AW: Bedingungsloses Grundeinkommen
Was auffällt: Du findest für alles Argumente, die den status quo für gut und richtig erklären, was meine Wahrnehmung somit als unbegründet bis falsch erscheinen lässt, bzw. glauben machen will. Tatsächlich aber stellst du nur deine Meinung gegen meine und bewertest deine als Faktum und meine als falsch. Du machst das sehr geschickt, das muss ich dir lassen. Hast du das studiert oder bist du ein Naturtalent? So etwas gibt es ja, das nennt sich dann Kommunikationswissenschaft, ist aber meist nichts anderes als wissenschaftliche, systematische Systemstabilisierung.
Ich erkläre 'unseren' Status quo als gut nicht im Sinne von 'moralisch gut', weil die moralische Bewertung ähnlich sinnlos ist wie die moralische Bewertung des Wetters. Man kann es mögen oder nicht, ist aber letztendlich uninteressant.
Als gut im Sinne von angenehm, vorteilhaft bewerte ich es wohl, weil ich 'unser System' nicht mit Idealen vergleiche (was unfair und unsinnig wäre, weil die Antwort a priori gegeben wäre), sondern mit anderen realen Systemen. Ich kenne nicht viele Gesellschaften auf unserem Globus, in denen es sich insgesamt angenehmer leben ließe als hierzulande.
Ich denke nicht, dass dazu ein Studium notwendig wäre - ich denke es reicht, über den eigenen Tellerrand hinaus zu blicken.
Du bestreitest, dass
- die Demokratie ausgehebelt ist
Nö - ich bestreite lediglich, dass es eine konzertiert agierende 'Elite' gibt, die über die unwissende, ohmächtige Mehrheit herrscht und diese versklavt
- das Großkapital mehr Einfluss auf die Regierung hat, als das Volk
Klar hat ein Mensch mit Geld in manchen Bereichen mehr Macht als ein mittelloser. Das beschränkt sich aber nicht nur auf Politik, sondern generell. Menschen wollen Geld und sind bereit dafür etwas zu tun. Daher hat der, der Geld hat, die Möglichkeit, andere zu motivieren etwas zu tun, was er will.
Letztendlich hat aber der Mittellose das selbe Stimmrecht wie jede andere Person.
- das heutige System die Bevölkerung spaltet
Welches System spaltet die Bevölkerung nicht ?
- die Bedingungen für den Großteil wg. Wegfall der sozialen Sicherheit immer schlechter werden
Die "Bedingungen"....gemessen am Durchschnitt kann es durchaus sein - die 'Schere' scheint sich tatsächlich zu spreizen. Ob es einem Sozialfall von heute aber tatsächlich schlechter geht als einem Sozialfall beispielsweise aus den 1960ern, wage ich zu bezweifeln. Unter Milliardären fühlt sich ggf auch ein Millionär arm, mittellos und benachteiligt.
- wirtschaftlich die Großen systematisch bevorteiligt werden
Wie gesagt, sie haben einen Vorteil. Aber stell dich doch selbst eine Frage. Falls du ein Auto fährst, ist es eine 'große' Marke (VW, Renault, Cadillac, Skoda, ....) oder eine kleine (Caterham, Tata, Pagani, ....). 'Bevorteiligst' du damit auch die 'Großen' ?
Warum glaubst du, dass die Kunden lieber zu bekannten (weil und daher auch groß) Marken greifen ? Und dass diese auch deswegen groß wurden, WEIL Kunden lieber darauf zurückgreifen ? Trotzdem aber gibt es nicht nur einen großen Anbieter, auch diverse Exoten können sich über Wasser halten.
- die Einkommen weiter gedrückt werden sollen
Bestreite ich nicht, behaupte vielmehr dass das immer schon so war und dass du höchstwahrscheinlich Selbgies ganz selbstverständlich tust. Wenn du etwas kaufst, vergleichst du dann nicht die Preise ? Versucht du nicht alles möglichst günstig zu kaufen ? Leistest du damit nicht selbst deinen Beitrag, die Preise für Produkte und folglich deren maximale Herstellungskosten sowie die Löhne für die Herstellenden niedrig zu halten ?
So wie Kunden möglichst wenig zahlen wollen, wollen die Verkäufer möglichst viel für ihre Ware erhalten. Bei Einkommen sind die Kunden die Arbeitgeber (nicht ident mit Vorgesetzten!), die Verkäufer die Arbeitnehmer, die ihre Arbeitsleistung verkaufen.
- echter Anreiz zur Leistung durch Notlagen ersetzt werden soll
Bestreite ich in der Tat. So wie es geschrieben ist, ist es abstrus.
- auch gute Bildung nicht mehr wirklich hilft
Ja, bestreite ich - Bildung muss kein Garant ein, ist aber sehr hilfreich.
- heute das Gesundheitswesen primär Umsätze und Profite generieren soll
Bestreite ich. Wäre dem so, würden defizitäre Gesundheitseinrichtungen einfach zugesperrt werden. In der Tat müssen diese Einrichtungen aber so wie andere Einrichtungen ebenfalls finanziert werden. Will 'das Volk' mehr Gesundheitseinrichtungen, geht das nur über höhere Steuern und Sozialabgaben. Das will 'das Volk' anscheinend nicht.
- die Staatsverdrossenheit nur allzu berechtigt ist
Ob berechtigt oder nicht können weder du noch ich begründet behaupten. Die Geschichte lehrt aber, dass die Verdrossenheit umso größer ist, je besser es 'dem Volk' geht. Sieht man auch bei Katastrophen, wo aus der Egoistenmeute plötzlich eine hilfsbereite Menschenmenge wird. So lange, bis es allen wieder gut geht. Insofern klar - wenn es mir wirklich schlecht geht, bin ich motiviert selbst etwas zu ändern. Wenn es mir gut geht, muss ich nicht restlos glücklich sein. Aber gerade dann habe ich die Muße, aus den Mücken Elefanten zu machen. Dass es nur Mücken sind kann man daran sehen, dass es trotz dem Sudern nicht geschafft wird, sich selbst von Sessel zu erheben.
- dies alles unweigerlich zu ganz üblen Zuständen führen muss, macht man so weiter?
'ganz üblen Zuständen' jaja....
Wann ist hier (D, Ö) einer aus Armut verhungert ? Wann jemand aus purer Armut erfroren ? Wie gesagt, wem es zu gut geht, erfindet sich seine eigenen Probleme und bläst Mücken auf. Das blöde ist aber, selbst wenn die Mücken getilgt würden, werden halt Bakterien aufgeblasen......
und deshalb natürlich mein Ansinnen völlig unbegründet und damit sinnlos ist. Ich sage: wer mit offenen Augen durch die Welt geht, wird meine Aussagen eher bestätigen. Wer sie bestreitet, der ist entweder so programmiert worden oder er identifiziert sich mit dem System, weil er gut davon lebt.
Ob unbegründet oder nicht würde ich a priori noch nicht sagen. Sinnlos schon. Durch Schlechtmachen unserer Lebensumstände erreichst du nichts Anderes als dass sich die, die darauf hereinfallen schlechter fühlen. Oder was glaubst du, dass die Folgen deiner Postings auf
www.denkforum.at bewirken werden ? Dass du hier im Forum schreibst und nicht politisch aktiv bist zeigt mir aber, dass die Situation anscheinend doch nicht so schlecht ist - und die Unbegründetheit zeigt sich mir durch Schlussfolgerung. Diese kann natürlich irrig sein, erscheint mir aber plausibel.
Ich lebe vom System tatsächlich gut bzw empfinde es zumindest so. Ich behaupte ausserdem, dass auch die, die hier das System schlecht machen wollen, es ebenso tun. Nur halt aus irgendwelchen Gründen (nichtunbedingt absichtlich) das Gegenteil behaupten.
Gestern sah ich eine lange Dokumentation zum Thema Mittelschicht, gedreht in Deutschland und Frankreich. Es fielen auch einige deiner Argumente, aber der ganze Film zeigt sonst durchweg, was ich beklage. Es stell sich die Frage, ob wir das so wollen können. Es läuf derzeit so, aber es ist nicht gut. Es ist eine Art von gesellschaftszersetzendem Wirtschaftskrieg, was abläuft. Wir können natürlich anwarten, bis auch bei uns täglich Autos brennen und der Mob durch die Gegend zieht, dann immer mehr Vermummte Uniformträger mit Wasserwerfern und Mikrowellenkanonen gegen sie einsetzten. Aber: muss das sein? Es ginge auch anders. Würden wir unsere Wirtschaft so steueren, dass sie Platz für die Meisten böte, das Problem wäre keins mehr. MAchen wir aber nicht, die Wirtschaft will nur die Rosinen picken, weil ja die gierigen Aktionäre fordern (ihr leistungsloses Einkommen!) Das Ganze ist derart verlogen, dass ich es nicht fassen kann, wie intelligente Menschen, wie du, das nicht erkennen können - oder wollen. Du redest dir, und uns, etwas schön, wogegen besser etwas unternommen werden sollte, denn es liegt in unserer Hand. Du setzt dich ein für den Reichtum Weniger, die dann letztlich auch unter den Folgen leiden werden. Auch du wirst benutzt, ziehst am falschen Ende des langen Seils.
Ja, die Unruhen sind in der Tat besorgniserregend. Aber wenn man die 'Reichen' ärmer macht, macht man damit die Armen noch nicht reicher. In Frankreich gibt es Unruhen in den Slums. In Äthiopen, in Angola, in Burundi nicht (zumindest nicht aufgrund sozialen Unfriedens). Was sagt dir das ?