrifft.

Was meint ihr dazu? Ich wäre, wie aus dem Titel hervorgeht, auch insbesondere daran interessiert, was ihr über die Postulate denkt.

Ben

Hallo Benjamin,

über diese Auffassung von Dir haben wir ja schon vor einer Weile debattiert.
Ich sehe die Sache anders als Du, aber Deine Logik ist gut und nützlich:
Mir scheint, dass Fehler Nr. 2 hier das Problem ist:
Autoren, die über Bereiche schreiben, in denen Quantenphänomene wichtig sind, sagen:
Im "ungemessenen" Quantenbereich gibt es "Möglichkeitswelten", während es im "gemessenen" Bereich (der auch der "Bereich der Faktizitäten" genannt wird) eben "Fakten" gibt. Die menschliche Logik ist ein an der erfahrbaren Faktenwelt orientierter, in der stammesgeschichtlichen Entwicklung für die Faktenwelt optimierter Apparat. In dieser Faktenwelt funktioniert sie daher, nicht aber in der "spukhaften" Quantenwelt.

Wie ich weiß, lehnst Du die Existenz gerade jener "Spukwelt" der instantanen Fernwirkungen ab. Deshalb kommst Du von diesem Standpunkt aus logisch folgerichtig zu einer komplett determinierten Weltmaschine, die wie ein Uhrwerk abschnurrt und natürlich den freien Willen ausschließt.

Die in der Literatur angeführten Quantenexperimente, die man üblicherweise für Existenzbeweise der Quantenfernwirkungen hält (ich gehe da als "Seiteneinsteiger" auch mit der Mehrheit), siehst Du als nicht beweiskräftig an. Das hast Du auch schon einmal hier geschrieben.

Wenn Du also Deine Prämissen so sorgfältig von Undeterminiertem frei hältst, musst Du am Ende natürlich zu dem total deterministischen Weltbild gelangen, das Du aufgeschrieben hast.
Dann könnte es den "Laplaceschen Dämon" tatsächlich geben, der die gesamte Weltgeschichte ausrechnen kann, wenn er nur alle Ausgangsbedingungen kennt.

Da kann man jetzt nur konstatieren:
Zwei Weltbilder stehen sich gegenüber, die Vertreter des nicht-deterministischen Weltbildes scheinen die experimentellen Daten auf ihrer Seite zu haben. Ob man diese Daten auch anders (im Einsteinschen Sinne) deuten könnte, vermag ich nicht zu beurteilen, aber mir scheint die Quantentheorie, die auch in der Praxis die erfolgreichste Beschreibungsweise der Beobachtungen liefert, die bessere Wahl zu sein.

LG, pispezi :zauberer2
 
AW: Determinismus & Ursache-Wirkung

Hallo Benjamin

I) Jede Ursache führt zu einer bestimmten Wirkung. Das soll heißen: Es kann nicht sein, dass dieselbe Ursache eine andere Wirkung hat.

II) Jedes Geschehen hat (mindestens) eine Ursache.

ich erinnere mich, bei Heisenberg gelesen zu haben, dass es im Bereich von Quantenphänomenen so nicht gilt. Was nicht mal geisterhafte Fernwirkungen betreffen muss, sondern Dinge wie zB den Atomzerfall: es gibt keine bestimmte Ursache dafür, warum ein Atom gerade in einem bestimmten Moment zerfällt - gerechnet werden kann in dem Bereich nur statistisch, mit grossen Mengen von Atomen und Halbwertszeiten, aber es ist nicht determiniert, wann genau ein individuelles Atom zerfällt.

Heisenberg postuliert auch, dass es nicht daran läge, dass die physikalische Beschreibung unvollständig sei, oder dass da noch irgendwas nicht gefunden wurde - sondern dass es tatsächlich Dinge gibt, die einfach so geschehen.

Somit wäre die Welt nicht vollständig determiniert.

grüsse, barbara
 
@ all:

Danke für Statements!

Mit Erlaub geh ich zu Beginn auf die Quantentheorie in der Physik ein, die mir persönlich ein großes Anliegen zu dieser Thematik ist.

Es stimmt, dass viele - darunter auch viele namhafte - Physiker, die Erkenntnisse der Quantentheorie dahingehend deuten, dass es scheinbar so etwas wie echten Zufall geben muss.

Die Quantentheorie soll hier aber nicht Zentrum der Diskussion sein. Es geht mir grundsätzlich um die philosophische Idee dahinter. Für die braucht man auch keine Kenntnisse über die Physik, sondern nur den Willen genau darüber nachzudenken. ;)
Meine Postulate sind im Übrigen auch so formuliert und gedacht, dass sie mit der Quantentheorie vereinbar sind. Das will ich schnell erklären:
Es ist richtig, dass uns die Heisenberg'sche Unschärferelation es grundsätzlich verbietet, den Ausgang eines scheinbar konkreten Experimentes genau vorherzubestimmen. Das heißt, man kennt aus der Physik Versuche, die man niemals so anstellen kann, dass beim selben Versuch immer(!) dasselbe Ergebnis herauskommt. Es gibt eine von der Natur offensichtlich festgelegte Unschärfe, die niemals unterschritten wird.

Man mag hier denken, so wie Pispezi und LaChatte auch argumentieren, dass daher Postulat I) für den Mikrokosmos nicht gelten kann. Bei näherer Betrachtung ist das aber ein keineswegs zwingender Schluss, denn es bleibt weiterhin eine genauso mögliche Erklärung offen. Nämlich, dass es deshalb zu den unterschiedlichen Ergebnissen kommt, weil es immer wieder unterschiedliche Ursachen gibt. Das soll heißen, dass ein Versuch niemals gänzlich dem zweiten gleicht. Im Fall der Quantenphysik käme dies einer Theorie verborgener Variabeln gleich, die den Ablauf des Experimentes bestimmen, die wir aber nicht kennen, eventuell auch nicht kennen können.
So eine Theorie stimmt mit den bekannten Experimenten und Vorhersagen der Quantenphysik vollkommen überein.

Auf weiters komme ich gleich zurück.
 
das Thema scheint dich ja echt zu beschäftigen.:)

Das stimmt. :)
Ich hab mich dieses Mal bemüht, meine Gedanken so zu formulieren, dass sie einer seriösen philosophischen Diskussion auch im Kreise oder insbesondere im Kreise von Wissenschaftlern standhalten können. Sie sind daher streng logisch begründet. Oder zumindest habe ich einen Versuch dahingehend unternommen. Und das möcht ich jetzt gern hier in der Diskussion testen, also sprich schauen, ob meine Überlegungen clever genug angestellt wurden. ;)

Was passiert wenn 2 unterschiedliche Ursachen gegensätzliche Wirkung verursachen würden. Wenn dies nicht eintreten kann, warum nicht?
Ich finde es schwierig diesen Gedanken richtig zu formulieren. Hoffe du verstehst was ich meine.

Du hälst deine Postulate sehr allgemein. Auf was sind sie anzuwenden?

Ich denke, zwei unterschiedliche Ursachen führen für gewöhnlich immer zu zwei verschiedenen Wirkungen, oder was meintest du mich 'gegensätzlich'?

Die Postulate sind so überlegt, dass sie sämtliche Vorgänge in unserer Welt einschließen wollen. Aber es wäre auch denkbar, dass es nur einen Gültigkeitsbereich der Postulate gibt. Es wäre sehr interessant das genauer zu untersuchen.
Um mich zu berichtigen: Eigentlich sind die Überlegungen von den uns vertrauten Umständen abgeleitet. Das heißt, wenn ich eine konkrete Ursache setze, erwarte ich eine konkrete Wirkung.
Ein Beispiel: Wenn ich auf die eingeschaltete Herdplatte greife und sie ist heiß, dann erwarte ich, dass das für den nächsten Versuch - sagen wir am nächsten Tag - ebenso gilt. Ist sie jedoch das nächste Mal nicht heiß, dann weiß ich, dass hier offensichtlich zwei unterschiedliche Ursachen vorliegen und ich diese eventuell näher ergründen kann. So dass z.B. beim zweiten Versuch der Herd ausgesteckt war.

Verstehst du? Es geht mir einfach nur um das konkrete Ursache-Wirkungs-Prinzip. Wenn das gilt, dann schließe ich daraus, dass die Welt determiniert sein muss und dass es keinen freien Willen geben kann.

Was würdest du eher aufgeben wollen? Das Ursache-Wirkungs-Prinzip oder die Vorstellung des freien Willens? Oder siehst du eine andere Alternative?
 
Zuletzt bearbeitet:
1.) Eines der Postulate oder beide treffen nicht zu.
2.) Die menschliche Logik trifft nicht zu.
3.) Ich habe einen logischen Fehler in meiner Überlegung gemacht.

Ich sehe nur diese drei Möglichkeiten, die den Determinismus sozusagen verhindern, und den freien Willen erlauben. Was meint ihr?
 
AW: Determinismus & Ursache-Wirkung

Ich sehe nur diese drei Möglichkeiten, die den Determinismus sozusagen verhindern, und den freien Willen erlauben. Was meint ihr?

Ja, wie gesagt, Ben:
Für mich liegt das Problem in Punkt 2) - menschliches Denken kann einen echten Zufall nicht verstehen.
Ansonsten stellst Du mit Deinem letzten Satz eine Art "Geschmacksfrage" :)
Mir ist der freie Wille wichtiger, weil seine Konsequenzen - bzw. die seines Fehlens - sehr, sehr weitreichend sind.

LG, pispezi :zauberer2
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
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Ja, wie gesagt, Ben:
Für mich liegt das Problem in Punkt 2) - menschliches Denken kann einen echten Zufall nicht verstehen.
Ansonsten stellst Du mit Deinem letzten Satz eine Art "Geschmacksfrage" :)
Mir ist der freie Wille wichtiger, weil seine Konsequenzen - bzw. die seines Fehlens - sehr, sehr weitreichend sind.

Hm... aber denkst du, dass echter Zufall einen freien Willen erlaubt? Dann wäre eine Entscheidung ja zufällig und nicht gewollt.

Verzichtest du dann auch auf das Ursache-Wirkungs-Prinzip? Und vor allem sehr problematisch ist für mich die Frage: Ab wann trifft die menschliche Logik wieder zu? Wo ist hier die Grenze zwischen dem, was wir verstehen können, und dem, was wir nicht verstehen können?
 
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