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Agenda 2010: Reform oder sozialer Kahlschlag?

Na Gysi - erstmal danke für Deine Offenheit :)

Original geschrieben von Gisbert Zalich
Wirrlicht, ich verrat dir mal etwas von meinem beruflichen Werdegang: Industriekaufmann 1969. 1981 Diplom in Ökonomie gebaut. Seitdem nur ABM´s, keinen einzigen Job auf dem 1. Arbeitsmarkt. NIE ein Angebot abgelehnt. Nagut: 1983 einen kleineren Unfall gehabt. Gut: einen schweren: Gehirnriss, seitdem humple ich. Das isses aber auch! (Keine Tabletten, wacher Geist - hoffe ich doch! :D )

Weißt Du was? Bei uns in der Firma arbeitet ein echtes Genie (meine ich nicht ironisch) - dessem gesamte Lebensphilosophie in zwei Worte paßt: Shit happens Er hat 'nen höheren IQ als ich, also glaube ich ihm meistens ;)

Was ich beschrieben habe, war eben NICHT ABM, das ist wichtig. Ich kenn mich mit ABM nicht genügend aus, aber meines Wissens sind diese AMB's im Lebenslauf als solche erkennbar, nicht? Das war mit meiner BSHG-Stelle nicht so, ich bekam nach Ablauf der Zeit ein ganz reguläres Zeugnis von meinem Arbeitgeber - einem gemeinnützigen Verein - als Verwaltungsangestellte mit Stellenbeschreibung und allem Schnickschnack. Das war wichtig. KEIN künftiger Arbeitgeber kann daraus ableiten, daß ich zeitweise auf dem zweiten Arbeitsmarkt tätig war (glücklicherweise konnte ich meine beiden langen Krankheitszeiten mal als Freiberuflerin, mal als Schülerin des zweiten Bildungswegs ausweisen, sonst sähe das sicher nochmal anders aus). Wenn in einem Lebenslauf eine Zeitspanne mit ABM und womöglich bei irgend'ner staatlichen Einrichtung angegeben ist - hrm, ich könnte mir denken, daß Arbeitgeber das abschreckt (ist das bei Dir der Fall?)

So, nun bist Du also ein studierter Ökonom (ist das sowas wie BWL?), bist unheimlich pfiffig, humpelst und kriegst seit wann keine Arbeitsstelle? Seit 1981?!

Nun denn - jetzt mutiere ich mal schnell wieder zum klugscheißerischen Kotzbrocken... :cool:

Ich hab' nen Handelsschulabschluß, bin auch unheimlich pfiffig :p hab'ne abgebrochene Berufsausbildung, Jobs in den unterschiedlichsten Bereichen und war noch nie länger als 4 Jahre irgendwo angestellt. Humpeln tu ich auch, bin außerdem kugelrund (glaub mir - das IST ein Kriterium bei der Stellenvergabe) und inzwischen 40. Bis auf die insgesamt 2 1/2 Jahre, die ich krankheitsbedingt nicht arbeiten konnte - und nochmal 1 1/2 Jahre, in denen ich diese BSHG-Stelle innehatte, war ich nie arbeitslos.

Und jetzt verstehe ich nicht: wie kann das sein, daß Du über 20 Jahre keine Arbeit finden konntest? Das soll nicht vorwurfsvoll klingen - ist nicht mein Ding. Ich KAPIER's nur nicht. Ich kapiere nicht, wie man dann zufrieden sein kann? Reich wird man auf die Weise ja nicht und stimmt: man kann mit verdammt wenig sehr gut leben (hab's nicht vergessen, was Du über all den Konsumfirlefanz geschrieben hast, den einige für existentiell halten). Aber: macht Dich so ein Leben "satt"? Wenn schon keine Kohle - na, warum dann nicht noch ein anderes Studium? Oder 'ne freiberufliche Tätigkeit? Du schreibst unheimlich gut: Du hast ja was publiziert (über einen Verlag?) - warum also nicht z.B. freiberuflicher Journalist? Nimm's mir nicht krumm, aber ich verstehe einfach nicht, wie man sich mit einem Leben so arrangieren kann - ich könnt's nicht.

Original geschrieben von Gisbert Zalich
ICH bewerbe mich nicht mehr! Ich habe aufgegeben. Nicht dass es mir schlecht geht, aber ich richte mich mit dem, was ich JETZT bin und habe, ein. Eine ABM oder andere staatliche Maßnahme würde ich SOFORT annehmen. Aber die müsste mir schon angeboten werden. ICH kümmere mich um Maßnahmen oder Jobs nicht mehr. 2001 hatte ich um einen Platz in einer Übungsfirma noch gekämpft. Ergebnis: Von 10 verschiedenen Zeitarbeitsfirmen, in denen ich als Arbeitssuchender eingetragen bin, bekam ich - lass mich mal nachrechnen - :D (das was ein Scherz...) - NULL Angebote.

Gysi, Du verplemperst Dich. Das meine ich nicht mal so sehr im Hinblick auf die Gesellschaft, sondern im Hinblick auf Dich selbst. Du bist ja ein Mann mit Fähigkeiten. Und Du WARTEST auf Angebote? Meine Güte... mich stellt keine Firma ein, die meine Unterlagen mit Bewerbungsfoto bekommt. Schmeckt mir nicht, ist aber so. Also bewerbe ich mich ohne Foto und marschiere nach 2 Tagen hin und mach die Leute "platt" mit meinen verbalen Fähigkeiten. Die meisten haben mich eingestellt - und bereut hat's (bis auf eine Ausnahme) niemand, mich eingestellt zu haben. Ich kann mir nicht denken, daß Du schüchtern bist - also warum tust Du das nicht?


Original geschrieben von Gisbert Zalich
Unser Thema war ABMs und andere staatliche Eingliederungsmaßnahmen: Wenn man so was bekommt: O.K.! Aber für der ERSTEN Arbeitsmarkt bringen sie nichts!

Wie gesagt, meine Erfahrungen waren andere, aber egal: vielleicht hatte ich auch nur Glück.

Ich hoffe, daß ich Dir jetzt nicht zu nahe getreten bin - ich setze schonmal 'nen Sturzhelm auf in Erwartung der Gesinnungsschläge, die mir jetzt sicher gleich auf's Haupt prasseln werden *schlotter* :) Ich möchte verstehen können, warum Du aufgegeben hast.

LG, wirrlicht
 
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Original geschrieben von wirrlicht
Ich möchte verstehen können, warum Du aufgegeben hast.
Weil es in meinem Fall keinen Sinn hat, sich zu bewerben. Nicht in den Bereichen, für die ich meine Abschlüsse gemacht habe. Wenn du es jahrelang ohne Erfolg getan hast, dann weißt du irgendwann, was Sache ist. Und jünger werde ich auch nicht.

Das hier ist aber, glaube ich, nicht das Thread-Thema... ;)
 
Das Hauptproblem ist, dass wir nicht mehr im nationalen, sondern im internationalen Wettbewerb stehen. Jeder Unternehmer kann dorthin gehen, wo er am billigsten produzieren kann und niemand kann ihn aufhalten. Dadurch entsteht der Zwang auch für die Regierung, die Interessen der Unternehmer mehr zu berücksichtigen, als es für den sog. kleinen Mann gut ist. Ohne Unternehmer, die Arbeitsplätze schaffen oder erhalten, ist das beste Konzept eine Luftnummer.
So kommt es, dass wir plötzlich mit Lohn- und kostenverhältnissen konkurrieren müssen, wie sie in Polen, Ungarn, Teschechei herschen.
Dazu kommt, dass der Lohnanteil bei den Produkten extrem unterschiedlich ist. Benötigt z.B. die Montage eines VW Golfs am Fliessband nur 18 Stunden, so ist der Lohnanteil bei einem Hausbau 47 % der Gesamtkosten.
Das Problem der Arbeitslosigkeit ist deshalb nicht mehr lösbar, die heutigen Zahlen werden dauerhaft bleiben oder noch steigen.
Durch die hohe Produktionssteigerung der letzten 20 Jahre konnte immer mit immer weniger Menschen produziert werden. Eine Zeit wurde dies durch Mehrkonsum ausgeglichen, was nun vorbei ist.
Das Problem war bereits vor 20 Jahren absehbar und, wenn damals die richtigen Massnahmen ergriffen worden wären, auch lösbar gewesen. Jetzt ist es zu spät.
 
Original geschrieben von mavaho
Das Problem der Arbeitslosigkeit ist deshalb nicht mehr lösbar, die heutigen Zahlen werden dauerhaft bleiben oder noch steigen.
D.h. die Arbeit wird weniger werden. Da ist es doch nur sinnvoll, die übrig gebliebene A. zu verteilen. Statt Hoffnung darin zu schüren, die Arbeitslosen mehr unter Druck zu setzen. Die wirst du so in die Fußgängerzonen zum Betteln bringen. Aber ARBEITSPLÄTZE schafft das nicht.
Da der wirtschaftliche Kreislauf immer mehr international verflechtet, müssen wir auch die Sozialsysteme immer mehr international verflechten: Wenn ganz Europa freien Zugang auf alle europäischen Arbeiter hat, dann muss auch ganz Europa Arbeitslosengeld bezahlen. Und nicht nur Deutschland.

Gysi
 
Weniger Arbeit auf mehr Menschen zu verteilen würde wirtschaftlich nur funktionieren, wenn dadurch die Arbeitskosten nicht erhöht würden, also eine Ganztagsstelle ebenso wie dieses Einkommen auf zwei verteilt wird. Das Problem ist jedoch, dass keiner der beiden dann von seinem Einkommen leben kann.
Wenn Du die Arbeitslosenstatistik genau betrachtest, wirst Du feststellen, dass ein Drittel der Arbeitslosen Ausländer, Leute mit doppelter Staatsangehörigkeit oder Russlandumsiedler sind. So ist z.B. in Berlin 43 % der türkischstämmigen arbeitsfähigen Bevölkerung arbeitslos.
Hätten wir vor 20 Jahren angefangen, die Zuwanderung an die Entwicklung des Arbeitsmarktes zu koppeln, wäre das Problem geringer.
Wenn Du den Rückgang der Bevölkerung seit 20 Jahren ohne Zuwanderung mit dem Rückgang der Arbeitsplätze vergleichst, wirst Du fast eine Deckungsgleichheit feststellen, eine Pararellität, die das Problem fast gelöst hätte.
Die weltweite Bevölkerungsexplosion wird auch in Zukunft den Zuwanderungsdruck noch erhöhen und das Problem weiter verschärfen.
 
Original geschrieben von mavaho
Weniger Arbeit auf mehr Menschen zu verteilen würde wirtschaftlich nur funktionieren, wenn dadurch die Arbeitskosten nicht erhöht würden, also eine Ganztagsstelle ebenso wie dieses Einkommen auf zwei verteilt wird. Das Problem ist jedoch, dass keiner der beiden dann von seinem Einkommen leben kann.
Dann reicht´s, wenn nur einer überhaupt nicht von seiner AlHi leben kann.. Naja, Scherz beiseite. Ich habe nicht von Job-Sharing geredet, obwohl der partiell auch seinen Sinn hätte, sondern von der Senkung der Wochenarbeitszeit. Auf 35, 32 Std. Einschnitte in die Lohnnebenkosten müssen gemacht werden. Man muss zusehen, die Sozialkosten einzudämmen. Arbeitsfähige arbeiten, zahlen Steuern, bringen also etwas und kosten nichts.

Gysi
 
Von mavaho
Die weltweite Bevölkerungsexplosion wird auch in Zukunft den Zuwanderungsdruck noch erhöhen und das Problem weiter verschärfen.

Da bin ich ganz Deiner Meinung.

Ich finde die deutschen Politiker sollten bei all Ihren Kürzungen, äh Reformen, vor dieser Problematik nicht noch länger (wer weiß warum sie es tun) die Augen verschließen.

Gruß
Georg
 
Die Verkürzung der Arbeitszeit ohne Lohnausgleich ist nichts anderes wie Jobsharing in kleinen Scheiben. Die Untergrenze liegt da, wo das Einkommen nicht mehr zum Lebensunterhalt reicht. Die Grundkosten der wirtschaftlichen Grundexistenz sind zu hoch. Man muss deshalb an diesem Puinkt ansetzen. Sind diese niedriger, kann man auch mit weniger Lohn auskommen.
Die Mieten sind auf Grund überhöhter Grundstückspreise zu hoch, die Stromkosten sind pro KW fast doppelt so hoch wie im europäischen Schnitt, die Preise für Medikamente sind weltweit die höchsten, die Beispiele liessen sich beliebig fortsetzen.
Das Thema Zuwanderung in unsere Sozial- und arbeitsmärkte wird von keinem Politiker und bei allen zur Zeit geführten Spardebatten ausgeklammert. Ich kenne Gemeinden in meiner Nachbarschaft, die Schwimmbäder und Kinderhorte schliessen mussten, weil die Pflichtausgaben in Form von Sozialhilfe an Zunmwanderer ansonsten nicht mehr bezahlt hätten werden können.
Leider ist dieses Thema von Linken und Rechten Ideologen derart besetzt, dass eine objektive Diskussion darüber kaum möglich ist. Dazu kommt der entsprechende Zeitgeist.
Alleiniger Masstab sollten nicht Ideologien sein, sondern nur was unserem Land nützt oder schadet. Dies festzustellen, wäre ohne ideologische Scheuklappen sehr einfach.
 
Original geschrieben von mavaho
Man muss deshalb an diesem Puinkt ansetzen. Sind diese niedriger, kann man auch mit weniger Lohn auskommen.
Die Mieten sind auf Grund überhöhter Grundstückspreise zu hoch, die Stromkosten sind pro KW fast doppelt so hoch wie im europäischen Schnitt, die Preise für Medikamente sind weltweit die höchsten, die Beispiele liessen sich beliebig fortsetzen.
Stimmt!
Das Thema Zuwanderung (...) Leider ist dieses Thema von Linken und Rechten Ideologen derart besetzt, dass eine objektive Diskussion darüber kaum möglich ist.
Das ist schade, und das sollte sich ändern. Du hattest von einem hohen Arbeitslosenanteil bei Ausländern geschrieben. Wie kommt der zustande? Hätten wir keine Arbeitslose, oder viel weniger, wenn es keine Ausländer hier gäbe? Man darf nicht vergessen, dass auch sie ein Konsumfaktor sind: Wenn es DIE nicht gäbe, fiel auch Konsum weg. Also: Sooo einfach sind die Antworten nicht. Eine entscheidende Ursache für die hohe Arbeitslosigkeit ist die elektronische Revolution, die tiefgreifender als damals die industrielle Revolution zu sein scheint!

Gysi
 
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Von Gisbert
Eine entscheidende Ursache für die hohe Arbeitslosigkeit ist die elektronische Revolution, die tiefgreifender als damals die industrielle Revolution zu sein scheint!

Das ist ganz gewiß auch eine Ursache!
Und diese elektronische Revolution wird leider von zunehmender Arbeitsplatz- (weg) rationalisierung begleitet.

Von mavaho
Leider ist dieses Thema ("Zuwanderung" A.d.V.) von Linken und Rechten Ideologen derart besetzt, dass eine objektive Diskussion darüber kaum möglich ist. Dazu kommt der entsprechende Zeitgeist.

Ich denke, daß ist auch ein Grund, warum die Bundespolitiker vor dem Thema Zuwanderung zum Großteil die Augen verschließen.
Aus Angst vor dem ewigen Aufflammen dieser Debatte. Weil sie wissen, daß sie dann von allen möglichen Seiten angegriffen werden.

Gruß
Georg
 
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