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Vor- und andere Urteile

Raphael

Active Member
Registriert
17. November 2007
Beiträge
1.795
Hallo Leute!

Ob man Vorurteil mit Ablehnung gleichsetzen kann, oder ob die Ablehnung aus dem Vorurteil stammt, fällt mir zwar auf die Schnelle nicht ein, doch wer schon Splitter im Balken seines Nächsten sieht, scheint reif für Erkenntnis.

Oder auch nicht.
Was meint ihr dazu?

Können wir einander hier im Forum überhaupt zu Erkenntnissen verhelfen oder bedienen wir lediglich unsere Vorurteile?

Über den Sinn von Vorurteilen:

Gibt es einen solchen?
Hat es einen Sinn sich mit Vorurteilen zu beschäftigen?
Sich die eigenen näher anzusehen?

Was meint ihr?

Mit freundlichen Grüßen
Raphael
 
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AW: Vor- und andere Urteile

liebe raphael,
vorurteile sind für mich wie grenzen.
eine zeit lang halten sie etwas, das einem wichtig ist, im zaum.
doch irgendwann, vielleicht wenn dieses etwas größer oder reifer geworden ist, dann müssen sie erweitert, geöffnet oder eben auch durchbrochen werden.

bewusste freiheit (auch des geistes) gibt es nur nach vorheriger beengung.
für mich alles ein wunderbares mittel auf dem weg zur bewusstheit.

liebe grüße
kathi
 
AW: Vor- und andere Urteile

Zitat:
... "doch wer schon Splitter im Balken seines Nächsten sieht" ...


??????????????????
:dontknow: :dontknow: :dontknow:
 
AW: Vor- und andere Urteile

Hallo Raphael.
Ein Vorurteil ist eine Art Ignoranz gegenüber anderen Menschen oder Situationen. Ich verurteile somit andere Menschen oder Situationen, so oder so zu sein. Dieses Vorurteil läßt kein Interesse an der Wahrheit in Situationen oder Menschen gegenüber zu. Eine sehr schlechte Eigenschaft, die sehr weit verbreitet ist. Derjenige mit Vorurteilen ist nicht mal bereit, die Situation oder den Menschen verstehen zu wollen. Es ist eine sogenannte Vorverurteilung und auch eine Sünde. Diese innere Einstellung verursacht weitreichende Schäden, wenn man bedenkt, daß alles das, was ich mit meinen Gedanken und Gefühlen aussende, zu mir zurückkommt; der Empfänger dieser Vorverurteilung merkt nichts davon und ich schade mir nur selber! Und das ist eigentlich Dummheit, oder nicht?

Wer hier hinkommt, sucht nach Hilfestellung für die Lösung seiner Probleme. Nur wer für Lösungen aufgeschlossen ist, der kann hier so manche Anregung zur Lösung seiner Probleme erhalten. Etwas zu erkennen, heißt auch, sich über etwas bewußt zu werden. Warum sollte das nicht möglich sein? Mir wurden jedenfalls solche Erfahrungen mitgeteilt - allerdings nicht nur in diesem Forum! Und es macht auch einen Sinn, sich immer wieder zu prüfen, ob noch gewisse Vorurteile in uns vorhanden sind. Diese innere Prüfung gehört zu meinem Leben, denn unbemerkte Vorverurteilungen, verschließenden den Blick für hilfreiche Lösungen, für sich selbst und auch für andere. Liebe Grüße Bherka.
 
AW: Vor- und andere Urteile

Hallo Leute!

Ob man Vorurteil mit Ablehnung gleichsetzen kann, oder ob die Ablehnung aus dem Vorurteil stammt, fällt mir zwar auf die Schnelle nicht ein, doch wer schon Splitter im Balken seines Nächsten sieht, scheint reif für Erkenntnis.

Oder auch nicht.
Was meint ihr dazu?

Können wir einander hier im Forum überhaupt zu Erkenntnissen verhelfen oder bedienen wir lediglich unsere Vorurteile?



Hallo!
Ich versuche alles moralisierende wegzulassen und das Thema anzuschauen.

Vorurteil heißt ja nichts anderes als ein Urteil, bevor ich den oder das, was ich beurteile, überhaupt kennengelernt habe.

Aufgrund einer winzigen Information, einer Äußerlichkeit, eines flüchtigen Eindrucks, ist mir jemand oder etwas sympathisch oder unsympathisch.

Wenn mir das bewusst ist, dann entscheide ich mich, ob ich mich näher mit jemandem oder etwas beschäftigen will oder ob ich mich abwende.

Zu Erkenntnissen: Wenn wir auch meistens unsere Vorurteile bedienen, so kann es doch auch zu Erkenntnissen führen.
Hier im Forum werden wir wohl manchmal etwas lesen, was in uns ein kleines Lichtlein aufleuchten lässt. Aber gezielt drauf anlegen können wir es wahrscheinlich nicht. Dazu kennen wir einander zu wenig. (Und ich glaube auch nicht, dass das überhaupt möglich ist!)


Über den Sinn von Vorurteilen:

Gibt es einen solchen?
Hat es einen Sinn sich mit Vorurteilen zu beschäftigen?
Sich die eigenen näher anzusehen?

Was meint ihr?

Wer seine Vorurteile bewusst wahrnimmt, der wird nicht umhin kommen sich damit näher zu beschäftigen. Welche Schlüsse man draus zieht, das muss jedem selbst überlassen bleiben.

Ich hab erlebt, dass sich manche meiner Vorurteile bei näherer Betrachtung bestätigen, manche auch verflüchtigen.

Ich meine, Vorurteile sind weder sündhaft noch verurteilenswert, sie sind da und wir können sie nützen, wenn wir wollen.
:blume1:
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
AW: Vor- und andere Urteile

Vorurteile kann man oft auch als soziale Phobien betrachten (Bandelow), wenn es um Gesellschaftsphänomene, um Völker um soziale Gruppen, etc… geht. Und Phobien sind eine spezielle Form der Angst.
M.E. entspringen die meisten Vorurteile aus einem Angstgefühl – oft ist es die Angst vor dem was einem unbekannt ist.

Vergleichbar mit der Konfrontationstherapie die heute angewendet wird bei Angstzuständen oder Phobien, könnte man sich fragen ob in Hinblick auf das Unbekannte nicht eher das Kennen lernen (ist ja auch eine Form der Konfrontation), sinnvoll wäre - als dieses meist von der Phantasie stark unterstützte Entwickeln von Vorurteilen.
Ein sehr bekanntes Phänomen ist die Tatsache, dass sich zum Beispiel Antisemitismus in Ländern entwickelt hat, in denen niemals Juden gelebt haben.

Eigentlich fangen die Vorurteile bei den Verallgemeinerungen an – so wie ich persönlich es feststelle in dem derzeit laufenden Thread über "Warum fehlt es den Alten an Weisheit?"
Da reicht sich Vorurteil an Vorurteil - ich lehne zwar den Begriff Weisheit nicht ab (so wie es Pisipetz oder auch FritzR tun), weil ich eine Menge älterer Menschen kenne die mit viel Zurückhaltung, diese Eigenschaft besitzen. Und dabei nie einen verallgemeinernden Satz benutzen würden wie die Jugend von heute ist….

Übrigens scheint es mir ziemlich egal ob sich Vorurteile gegen Völker, Religionen, soziale Gruppen oder Altersstufen richten.
Sie beschränken in erster Linie denjenigen, der sie pflegt und seine Weltanschauung (kann man die überhaupt so nennen?) auf diese aufbaut.

Liebe Grüße von der

uralten Miriam

 
AW: Vor- und andere Urteile

Liebe Leute!

Ich danke euch für eure klugen Beiträge!

Wenn ich schon den Splitter im Balken meines Nächsten sehe (verzeiht mir die Verballhornung!), dann meine ich damit, dass ich jedes kleinste Fehlerdetail mit überdeutlicher Schärfe am Widerpart erfassen kann. Seine großen Fehler (Balken!) sowieso...

Was bedeutet das nun wirklich?

Manche meinen:

Der Mensch sieht Fehler an seinem Nächsten deshalb so genau, weil der Beobachter seine Fehler auf den Beobachteten projiziert.
Stimmt das in jedem Falle oder ist das auch nur ein Gemeinplatz, ein Ausdruck von Schablonendenken?

Mit freundlichen Grüßen
Raphael
 
Zuletzt bearbeitet:
Der Mensch sieht Fehler an seinem Nächsten deshalb so genau, weil der Beobachter seine Fehler auf den Beobachteten projiziert.
Stimmt das in jedem Falle oder ist das auch nur ein Gemeinplatz, ein Ausdruck von Schablonendenken?

Raphael
ich finde, das stimmt in gewisser weise schon so, wie du es schreibst.
doch ich hätte es so ausgedrückt: das was ich am anderen als "fehler" erkenne, ist auch eine "schattenseite" von mir selbst.

damit ist offen, ob der andere diese eigenschaft wirklich hat - oder nicht.....und es ist letztlich für den 1. schritt auch unerheblich.

denn dieser ist die frage an mich selbst: WIE gedenke ich mit diesem tatbestand umzugehen.

WIE möchte ich nun handeln oder in de sache reagieren.

...und damit ist der ball wieder bei mir selbst gelandet. und damit genau dort, wo auch änderungen möglich sind.
 
AW: Vor- und andere Urteile

Ich bin nicht der Auffassung, daß es sich bei ‚Vorurteilen’ um „Phobien“ handelt. ‚phobos’ (griech.) heißt ‚Angst’ (‚Furcht’). Und speziell die „soziale Phobie“ ist eine Krankheit im Sinne einer psychopathologischen Angststörung, die unbegründet und anhaltend auf unterschiedliche Situationen bezogen sein kann.

Solcherart verängstigte Personen, auch leidend unter extremen Panik-Attacken, geben sich vermutlich nicht mit Vorverurteilung anderer Menschen ab.

Verurteilung von etwas, ohne dieses näher zu kennen („vorher urteilen“), ist insofern eine gewisse Charakter-Eigenschaft, - nämlich miesmachen, besser wissen, unsachlich den Eindruck – den ein anderer auf eine (oftmals sehr selbst-überzeugte) Einzelperson macht (dessen subjektiver Eindruck) - explizit und insistent be- und ver-urteilen.


(siehe auch oben bei lilith)
---------------------------
Und zur „Konfrontations-Therapie“:
sie ist kein „Kennenlernen“, sondern der angstgestörte Patient wird Situationen gegenübergestellt, die in ihm Angst/Panik ausgelöst haben, ihm also bekannt sind. In dieser Situation soll er dann mit Hilfe des Therapeuten lernen, die Situation zu entschärfen, um nicht immer wieder durch solches oder ähnliches in phobische Körper-Versagenszustände und Aktions-Blockierungen zu geraten.
 
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AW: Vor- und andere Urteile

Ein Vorurteil ist eine Art Ignoranz gegenüber anderen Menschen oder Situationen. Ich verurteile somit andere Menschen oder Situationen, so oder so zu sein. Dieses Vorurteil läßt kein Interesse an der Wahrheit in Situationen oder Menschen gegenüber zu. Eine sehr schlechte Eigenschaft, ...

Soweit sich diese Aussage auf Menschen bzw. die Einschätzung von Menschen bezieht, gebe ich dir Recht. Was allerdings die Situationen angeht bin ich anderer Meinung.
Stell dir folgendes vor: Du bist des Nachts allein unterwegs und begegnest in einer menschenleeren Fußgängerunterführung einem wenig vertrauenerweckenden Zeitgenossen der ein Messer in der Hand hält.

Also in dieser Situation wäre ich froh, wenn ich ein Vorurteil hätte. Nämlich in Form der Fähigkeit, die Situation und ihre möglichen Folgen einzuschätzen also vor zu beurteilen.

Raphael schrieb:
Ob man Vorurteil mit Ablehnung gleichsetzen kann, oder ob die Ablehnung aus dem Vorurteil stammt, fällt mir zwar auf die Schnelle nicht ein...

Das Vorurteil entsteht aus der Ablehnung und diese wird im weiteren durch das vorhandene Vorurteil genährt. Das ist nichts anderes als das Prinzip der sich selbst erfüllenden Prophezeiung.
Man denkt z. B.: Dieser da ist ein Blödmann. Also wird man ihn so behandeln und eben weil man das tut wird er reagieren wie ein Blödmann und schon haben wir die Bestätigung für unser Vorurteil.

kathi schrieb:
WIE gedenke ich mit diesem tatbestand umzugehen.
WIE möchte ich nun handeln oder in de sache reagieren.
...und damit ist der ball wieder bei mir selbst gelandet. und damit genau dort, wo auch änderungen möglich sind.

Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen. Eine, wie ich finde treffende Beschreibung.
 
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