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Die Widerlegung von Benjamin Libet

Ach so? Dann nenne doch bitte zunächst einmal die Summe der Teile des Eiffel-Turmes.
Da musst du dich bei Gustav Eiffel erkundigen. Ein Bauwerk hat jetzt nicht besonders viele Funktionen, bringt keine neue Phänomene hervor oder ähnliches. Daher ist z.B. der Vergleich mit Software sehr viele passender.

Das sehe ich ganz genau so. Daraus folgt dann aber, dass dies für ausnahmslos alle natürlichen Vorgänge gilt, unabhängig von deren "Komplexität"
Korrekt. Wobei das streng genommen keine Folgerung ist, sondern das war das Statement selbst. Die ganze Frage danach ist aber komplett irrelevant für den freien Willen. Wie gesagt, ist es die falsche Betrachtungsebene. Die Frage nach dem freien Willen ist überhaupt keine Naturwissenschaftliche, genausowenig wie die Frage danach wie ein bestimmtes Softwareprogramm funktioniert. Der Naturwissenschaftler kann bestenfalls feststellen, dass es hier mit rechten Dingen zugeht, er kann das Phänoment selbst aber gar nicht fassen, nicht belegen und auch nicht verwerfen.

Das "nichts als" ist eine unterstellende Hinzufügung derer, denen das offenkundig viel zu wenig ist und die deshalb verkünden, dass da irgendwie noch "MEHR" sein müsse. Daher würde ich den Spieß hier eher umdrehen und den Phantomschmerz über das verlorene "Übernatürliche" denjenigen attestieren, die es durch jenes geheimnisvolle "MEHR" ersetzen, ohne freilich genau angeben zu können was (und vieviel "mehr") dies denn nun genau sein soll.
Keineswegs. Das "nichts als" kommt von denen, die das Übernatürliche darin suchen und nicht finden. Wenn sie dies sinnvollerweise auch so kennzeichnen würden, gäbe es hier keine Meinungsverschiedenheiten. Die Neurowissenschaftler haben ja völlig recht, dass da - anders als z.B. von Kant formuliert - keine Kausalketten irgendwie aus dem Nichts ploppen. Und sie haben auch völlig recht darin, dass im Hirn ein Neuronengewitter abläuft. Genauso eben wie man bei einem Computerchip feststellt, dass da nur elektrische Signale und Nullen und Einsen hin und her flutschen. Leider bleiben sie nicht dabei und kommen auf Abwege indem sie einem radikalen, gierigen Reduktionsmismus verfallen, der nicht nur das Übernatürliche wegwirft, sondern gleich das zu untersuchende, empirische Phänomen selbst. Als gäbe es kein Bewusstsein, keinen Willen, keine Liebe oder, auf die IT übertragen, keine Software. Das ist komplett absurd und leider ein Mangel an philosophisher Grundbildung, insbesondere dem Sprachverständnis. Natürlich ist da ein "Mehr" das wir jeden Tag und überall sinnvoll aufzeigen und unterscheiden - es ist eben nur nicht der ideologische, übernatürliche Unsinn.
 
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Die Frage nach dem freien Willen ist überhaupt keine Naturwissenschaftliche
Die Frage wie das, was wir als freien Willen bezeichnen funktioniert bzw abläuft, hingegen schon.
Und naturwissenschaftliche Erkenntnisse können durchaus direkte ethische Folgen nach sich ziehen.
Kennt man ja auch von Fragen nach Schuld bei Untersuchungen von Verbrechen bei der wissenschaftliche Untersuchungsergebnisse eine Schuld des Verdächtigen zwingend, wenn auch nicht unmittelbar wegen der unterschiedlichen Fragektegorien, ausschließen können.

Anders herum, für die ethische Eigenschaft von Schuld sind ethische Überlegungen zwar notwendig, aber nicht ausreichend. Es braucht auch faktische Voraussetzungen, deren eventuelle Gegebenheit eben wissenschaftlich untersucht werden kann.

Ansonsten wäre eine Schuldzuweisung willkürlich, wenn sie ohne faktische Grundlage getroffen wird. Machen manche Menschen auch, wobei man jenes Phänomen dann 'Sündenbock' nennt. Die Schuldfrage ist in diesem Fall aber nur eine vorgetäuschte.
 
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Die Frage wie das, was wir als freien Willen bezeichnen funktioniert bzw abläuft, hingegen schon.
Kann ich nicht erkennen, nein. Das ist vielleicht eine Frage für Kognitionswissenschaftler, für Humanwissenschaften, für Soziologen und Philosophen. Aber sicher nicht das Aufgabengebiet für Physiker, die Teilchen am Cern kollidieren lassen. Auf dieser Ebene nach diesem Phänomen zu suchen, oder es gar erklären zu wollen, ist sinnfrei. Genausowenig wie die Erklärung der Funktionsweise von Software der Themenbereich der Naturwissenschaftler wäre - dafür gibt's dann eben die Informatik. Und genausowenig Sinn es ergibt die Arbeit der Informatiker als "gibts nicht" bzw. "nur determinierter Weltablauf" zu bezeichnen, genausowenig Sinn ergibt es auch die Untersuchungsgebiete der Kognitionswissenschafter und Soziologen als nicht existent zu betiteln.
 
Kann ich nicht erkennen, nein. Das ist vielleicht eine Frage für Kognitionswissenschaftler, für Humanwissenschaften, für Soziologen und Philosophen.
Und dennoch ist die Messmethode von Hirnströmen eine naturwissenschaftliche.
Wissenschaftliche Teilbereiche müssen nicht disjunkt sein.
Aber sicher nicht das Aufgabengebiet für Physiker, die Teilchen am Cern kollidieren lassen. Auf dieser Ebene nach diesem Phänomen zu suchen, oder es gar erklären zu wollen, ist sinnfrei.
Die dahingehenden Untersuchungen waren ja auch nicht Sache der Teilchenphysik und Gegenteiliges hat ja niemand behauptet.
Genausowenig wie die Erklärung der Funktionsweise von Software der Themenbereich der Naturwissenschaftler wäre - dafür gibt's dann eben die Informatik.
Nicht notwendiger Weise. Wenn eine bestimmte Software nicht funktioniert, weil der Strom aus ist, dann ist diese Erklärung durchaus eine naturwissenschaftlich fundierte.
Und genausowenig Sinn es ergibt die Arbeit der Informatiker als "gibts nicht" bzw. "nur determinierter Weltablauf" zu bezeichnen, genausowenig Sinn ergibt es auch die Untersuchungsgebiete der Kognitionswissenschafter und Soziologen als nicht existent zu betiteln.
Mag sein, nur habe ich auch nichts Gegenteiliges behauptet.
 
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Wenn man dann weiterhin von der vernebelnden Substantivierung "der Wille" zurück auf das kommt, worum es hier geht, nämlich die Frage, wie kommen menschliche Entscheidungen, etwas zu tun oder zu lassen zustande - und man dann weiterhein feststellt, dass es sich auch dabei um vollends natürliche Vorgänge handelt, dann kommt man zu dem Schluß, dass menschliche Entscheidungen genau so ausfallen, wie sie ausfallen, weil die Ursachenkonstellation ("Kausalnexus") genau so war, wie sie war - anders hätten sie nur bei einer entsprechend anderen Ursachenkonstellation ("Kausalnexus") ausfallen können.
Auch das ist korrekt. Aber auch das steht, wie erläutert, in keinerlei Widerspruch zum freien Willen.

Auch der Softwarecontroller kontrolliert natürlich genau im Einklang mit den Prozessen auf atomarer Ebene. Der Softwarecontroller füllt keine Lücken im Kausalnexus, sondern er IST Teil des Kausalnexus. Aber das bedeutet noch lange nicht, dass er nichts kontrollieren kann. Ganz im Gegenteil, wir können sehr wohl feststellen, wenn der Sofwarecontroller ausfällt und seine Kontrollfunktion verliert. Aber um das Festzustellen, müssen wir auf die Ebene des Controllers schauen. Wir finden diese Kontrollfunktion nicht auf der Ebene der Atome oder Nullen und Einsen. Wenn jemand auf die Atome oder Nullen und Einsen schaut und dann feststellt, dass es gar keine Kontrolle gibt, dann begeht er einen Kategorienfehler - er sucht auf der falschen Ebene nach einem emergenten Phänomen, das dort gar nicht auftaucht. Und genau das ist es was die Inkompatibilisten oder auch viele Neurowissenschaftler machen. Richtigerweise müssen sie auf der richtigen Betrachtungsebene nach der Kontrollfunktion suchen und dort werden sie diese auch finden.

Das kann so auch auf den Willen übertragen werden, der in gewissem Sinn eine Art Controller für die Handlugnen bewusster Akteure darstellt. Diese Idee, dass der Wille lösgelöst vom Kausalnexus sein müsste - also irgendwie über den Köpfen schwebt - ist der ideologische Ballast, der eben vielen noch im Kopf herum schwirrt. Und diese Idee ergibt weder Sinn noch ermöglicht sie die tatsächliche Bedeutung des Willens in der Sprache und im Umgang mit anderen Menschen zu verstehen.
 
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Das kann so auch auf den Willen übertragen werden, der in gewissem Sinn eine Art Controller für die Handlugnen bewusster Akteure darstellt. Diese Idee, dass der Wille lösgelöst vom Kausalnexus sein müsste - also irgendwie über den Köpfen schwebt - ist der ideologische Ballast, der eben vielen noch im Kopf herum schwirrt. Und diese Idee ergibt weder Sinn noch ermöglicht sie die tatsächliche Bedeutung des Willens in der Sprache und im Umgang mit anderen Menschen zu verstehen.
Ich weiß nicht, ob es nur "ideologischer Ballast" ist - denn das, was man "freier Wille" nennt, ist ja keine Folge eines ideologischen Manifestes, sondern wird empirisch festgestellt. Der Punkt, den Neurowissenschafter in dem von mir erwähnten Experiment behandelt haben ist jener, dass die Messungen von Hirnströmen den Schluss nahe legen, dass dieser "freie Wille des bewussten Menschens" eine Täuschung sei.
Ethisch hat diese Frage grundlegende Bedeutung, denn wenn man davon ausgehen muss, dass ein Mensch seine Entscheidungen nicht bewusst steuern kann, dann wäre er nicht Akteur, sondern nur Beobachter und Instrument der Ausführung und das Konzept der Verantwortung könnte nicht mehr greifen.

Das heißt, die ganze Ethik basiert auf einem Postulat, das zwar auf Empirie beruht, wenn aber diese Empirie grundlegend falsch interpretiert worden ist, dann fällt das ganze darauf basierende Konstrukt in sich zusammen.
 
Ich weiß nicht, ob es nur "ideologischer Ballast" ist - denn das, was man "freier Wille" nennt, ist ja keine Folge eines ideologischen Manifestes, sondern wird empirisch festgestellt.
Ja klar. Deswegen sage ich, dass es unsinnig ist den freien Willen zusammen mit dem ideologischen Ballast in die Mülltonne zu werfen. Und es ist nicht nur unsinnig, sondern auch gefährlich, weil die Ablehnung des freien Willens - wenn ernstgenommen - auch ethisch nachteilige Konsequenzen hat. Das empirische Phänomen ist nachweisbar bzw. hat eine Bedeutung in der Sprache und ist m.E. auch sehr wichtig für die Ethik und das gesellschaftliche Zusammenleben.
 
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Ja klar. Deswegen sage ich, dass es unsinnig ist den freien Willen zusammen mit dem ideologischen Ballast in die Mülltonne zu werfen. Und es ist nicht nur unsinnig, sondern auch gefährlich, weil die Ablehnung des freien Willens - wenn ernstgenommen - auch ethisch nachteilige Konsequenzen hat. Das empirische Phänomen ist nachweisbar bzw. hat eine Bedeutung in der Sprache und ist m.E. auch sehr wichtig für die Ethik und das gesellschaftliche Zusammenleben.
Ja, aber es ist doch interessant, ob es sich bei dem empirischen Phänomen um eine Täuschung handelt oder nicht - und falls es eine Täuschung ist, wie die Tatsachen aussehen. Diese Frage berührt den menschlichen Wissensdrang bzw die Neugier. Welche Konsequenzen sich daraus ergeben, ändert daran nichts. Ist doch schließlich die Frage "was/wie ist der Mensch" doch eine zentrale in der Philosophie bzw eine mit dem größte Interesse verfolgte.
 
Ja, aber es ist doch interessant, ob es sich bei dem empirischen Phänomen um eine Täuschung handelt oder nicht - und falls es eine Täuschung ist, wie die Tatsachen aussehen. Diese Frage berührt den menschlichen Wissensdrang bzw die Neugier. Welche Konsequenzen sich daraus ergeben, ändert daran nichts. Ist doch schließlich die Frage "was/wie ist der Mensch" doch eine zentrale in der Philosophie bzw eine mit dem größte Interesse verfolgte.
Bei dem empirischen Phänomen - also der Bedeutung des freien Willens in der Sprache - kann es sich nicht um eine Täuschung handeln, sonst wäre es kein Phänomen. Eine Täuschung könnte höchstens in der Interpretation des Empfindens mancher Menschen liegen, die sich allenfalls nicht in mit der Realität deckt. Und das Ausmass der Freiheit von menschlichen Entscheidungen resp. das Funktionieren unseres Erkenntnisapparats zu untersuchen ist sicher interessant und lehrreich, und wichtig für ethische Belange, solange eben die Kategorienfehler und Fehlschlüsse daraus vermieden werden. Für letzteres sehe ich vor allem die Philosophen in der Pflicht.
 
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Bei dem empirischen Phänomen - also der Bedeutung des freien Willens in der Sprache - kann es sich nicht um eine Täuschung handeln, sonst wäre es kein Phänomen. Eine Täuschung könnte höchstens in der Interpretation des Empfindens mancher Menschen liegen, die sich allenfalls nicht in mit der Realität deckt.
Dazu:
"Durch Täuschung wird eine Fehlvorstellung (Irrtum) durch nicht der Wahrheit oder Wirklichkeit entsprechende Umstände oder Sinneswahrnehmungen hervorgerufen, die zu einer verkehrten Auffassung eines Sachverhalts führen." aus
Also, das was du hier beschreibst, was deiner Meinung nach Sache wäre, ist doch genau das, was 'Täuschung' bedeutet, oder nicht?
Und das Ausmass der Freiheit von menschlichen Entscheidungen resp. das Funktionieren unseres Erkenntnisapparats zu untersuchen ist sicher interessant und lehrreich, und wichtig für ethische Belange, solange eben die Kategorienfehler und Fehlschlüsse daraus vermieden werden. Für letzteres sehe ich vor allem die Philosophen in der Pflicht.
Hierbei kann ich dir zustimmen.
 
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