Da es hier offenbar Einige gibt, die fundierte Kenntnisse über den Buddhismus (bzw. Zen) besitzen, ist diese Glosse
vielleicht von Interesse. Ich habe sie vor langer Zeit - etwa 12, 14 Jahre mögen es sein - als Bericht in ein Zen-Forum
gestellt. Für Unkundige - es ist die (wahre) Beschreibung eines
Dokusan, des Einzelgesprächs mit dem 'Meister'-
gesehen durch die Brille eines blutigen Anfängers... Für mich war die Sache damals eher ärgerlich - hier dient's eben
evtl. zur Unterhaltung
Das Gespräch
Vor einiger Zeit habe ich an einem sogenannten
Sesshin, einem Meditations-Retreat, teilgenommen, geleitet von
einem buddhistischen Mönch. Schon beim Einführungsvortrag fiel mir auf, dass der junge Mann gern redete, aber
offenbar nicht besonders gut hörte. Auch auf kurze, klare Fragen gab er ellenlange Antworten, die mit den Fragen
selbst meist nicht allzu viel zu tun hatten. Vor allem schien er irgendwelche Probleme mit dem
Denken zu haben -
jedenfalls forderte er die Versammlung immer wieder auf, das Denken einzustellen. Ich wollte dieses delikate Thema
nicht in aller Öffentlichkeit anschneiden und meldete mich zum Einzelgespräch - da das dort
Dóxa heißt, dachte ich,
man könnte dort seine
Meinung sagen. Da kann's nun sein, dass
ich etwas missverstanden habe, denn er fing an,
mich allerhand ungereimtes Zeug zu fragen; etwa welche Unterschiede es gäbe zwischen Butter und mir, wie mein
Name vor meiner Geburt gewesen wäre u.ä....
Auf meine etwas verwunderte Antwort, mein
Name sei ja wohl schon vor mir da gewesen und natürlich der gleiche
wie hier und jetzt, meinte er, 'Kein Name' und 'Hier und Jetzt' seien ganz verschiedene Dinge - das hatte ich ja nun
nicht in Abrede gestellt, aber irgendwie kam's mir dann doch komisch vor, weil er in seinem Vortrag zwischen den
seltsamsten Dingen, wie etwa
sich selbst und
uns, Himmel und Erde, einem Kürbis und einer Katze, absolut
keinen
Unterschied hatte entdecken können. Und dann muss sich sein Hörvermögen ganz plötzlich drastisch verschlechtert
haben, denn er forderte mich immer wieder auf, seine Fragen zu beantworten,
ohne zu reden. Da war nun guter Rat
teuer! Aber als ich einmal vor lauter Verzweiflung in die Hände klatschte, schien ihm das als Antwort zu genügen,
und als ich, verärgert über sein Unverständnis, einmal mit der Hand auf den Boden schlug, war er ganz begeistert -
vielleicht, weil er diese lauten Geräusche dann doch noch wahrnehmen konnte. Jedenfalls unterhielten wir uns eine
Zeitlang ganz angeregt mit Händeklatschen und Auf-den-Boden-klopfen (ich kann nur hoffen dass die Leute, die
darunter wohnten, auch schwerhörig waren), bis er dann auch noch anfing, wild mit einer gerade herumstehenden
Glocke zu bimmeln. Ich befürchtete, er könnte mit dem Ding vielleicht nach mir werfen, und ging rücklings zur
Tür hinaus, wobei ich mich ein paarmal zu Boden warf, um einer evtl. geschleuderten Glocke auszuweichen. Ich
erreichte jedenfalls wohlbehalten den Ausgang; ob und wie sein Gehör beeinträchtigt war, konnte ich jedoch nicht
in Erfahrung bringen...
Also dass Zen-Meister eher - äh, hm -
exzentrische Menschen sind, hatte ich ja schon vorher gehört, aber dass es
dazu auch von Vorteil sein kann,
schwerhörig zu sein, war mir neu - oder ist es vielleicht eine Art 'Marktlücke' für
Schwerhörige, die dann immer behaupten können,
der Andere verstehe nicht?
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Der ernste Hintergrund dieser (nicht mal in Einzelheiten erfundenen) Geschichte:
wie sinnvoll ist es wohl,
Anfänger (oder was man dafür hält) mit Aussprüchen
tiefgründiger Weisheit und
Koan-Fragen zu konfrontieren,
oder unbedarfte Neulinge mit der Botschaft
"Du brauchst nur aufhören zu denken, dann ist alles in Ordnung"
Können sie von solchen esoterischen Weisheiten tatsächlich profitieren, ja die als solche überhaupt erkennen ?
(
vorausgesetzt natürlich immer, sie sind vom 'Lehrer' selbst bereits realisiert worden - was mir bei der sklavisch
genauen Nachahmung ostasiatischer Rituale immer etwas fragwürdig scheint...)