AW: Soziale Gerechtigkeit
Hallo Pispezi!
Ich möchte nicht auf deinen Vergleich mit DDR-Zeiten eingehen, denn ich sehe große Unterschiede zu den von mir beschriebenen 2 Klassen.
Ich möchte jedoch darauf hinweisen, dass deine Betonung der Chancengleichheit genau aus diesem Grund von den etablierten Parteien immer wieder im Mund geführt wird, dass die Leistungsgesellschaft nur ja nicht angerührt wird.
Woher kommen denn diejenigen, die "nicht mehr dazugehören"? Das sind doch genau diejenigen, die aus der Schar der Leistungsfähigen aussortiert werden!!!! Die dürfen einfach nicht mehr mitspielen im großen Monopoly unserer Gesellschaft. Und die kriegen dann gnädigerweise ein paar Brocken und sollten dann auch noch die Last schleppen, als Schmarotzer dieser Gesellschaft angesehen zu werden? So heißt das doch, oder? Wenn man nicht mitspielen KANN, dann hat man doch auch als Mensch noch eine Existenzberechtigung. Und wenn die Existenz davon abhängt, dass man Geld hat, um sich die nötigsten Dinge zu beschaffen, dann hat die Allgemeinheit dafür zu sorgen, dass man dieses Geld auch zur Verfügung hat. Andernfalls wäre es gnädig, jeden, der in der gnadenlosen Maschinerie dieser Leistungsgesellschaft nicht (mehr) mithalten kann, sofort zu erschießen. Wer nicht nützlich ist (ein Nichtsnutz), hat kein Recht zu leben.
Alle "Gleich-Armen" sind dennoch eine Art Gemeinschaft. Sie sitzen alle im selben Boot. Du zählst dich offensichtlich zu denjenigen, die durch Leistung noch die Chance haben, vielleicht auch mal zur 1. Klasse dazuzugehören.
Diese Illusion hat sehr viele Menschen zu Verächtern der Ausgestoßenen gemacht. Trotz Fleiß und Extraschichten im Hamsterrad können sie niemals dorthin kommen, wo die wirklich fetten Reichen schon lang sind. (Die haben nämlich nie wirklich für ihr Vermögen arbeiten müssen. Die können ihre Arbeit als Freizeitbeschäftigung ansehen, weil ihre Existenz nicht davon abhängt.)
Und diese Fleißigen blicken ziemlich erbost auf diejenigen, die es sich aus ihrer Sicht leicht machen. Die nicht im Hamsterrad laufen und trotzdem leben. "...und womöglich noch von unseren Steuergeldern...!!!"
Der Preis des Nichtmehrdazugehörendürfens ist hoch, aber daran denken ja diejenigen nicht, die brav die Vorgaben der Reichen erfüllen, um endlich auch dazuzugehören. Dabei wird ihnen nur eine Karotte vor die Nase gehalten, der sie als hungrige Packesel hinterherlaufen.
Liebe Eule, es tut mir leid, das war jetzt ein wenig ausschweifender als ich beabsichtigt hatte. Ich weiß nicht, ob ich damit Off Topic geraten bin, aber wenn, dann entschuldige ich mich dafür. Das Thema regt mich eben sehr an und auf.
Pispezi, ich glaube, du hast auch übersehen, dass wir hier auf die Situation in Österreich Bezug genommen haben.
Hier gab es vor nicht allzu langer Zeit eine sehr gut funktionierende sozial so ziemlich gerechte Struktur. Aber weil ja jetzt überall der freie Wirtschaftsraum und noch andere Freiheiten über uns hereingebrochen sind, wurde auch bei uns kein Stein auf dem andern gelassen. Und nun haben die, die auch vorher schon genug hatten, noch mehr, und die die auch vorher schon wenig hatten, noch weniger. Und zum Verteilen ist auch immer weniger da.
Die mittleren Einkommensschichten müssen den unteren noch was abgeben, weil die obersten sich skrupellos immer noch mehr vom Kuchen abschneiden wollen und es ihnen ziemlich wurscht ist, ob der Staat noch etwas irgendwo zu investieren hätte oder nicht. Denn sie brauchen ja nix.
Das hat mit
Leistung aber wirklich nichts mehr zu tun. Das ist purer kaltschnäuziger Egoismus, und unsere schwarz-blaue/orange Regierung hat das noch vorangetrieben und unterstützt.
Also wenn du mit der gerechten Honorierung von Leistung daherkommst, dann müssten die reichen Erben gleich mal als Erste ihr Vermögen an die Allgemeinheit abliefern. So schauts aus! Denn die haben viel und leisten gar nix. Und was leisten eigentlich Spekulanten an den Börsen?
Und die die nichts haben, würden gern etwas leisten, damit sie nicht unnütz sind und der Allgemeinheit auf der Tasche liegen, aber die will keiner. Weil sie vielleicht körperliche, geistige oder seelische Gebrechen haben und die Anforderungen, die in der gnadenlosen Leistungsgesellschaft als Mindestmaß gestellt werden, nicht erfüllen können.
So, jetzt hab ich mich ausgetobt. Mein Zorn lodert bei solchen Diskussionen. Sorry Pispezi, ich kann nicht anders. Es gibt zu viele Schicksale in meinem persönlichen Umfeld, die davon betroffen sind, wo jede kleine Veränderung der Lebensumstände ein Sturz in die Armut bedeuten könnte. Und das in einem reichen Land wie Österreich.