Ja Kinder, kaum redets über Demokratie und es geht in persönliche Anwürfe aus. Typisch, aber: Beneidenswert wer frei davon.
Diethelm, ich war, dich zitierend, weit entfernt, ein Wort von Dir aus seinem Zusammenhang reißen zu wollen - ich habe mir nur erlaubt, einen neuen Diskussionsstrang zu eröffnen, weil für mich in Deinen Worten eine interessante Frage auftauchte.
diethelm schrieb:
es ist also kein Seinsproblem, sondern ein Namensproblem, also geeignet zum Haare spalten.
Das Haar, das man hier spaltet, ist immerhin die deutsche Einheit, und Frau Merkel hat völlig recht, auf den Unterschied hinzuweisen, der zwischen dem deutschen Grundgesetz von 1949 besteht - das sich als vorläufig begriffen hatte, bis denn im Falle einer Wiedervereinigung eine gesamtdeutsche Verfassung erarbeitet würde - und einem Grundgesetz, das seit nunmehr 16 Jahren wie selbstverständlich auch auf dem Territorium der ehemaligen DDR gilt, ohne daß jemals ernstlich gefragt wurde, ob die Geltung
dieses GG denn ohne Abstimmung gewünscht sei.
Die deutsche Verfassungsdebatte wird also weiter nach Übermorgen verschoben - das wäre schon fast egal, doch um so überraschter bin ich, zu erfahren, Marianne, daß es in Österreich nicht nur eine Bundesverfassung gibt, in der alles
Recht vom Volke ausgehe - das ist mal ein erheblich erwähnenswerter Unterschied zum deutschen Rechtsstaat, in dem alle
Macht vom Volke ausgehen solle - und daß es in einem so stabilen und soliden Land wie Österreich tatsächlich eine aktuelle Debatte über eine Neuformulierung der Verfassung gibt, und wenn es nur des Gottesbezuges wegen wäre (den freilich - die Verantwortung des Volkes vor Gott - hätte selbst unser Grundgesetz so mancher Verfassung voraus *rofl*). Daß das Gebäude des Brüsseler Sitzes des EU-Parlamentes in der Draufsicht die Form des christlichen Kreuzes hat und einer der strittigisten Punkte bei der Formulierung einer europäischen Verfassung eben dieser Gottesbezug war, sei nur am Rande bemerkt.
loiuz30 schrieb:
Moderne Verfassungen regeln keine konkrete Staatsform, sondern nur die tragenden Prinzipien dieser Staatsform.
Das Volk eines solchen Staates kann für sich daher alles bestimmen, was es für richtig hält, solange es sich dabei innerhalb des gesetzen Rahmens bewegt. Das bedeutet, daß das Volk sich seiner Rechte und Pflichten als der Souverän nicht selbst entheben kann. Dagegen spricht die Verfassung.
Wie schon gesagt, man kann auch ohne Verfassung einen modernen Staat gestalten (inclusive Königin!), aber auch mit Verfassung wäre "das Volk" niemals frei, und daß "das Volk" in irgendeiner Form entscheidet, ware uns ohnehin neu. Da gibt es nun zwei mögliche andere Wege: eine radikale Volksdemokratie als antistaatlichen Kommunismus kleinster Gruppen, wo nicht Repräsentanten gewählt/ernannt werden, sondern der Kongreß Aller Entscheidungen trifft - das ergäbe freilich noch langwierigere Entscheidungsprozesse, als wir sie aus der repräsentativen Demokratie kennen; oder der absolute Liberalismus, wo kein Kongreß stattfindet, allenfalls aus gemeinsamen Interesse Einzelne sich zusammentun - letzteres ist mir vertrauter, ob solche Gesellschaftsform sich nicht über den Umweg des GG sogar zur Staatsform deklarieren könnte, bleibt zu fragen - es wäre nicht das schlimmste; aber vorläufig brauchen wir in Deutschland nach Demokratie und Freiheit ohnehin nicht soviel zu fragen, da wir ja in einem gut funktionierenden Rechtsstaat leben, der - gerade weil er nur begrenzt demokratisch ist - seinen Einwohnern die wesentlichen Freiheitsrechte garantiert.
louiz30 schrieb:
Deutschland hat damit die Staatsform, wie sie im Grundgesetz vorgesehen ist, da sich das deutsche Volk diese Staatsform auf der Basis des Grundgesetzes gegeben hat.
Das "deutsche Volk" hätte sich möglicherweise ganz was anderes gegeben - genau darum kreist ja meine Frage. Mit einem so einfachen Zirkel ist das nicht zu beantworten.
Grüße, Gaius