Damit hast du wirklich Rückgrat bewiesen! Hut ab!
Ach was, Rückgrat ...
Damals war seit einiger Zeit das Buch "Warum Männer nicht zuhören und Frauen nicht einparken können" erschienen. Ein Bestseller, der aber auch schon seinerzeit als größtenteils widerlegt galt.
Das Buch, herausgegeben von zwei Vortragsreisenden, einem Mann und einer Frau, bedient klassische Klischees wie Männer und Frauen denn wären und versucht sie mit der humanen Evolution zu begründen. Das hat sich alles, im Positiven wie im Negativen, als falsch herausgestellt. Nicht nur die Behauptungen über das angeblich männliche und weibliche Verhalten, sondern auch die Annahmen über die Vergangenheit des Menschen als Jäger & Sammler haben sich in ihrer Ausschließlichkeit als falsch erwiesen oder wurden zumindest relativiert.
Allerdings verhielt sich meine damalige Freundin wie in diesem Buch Frauen beschrieben werden.
Hätte ich es eher gelesen, dann hätte ich manche Dinge vielleicht anders gemacht ... aber später, da ist man bekanntlich immer schlauer.
Genauso hätte ich mich auch in anderen Situationen vielleicht anders verhalten, wenn ich bestimmte Dinge gewusst hätte ... oder vielleicht auch nicht.
Im Wesentlichen verstehe ich mich selbst als toleranten, umgänglichen und auch verständnisvollen Menschen, was aber nicht heisst, es gäbe keine zwischenmenschlichen Dinge, mit denen ich nicht gut umgehen kann.
Denn später - ein paar Monate, nachdem wir uns bereits getrennt hatten - war ich mit meiner Ex, auf Bitten ihrer älteren Schwester in eine Aktion involviert, in der ich die schwerste Entscheidung meines Lebens habe treffen müssen. Da ging es um eine Entscheidung im Zusammenhang mit psychischer Krankheit und Psychose, eine Entscheidung, die man nur in die Kategorien "falsch", "mehr falsch", "ganz falsch" oder "anders falsch" einordnen konnte.
Schließlich habe ich nach meinem Gewissen und meiner Verantwortung entschieden ... und ich brauchte eine schnelle Entscheidung, jetzt und sofort, denn es stand nach meiner Einschätzung ihre Gesundheit und ihr Leben auf dem Spiel. Diese Entscheidung hatte allerdings auch schwere soziale Folgen für sie.
Unsere gemeinsamen Freunde (eher: Bekannte) teilten sich danach, mir gegenüber, in zwei Gruppen: Für die Einen hatte ich nachvollziehbar, richtig, mutig und verantwortungsvoll gehandelt. Für die anderen war ich ein bürgerlicher Spießer, Machtmensch oder bestenfalls ein hilfloses Arschloch.
Meine Ex hat mir das sowieso alles nie verziehen.
Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass ich kaum allein der Akteur in dieser Aktion gewesen bin und mutmaßlich genau dasselbe auch ohne mich dabei heraus gekommen wäre, nur eben mit großen Risiken und zeitlicher Verzögerung.
Danach war alles anders: Die Einen sprachen kein Wort mehr mit mir, die anderen klopften mir auf die Schulter.
In gewisser Weise war es mir schon immer ziemlich egal, was die Leute von mir halten oder nicht. Dennoch hat der Vorfall, er liegt Jahre zurück, mein Leben und die Sicht auf die Menschen verändert. Es ist kein Egoismus, nach seinem eigenen Gusto zu leben und seine eigenen Ziele und Werte zu vertreten, und wenn, dann ein gesunder. Vielmehr ist es nur konsequent, und ich beabsichtige nicht, mich an andere anzupassen, nur weil sie es gerne so hätten. Es gibt Menschen, die das für arrogant oder, je nach Sichtweise, für anarchistisch halten. Das ist mir jedoch egal, und es geht die Leute nichts an. Denn schließlich mische ich mich auch nicht in ihre Angelegenheiten und sabotiere sie nicht.
Es fällt mir zunehmend schwerer, an Gesprächen ohne Inhalt teilzunehmen. Man muss nicht immer über hochphilosophische Fragestellungen reden, aber hohles Geschwätz wird für mich immer unerträglicher. Ich beobachte immer mehr Situationen, in denen Menschen reden um des Redens willen, aber das was sie sagen, das ist für mich entweder unerträglicher Müll oder schlicht unverständlich.
Ich bin mir bis jetzt nicht wirklich klar darüber geworden, ob dies eine Zeiterscheinung ist, irgendwie eine Art Folge dieses ganzes Internet-Kommunikationsmülls ... oder ob ich mich selbst einfach verändert habe, durch gewachsene Lebenserfahrung, durch Alterung.
Grundsätzlich habe ich kein Problem, mich mit mir selbst zu beschäftigen und ich fühle mich auch nicht vereinsamt oder gar einsam.
Eher beobachte ich, dass andere Menschen sich nicht mit sich selbst beschäftigen können und irgendwelchen hirnlosen Müll reden, nur um irgendwie die Zeit tot zu schlagen. Dafür gehen sie dann mir auf die Nerven, nur damit ich sie bespaße ...
Frauen UND Männer, wobei ich den Eindruck habe: Einfach nur quatschen um des Quatschens willen: Das können viele Frauen um Einiges besser als Männer.
Tatsächlich habe ich, während meiner Jobsuche letzten Jahres, nach einem Probearbeitstag (allerdings auch aus anderen Gründen) eine Stelle abgelehnt, weil ich bereits an diesem einen Tag feststellte: Da ist da so eine Brigade, die, den ganzen Tag, immer dieselben, hirnlosen Sprüche in den Raum werfen, völlig sinnlos, nur um überhaupt etwas zu sagen.
Damit komme ich nicht klar.
Für mich ist das ein kommunikativer Albtraum.
Meine damalige Freundin war auch so ein Kaliber.
Nach ihrer Arbeit berichtete sie mir in endloser Form, was ihr da mit wem wie passiert war ... dagegen ist grundsätzlich nichts zu sagen, nur hat sie sich nicht die geringste Mühe gegeben, ob ich diesem Vortrag inhaltlich würde folgen können. Damit wir uns nicht falsch verstehen: Es gibt auch Männer, die einem solche Stories erzählen. Es handelt sich um Geschichten, die im Kopf des Erzählenden inhaltlich konsistent sind und da auch aufgehen.
Der Zuhörer versteht die Geschichten aber nicht, weil logisch wichtige Aspekte ausgelassen werden oder unklar dargestellt werden, und sei es, weil mehrere Personen mit "und da hat der dann" oder "der andere wollte dann" berichtet werden. Der oder die Erzählende hat die Bilder und Personen im Kopf, die dem Zuhörer leider aber fehlen.
Das bedeutet dann aber auch: Der oder die Erzählende
versucht gar nicht erst, sich in das Verständnis des Zuhöhrers hinein zu versetzen. Der Zuhöhrer ist komplett austauschbar, genauso gut könnte man eine Schaufensterpuppe an seine Stelle setzen. Es mag unhöflich sein oder arrogant, aber solche Menschen mag ich an sich nicht mehr um mich haben. Denn es gibt dann genug andere Dinge, mit denen ich mich beschäftigen mag.
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