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Warum existiert heute noch das Christentum?

Warum existiert heute noch das Christentum?

  • Weil das Christentum die Wahrheit ist

    Stimmen: 2 28,6%
  • Weil nicht die Lehre, aber Gott wahr ist

    Stimmen: 0 0,0%
  • Die Lehre ist unwahr; aber Erziehung und die versprochene Jenseitserwartung haben uns so geprägt

    Stimmen: 2 28,6%
  • Wir brauchen Gott als einen moralischen Halt; egal, ob es ihn gibt oder nicht

    Stimmen: 3 42,9%

  • Umfrageteilnehmer
    7

Gysi

New Member
Registriert
9. Oktober 2002
Beiträge
8.420
Warum herrscht in einer aufgeklärten Welt noch etwas, was Bertrand Russell "Bilder der Kindheit der Menschheit" nannte?
Ist es die Angst vor dem Tod?
Das Unwissen (von einem geschlossenen Weltbild)
Oder einfach eine Tatsache, die nicht unser Wissen, aber unsere Intuition am Leben erhält?
 
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- Ich bestreite, dass wir in einer aufgeklärten Welt leben
- Wo eine scheinbar absolute Realität existiert, lebt die Möglichkeit einer transzendenten Wirklichkeit immer mit.
- Religion existiert als Teil der Gesellschaftsstruktur und zwar so stabil, dass sie auf unabsehbare Zeit praktisch unabschaffbar bleibt.

Du gibst als Alternativen nur individuelle Ansichten vor. Ich galube aber, dass diese für die Existenz von Religion von untergeordneter Bedeutung sind.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
In der Nähe von Friedhöfen wächst das Vertrauen in die Fußball-National-Mannschaft.

Das ist ein *Ergebnis* der sog. Terror-Management-Theorie. Sie besagt im Großen und Ganzen (ich kenne sie nicht im Detail), dass man mit dem Tod konfrontiert (das muss nicht existenziell sein, anscheinend genügt schon die Nennung des Begriffes) verstärkt auf die Werte der Kultur setzt, der man sich zugehörig fühlt. Das ist wird experimentell untersucht und ist wohl bestätigt - das obige Beispiel ist nicht erfunden, sondern Ergebnis tatsächlicher Interviews.

Vielleicht hieß also die Antwort auf die Frage:„Ist es die Angst vor dem Tod?“, die für die Existenz des Christentums ‚verantwortlich’ war, irgendwann mal ‚Ja’, da das Christentum nicht ganz unwichtig für unsere Gesellschaft war ;-)

Anmerkung: Sind nicht die beiden (ähnlichen) Metaphern ‚Kindheit der Menschheit’ und ‚Vorgeschichte der Menschheit’, die beide suggerieren, dass die Menschheit eine bestimmte (Höher-) Entwicklung nimmt, vielleicht sogar auf ein Ziel hinsteuert in gewisser Weise selbst (quasi-)religiös?

Ich finde übrigens auch bei dem MultipleChoiceTest keinen Radiobutton, der für mich passt :-)
 
Für mich ist bei den Abstimmungsmöglichkeiten auch net wirklich etwas dabei...
An der Lehre selber wäre einiges dran, auch ganz ohne Gott, aber leben will das offenbar keiner :)
 
walter schrieb:
Für mich ist bei den Abstimmungsmöglichkeiten auch net wirklich etwas dabei...
An der Lehre selber wäre einiges dran, auch ganz ohne Gott, aber leben will das offenbar keiner :)
Na schee. Du meinst die Jesus-Lehre ohne den Glauben an die Wiederauferstehung und die Erlösungstheorie. Ja, dafür kann mich mich doch auch erwärmen. Christentum ist aber mehr: Das ganze Neue Testament: Wiederauferstehung, Erlösung, Jüngstes Gericht: warmes Feuer für die Bösen und Ungläubigen, die blöde Fragen gestellt haben - das ganze Besteck. Daran glaubst du als Atheist auch nicht. Und je aufgeklärter, säkularisierter eine Gesellschaft ist (und damit meine ich nicht, dass wir das Ende der Fahnenstange in Sachen Aufklärung erreicht haben - dies, falls Robin diesen Post liest), desto größer ist doch die Chance, diesen Märchenglauben für Erwachsene nicht zu glauben. Es sind aber noch so, dass - na, etliche, die Mehrheit auf jeden Fall, die das glauben, und noch viel mehr bleiben ein Leben lang der Kirche verhaftet und finden sie auch wichtig. WARUM? Das hätte ich vielleicht in meinem Anfangspost deutlicher schreiben müssen. Nix für ungut, ich neige oft, zu schluderen...

Gysi
 
Hallo Gisbert,

auch ich möchte mich nicht für einen der Punkte entscheiden, vielmehr denke ich, dass eine Vielzahl von menschlichen Bedürfnissen das Vorhandensein von Glaubensgemeinschaften bedingen.

Dass sich durch unsere wachsenden wissenschaftl. Erkenntnisse alte Weltvorstellungen nur mühsam sinnig halten lassen hat meineserachtens keine unbedingte Auswirkung darauf, dass viele Menschen schlicht eine absolute Weltvorstellung benötigen, um stabil sein zu können.

Selbst viele Wissenschaftler, die tagtäglich hoch abstrakte Forschung betreiben, sitzen am Sonntag in der Kirche und beten zu ihrem Gott. Das hat nichts mit mangelnder Bildung oder Intellekt zu tun, sondern mit Grundbedürfnissen des Menschen, die sich von Mensch zu Mensch unterscheiden mögen und in ihrer Vielzahl kaum erfassbar sind, dennoch aber den Menschen damals wie heute prägen.

Auch ich, der ich mich nie mit gängigen religiösen Vorstellungen anfreunden konnte, spüre ein gewisses Bedürfnis nach solch einer absoluten Vorstellung irgendwo tief in mir verwurzelt oder zumindest möglich. Schließlich bin ich mir nicht sicher, ob es nicht doch eine absolute Wahrheit, eine ultimative Antwort auf alle Fragen, ja, gar einen Urgrund gibt. Ich sehe aber allein wegen der Möglichkeit, dass es so sein könnte und vielleicht ein transzendentes allmächtiges Wesen unser Geschick (das, was man allgemeinhin als Zufall zu bezeichnen pflegt) lenkt, keine Veranlassung für mich gegeben, diesem Wesen zu huldigen oder mein Handeln, was ich scheinbar selbst zu bestimmen vermag, dem in irgend einer Weise unterzuordnen.

Im Gegenteil, ich nutze nach eigenem Ermessen alle Möglichkeiten, die ich durch mich und in mir nur irgend zu ergründen vermag, dazu gehört natürlich ebenso davon auszugehen, das es auch keine transzendenten Wesenheiten geben könnte.

Womöglich bin deshalb nicht religiös und/oder gläubig, weil ich die Vielfalt in ihrer ganzen Ungreifbarkeit schätze und liebe.

Nun ist es aber so, dass viele Menschen mit dieser verstandesmäßig nicht erfassbaren Vielfalt nicht umgehen können und bevor sie sich auf derart unsicher scheinendes Terrain überhaupt begeben, eben das annehmen, was ihre Vorfahren sich unlängst bedürfnisgerecht kreiert haben - eine fixe Weltvorstellung.

Viele Grüße,

Philipp
 
Zuletzt bearbeitet:
Hmm. Philipp, hätte ich die Antwortmöglichkeiten besser abgedeckt, wenn ich statt
"Wir brauchen Gott als einen moralischen Halt; egal, ob es ihn gibt oder nicht" die Antwort
"Wir brauchen Gott als einen allgemeinen, seelischen oder transzendenten Halt; egal, ob es ihn gibt oder nicht"
als 5. Möglichkeit dazu gestellt hätte?

Aber Danke für die Antwort! :)

Gysi
 
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Huhu Gisbert,

wenn du unter "besser abgedeckt" mehr Antwortmöglichkeiten verstehst, dann würde ich dies bejahen. Entschieden hätte ich mich aber dennoch für keine der Angebotenen ;)

Es ist offensichtlich der Fall, dass nicht alle Menschen ihrem Glaubensbedürfnis folgen müssen, nicht alle benötigen eine Religion, um zu sein. Ich habe mich bewusst so formuliert, dass dies deutlich wird.

Ich betrachte, und ich hoffe das ist ausreichend aus meinem obigen Posting hervorgegangen, den Glauben gerne als Möglichkeit und Bedürfnis von Menschen. Da wir uns in den letzten Jahrtausenden biologisch kaum verändert haben, sich unser Denken und Verhalten aber sehr wohl von Generation zu Generation drastisch zu verändern vermag, halte ich es für durchaus möglich, dass das Glaubensbedürfnis nur bedingt anhand von Erfahrungen und Erkenntnissen beeinflussbar ist.

Würden wir das Christentum schlicht vergessen, dann wäre es wohl nur eine Frage der Zeit, bis ein ähnliches Glaubenskonstrukt jene Grundbedürfnisse befriedigt. So sehe ich es als wahrscheinlich an, dass das Christentum sich im laufe der Zeit mehr und mehr wandelt und anpasst, so dass es zwar den menschlichen Bedürfnissen einerseits gerecht werden kann, andererseits keine allzugroßen Angriffspunkte für z.B. neue wissenschaftl. Erkenntnisse bietet.

Viele Grüße,

Philipp
 
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