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Das Wesen des Menschen

  • Ersteller Ersteller Manfredo
  • Erstellt am Erstellt am
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AW: Das Wesen des Menschen

Ja, die Dualität verkompliziert das Leben, entgegen der linearen Logik wird es nmE entspannter, wenn mensch eine dritte Komponente hinzu nimmt, also z.B. zu etceteras Denken-Handeln-Spaltung noch den Aspekt der Antriebe.

Die Dualität entsteht wahrscheinlich durch die Subjekt-Objekt-Struktur des menschlichen Bewusstseins - und die lineare Logik ist im Grunde eine abstrakte, lebensfeindliche Logik, denn:
"Alles Gerade lügt, murmelte verächtlich der Zwerg. Alle Wahrheit ist krumm, die Zeit selber ist ein Kreis."

Friedrich NIETZSCHE, in: Also sprach Zarathustra. Ein Buch für Alle und Keinen, , Band 4 der Kritischen Studienausgabe, München-Berlin-New York, 1980, S. 200.

Liebe Grüße, moebius
 
AW: Das Wesen des Menschen

Ich glaube, das ist so: Jeder Mensch sieht sich immer als ein Ganzes. Er handelt als etwas Ganzes, er denkt als etwas Ganzes - mit all den möglichen Fähigkeiten, die er zur Verfügung hat.

Doch da ist nun auch das Unterbewusstsein vorhanden, das oft eine große Rolle spielt - aber, und das ist es, der Mensch hat so gut wie keinen Zugriff auf sein eigenes Unterbewusstsein oder seine unterbewussten Welten und Verhältnisse.

Um hier ein wenig Licht zu schaffen, ist immer eine ganze Reihe von Psychoanalysen notwendig - in psychoanalytischen Sitzungen oder Therapiestunden beim Nervenfacharzt, bzw. Psychologen. Das bringt oft sehr viel, aber nie absolute und letzte Klarheit. Das psychologisch Unterbewusste ist sozusagen eine fortlaufende Schnur ohne Ende. So gesehen kann man sich selber nicht überholen. Man kann nur bis zu einem gewissen Punkt gehen - und dann in neue unterbewusste Bereiche weitergehen.

Auf der Erde hat dies mit dem Sterben ein Ende.

Das Berücksichtigen von religiösen Gesichtspunkten öffnet aber viel weitere und umfassendere Möglichkeiten. Denn ein echt religiös denkender und fühlender Mensch "weiß", dass das Sterben nur ein Abschied von der Erde und das Verlassen des Körpers ist.

Wiewohl es da wiederum eine Unmenge von Vorstellungen gibt, angefangen von der Reinkarnation bis zum direkten Eintritt in die qualvolle Hölle, wo man gebraten und geschmort wird, über das wunderbare Schlauraffenland bis hin zur Belohnung im Paradies oder gar dem ewigen Himmelreich - so denke ich, dass das vielfach nur leere These und Theorie ist.

Doch was ich nun von mir gebe, das ist mein echter Glaube:

Am ehesten geht es konkret so weiter, dass ich im Jenseits eine Welt antreffe, die ganz meinem verlassenen Diesseits entspricht. Also meine Heimat, bewohnt mit den voraus gegangenen Verwandten und Freunden. Vielleicht bemerke ich als Verstorbener gar nicht, dass ich gestorben bin, wenn ich in Altersschwäche einschlafe. Mein Unterbewusstes, genauer gesagt meine Seele, lebt und gestaltet eine für mich reale Welt.

Und weil die oben erwähnte Schnur des Unterbewussten nie ein Ende hat, kann ich im Zusammenspiel meines klaren Bewusstseins mit der immer offener vor mir liegenden Unterbewusst-Welt immer weiter gehen, von einem Ort zum andern, von einer Welt zur andern, von einer Stufe zur andern. Wohin und wie schnell - das bleibt mir überlassen und das bestimme ich selber. Das heißt aber wiederum auch, dass ich nie über mich selber springen oder mich selber überholen kann.

Hallo reinwiel!

Ich habe mit Genuss Deinen Beitrag gelesen und möchte mich dafür bedanken, weil er mich bereicherte und zwar durch den von mir markierten Teil. Diese Vorstellung gefällt mir außerordentlich gut. Ich habe ein gutes Gefühl, dass dies nicht unwahrscheinlich ist.

Es ist nicht so wichtig, aber Folgendes dachte ich mir noch beim Lesen:

Viele Menschen betrachten sich als gefangen im Körper, sie meinen eigentlich nur der Geist zu sein und nicht der Körper.
Das Christentum zB kennt nur eine ganzheitliche Sicht des Mensch-Seins, selbst die Auferstehung geschieht in seiner Lehre körperlich. Leider hat es in der Geschichte des Christentums in dieser Thematik Fehlentwicklungen gegeben. Einerseits durch die Übernahme des platonischen Dualismus und andererseits durch eine falsche Interpretation der Paulus-Briefe, in denen von einem Kampf zwischen Geist und Fleisch gesprochen wird. Nach der Meinung von Bibelexegeten/wissenschaflern meinte Paulus mit einem Leben nach dem Geist, ein Leben in der Nachfolge von Christus und mit einem Leben aus dem Fleisch ein Leben in egozentrischer Perspektive. Es geht ihm nicht um einen platonischen Dualismus. Solch ein Denkhorizont ist den Juden zur Zeit Jesu völlig fremd.

Zu der Vorstellung eines ewigen Himmelreiches fällt mir folgendes ein: Sofern das Christus-Geschehen in seiner ganzen Geschichtlichkeit ernst genommen wird, muss ein Christ davon ausgehen, dass die Ewigkeit Gottes Geschichte kennt. Die Geschichte ist ein Teil dieser Ewigkeit und wird nicht einfach ausradiert.

Mit Überholen meinte ich, dass der Mensch an sich endlich ist. Aber in der Offenheit auf das Absolute hin, in der er gewissermaßen auf das Absolute hin hinaussteht, sodass das Absolute in ihn (seinen Geist) hineinstehen kann überholt er seine Endlichkeit.

Liebe Grüße reinwiel und alles Gute!
Johann
 
AW: Das Wesen des Menschen

....

Mit Überholen meinte ich, dass der Mensch an sich endlich ist. Aber in der Offenheit auf das Absolute hin, in der er gewissermaßen auf das Absolute hin hinaussteht, sodass das Absolute in ihn (seinen Geist) hineinstehen kann überholt er seine Endlichkeit.
....

:ironie: Das werde ich sofort Wilhelm WEISCHEDEL und dem "Gott der Philosophen" von den Vor-SOKRATIKERN bis Martin HEIDEGGER mitteilen ....:lachen::lachen::lachen:
 
AW: Das Wesen des Menschen

Aber der Mensch hat die Möglichkeit, sich als Ganzes vor sich zu bringen. Überholt er sich dabei selbst?

Was bedeutet diese Fähigkeit in religiöser Hinsicht?

Wenn man sich als Ganzes vor sich bringt, gibt es keine Instanz mehr, die beobachtet.
Einen Beobachter muss man also schon vom Ganzen abspalten und berücksichtigen, dass der Rest nicht das Ganze ist.
 
AW: Das Wesen des Menschen

@reinwiel
Bemerkenswert, dass du als religiöser Mensch beim Thema Selbsterkenntnis gleich ans Sterben denkst ;-)
Das ist der Haken am real existierenden Christentum, dass nur ein toter Mensch ein guter Mensch ist.
Oder versteh ich das falsch?
 
AW: Das Wesen des Menschen

@reinwiel
Bemerkenswert, dass du als religiöser Mensch beim Thema Selbsterkenntnis gleich ans Sterben denkst ;-)
Das ist der Haken am real existierenden Christentum, dass nur ein toter Mensch ein guter Mensch ist.
Oder versteh ich das falsch?

Ich möchte reinwiel nicht vorgreifen.

Jesus ging es in seinen Gelichnissen immer um das Verhalten in dieser Welt im Blick auf die Armen, Benachteiligten, Unterdrückten und nicht um eine Weltflucht.

Diese Sicht erfährt eine Verschiebung durch Plotins Gedankengut im 3.Jhdt. Er befasst sich mit platonischem Gedankengut, in der die Materie das Minderwertige, das Negative ist. Und das eigentliche Seinsprinzip nur das Geistige besitzt. Also Materie ist hier durch Nichtsein gekennzeichnet. Gott kommt in Plotins Philosophie höchstes Sein zu und je weiter sich etwas von Gott entfernt, gedacht in Stufen, desto mehr vermischt es sich mit Materie und repräsentiert Nicht-Sein. Plotin versucht vor dem Hintergrund dieses Gedankenkonstrukts Jesus als den zu deuten, der zwischen Sein und Nicht-Sein vermittelt. Und alles irdeische ist nach ihm durch viel-nicht-Sein gekennzeichnet. Jetzt geht´s plötzlich für die Christen nicht mehr um das Verhalten in dieser Welt, sondern zum rein geistigen Prinzip zu kommen und Jesus wird als Vermittler gedacht, der den weg dorthin eröffnet. Plotins Einfluss hat die Geschichte des Christentums nachhaltig geprägt. Auch diese ganze Frauenfeindlichkeit hat hier bzw schon bei Platon, dessen Gedankengut Plotin und in der Folge Augustinus, der Kirchenvater schlechthin, aufgreift ihre Wurzeln.

Um es vereinfacht und zusammenfassend zu sagen, nach Plotins Gedanken ist nur ein toter Mensch ein guter Mensch, weil er sich dadurch endgültig vom Materiellen befreit hat. Dies hat aber überhaupt nichts mit der Botschaft Jesu zu tun, dem es um ein Anbrechen lassen der Reich Gottes-Botschaft im Hier und Jetzt auf dieser Erde durch Zuwendung an die Armen, Bedürftigen, Bedrückten und um Vergebung der Schuld der Täter geht. (Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern)
Trotzdem Plotin und anschließend Augustinus haben durch ihre Feindlichkeit dem Materiellen und somit Irdischen gegenüber ganze Arbeit mit verheerenden Folgen geleistet.
 
AW: Das Wesen des Menschen

Ich möchte reinwiel nicht vorgreifen.

Jesus ging es in seinen Gelichnissen immer um das Verhalten in dieser Welt im Blick auf die Armen, Benachteiligten, Unterdrückten und nicht um eine Weltflucht.

Diese Sicht erfährt eine Verschiebung durch Plotins Gedankengut im 3.Jhdt. Er befasst sich mit platonischem Gedankengut, in der die Materie das Minderwertige, das Negative ist. Und das eigentliche Seinsprinzip nur das Geistige besitzt. Also Materie ist hier durch Nichtsein gekennzeichnet. Gott kommt in Plotins Philosophie höchstes Sein zu und je weiter sich etwas von Gott entfernt, gedacht in Stufen, desto mehr vermischt es sich mit Materie und repräsentiert Nicht-Sein. Plotin versucht vor dem Hintergrund dieses Gedankenkonstrukts Jesus als den zu deuten, der zwischen Sein und Nicht-Sein vermittelt. Und alles irdeische ist nach ihm durch viel-nicht-Sein gekennzeichnet. Jetzt geht´s plötzlich für die Christen nicht mehr um das Verhalten in dieser Welt, sondern zum rein geistigen Prinzip zu kommen und Jesus wird als Vermittler gedacht, der den weg dorthin eröffnet. Plotins Einfluss hat die Geschichte des Christentums nachhaltig geprägt. Auch diese ganze Frauenfeindlichkeit hat hier bzw schon bei Platon, dessen Gedankengut Plotin und in der Folge Augustinus, der Kirchenvater schlechthin, aufgreift ihre Wurzeln.

Um es vereinfacht und zusammenfassend zu sagen, nach Plotins Gedanken ist nur ein toter Mensch ein guter Mensch, weil er sich dadurch endgültig vom Materiellen befreit hat. Dies hat aber überhaupt nichts mit der Botschaft Jesu zu tun, dem es um ein Anbrechen lassen der Reich Gottes-Botschaft im Hier und Jetzt auf dieser Erde durch Zuwendung an die Armen, Bedürftigen, Bedrückten und um Vergebung der Schuld der Täter geht. (Und vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern)
Trotzdem Plotin und anschließend Augustinus haben durch ihre Feindlichkeit dem Materiellen und somit Irdischen gegenüber ganze Arbeit mit verheerenden Folgen geleistet.

= :schnl::schnt: (= getauter Schnee von vor-vor-gestern)....:lachen::lachen::lachen:
 
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AW: Das Wesen des Menschen

Nein, das ist falsch. Es handelt sich um eine zeitliche und sachliche Kontextualisierung eines gegenwärtigen Problemfeldes als Antwort auf noexists Frage.

Vielen Dank für die umfassende Darstellung. ich hab gar nicht gewusst, dass sich auch Plotin mit der Bibel beschäftigt hat.

In der Sache hat moebius sicher recht, dass das aus heutiger Sicht keine Relevanz mehr hat.
 
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