• Willkommen im denk-Forum für Politik, Philosophie und Kunst!
    Hier findest Du alles zum aktuellen Politikgeschehen, Diskussionen über philosophische Fragen und Kunst
    Registriere Dich kostenlos, dann kannst du eigene Themen verfassen und siehst wesentlich weniger Werbung

Sie vs Du

AW: Sie vs Du

Wie das 'Sie' entstanden ist.


Frühmittelalter – Althochdeutsch – du

Die deutsche Sprache hat sich im 4. bis 6. Jahrhundert nach Christus aus den westeuropäischen germanischen Dialekten entwickelt, also zu Beginn des Frühmittelalters. In dieser althochdeutschen Form war das Du die einzige Anrede.


Hoch- und Spätmittelalter – Mittelhochdeutsch – du und ihr

Im neunten Jahrhundert kam als Anrede für hochgestellte Personen das 'Ihr' dazu – als Pronomen des PLURALIS MAIESTATIS ‘Eure Gnaden’. Für sich selbst benutzten die Edlen das Pronomen ‘Wir’ – ‘Unsere Gnaden’. (Vordem – in der Spätantike – hatten nur die römischen Kaiser den PLURALIS MAIESTATIS für sich in Anspruch genommen.) Das Mittelhochdeutsche verwendete das Ihr im Hoch- und Spätmittelalter (1000–1500) nicht nur als Anrede für Edle, sondern allgemein auch als respektvolle Anrede für Fremde.


Frühe Neuzeit (vor der französischen Revolution) – Neuhochdeutsch – Sie und er

In der Neuzeit – in der hochdeutschen Form also – wurde das Ihr so inflationär, dass es als Anrede für Hochgestellte zu wenig Respekt ausdrückte. Man führte deshalb das Sie ein – als Pronomen für den Plural ‘Ihre Gnaden’: Der Herr durfte nicht mehr direkt angesprochen werden, nur noch über eine anwesende oder gedachte dritte Person. Das Sie verdrängte dann das Ihr nach und nach. Bei solchen Klassenunterschieden wirkte auch die Anrede ‘Du’ für Untergebene zu respektvoll. Die Hochgestellten begannen, diese ebenfalls indirekt anzureden – mit Er – also auch über eine anwesende oder fiktive dritte Person.


Späte Neuzeit (nach der französischen Revolution) – 'Hochdeutsch' – Sie und du

Das Er verschwand mit der französischen Revolution; das Sie hingegen wurde als Anrede für die neuen Herren – die Bürger – übernommen. Im 19. Jahrhundert waren deshalb nur noch zwei Anreden übrig – das Du für vertraute und das Sie für fremde Menschen.

Heute ist jede Anrede eine Entscheidung zwischen intimem Duzen und distanzierendem Siezen. Es gibt das intime Du zwischen Freunden und das kollegiale Du am Arbeitsplatz, aber auch das respektvolle Du im Emmental und in sozialdemokratischen Parteien. Dasselbe respektvolle Du hat im Internet Einzug gehalten. Die Duzerei im Fernsehen dagegen ist inflationär und wirkt zuweilen aufdringlich und deplaziert. Auch das respektlose Du gegenüber Ausländern ist nicht auszurotten.

© bei mir
 
Werbung:
Ich persönlich finde das "Sie" ziemlich überflüssig. Dass es von Respekt zeugt, wenn man Menschen so anspricht hat sich die Gesellschaft irgendwann mal ausgedacht. Es macht aber letztlich für den Respekt selber keinen Unterschied, ob man "Sie" oder "Du" sagt. Nur dass sich die Person, die sich siezen lässt vielleicht höher fühlt... Und es zeugt von wenig vertrauen. Und zu seinem Lehrer, der die Klasse seit Jahren in und auswendig kennt, der Psychologin, die einem aus vielen Sorgen und misslichen Lagen befreit hat und dem Arzt, der einem das Leben gerettet hat sollte man das doch haben, oder?
 
der "sie" -titel stammt vom plural majestetis her welcher bei der anrede eines herrschers zwischen der eigentlichen person und dessen rolle bzw souverän unterschied bzw betonte. ein du dagegen spricht nur die person aber nicht deren souverän an was bei freunden etc auch nicht erforderlich ist bei fremden jedoch als missachtung der souveränität einer person gedeutet werden kann.
dem gegenüber gibt es auch eine verweigerung des "du" welche darauf beruht dass man den anderen zwar als souveräne person achtet ihn aber nicht als nahestehende und vertrauten menschen akzeptiert möchte.
 
Persönlich Sieze ich Menschen, zu denen ich ein distanziertes und nicht nahes Verhältnis habe. Ich denke, durch die Verwendung des Siezens lässt sich auch bewusster die Distanz im zwischenmenschlichen Bereich aufrecht erhalten.

Im Alltag, auch im beruflichen, wird in meinem Leben aber zu 95% geduzt.
 
Lehrer zur Schülerin: "Sind Sie schon eine junge Dame - oder bist du noch ein Mädchen?" -

Schülerin zum Lehrer: "Dass können sie halten, wie du möchtest!"
 
Nur dass sich die Person, die sich siezen lässt vielleicht höher fühlt... Und es zeugt von wenig vertrauen.

Uniprofessoren duzen sich oft gegenseitig, siezen aber ihre Studenten. Das Siezen ist hier ein Ausdruck von Distanz, sagt aber primär nichts darüber aus, ob Distanz nach oben oder nach unten. Und über Vertrauen sagt es rein gar nichts aus, höchstens über Vertraulichkeit.
 
Uniprofessoren duzen sich oft gegenseitig, siezen aber ihre Studenten. Das Siezen ist hier ein Ausdruck von Distanz, sagt aber primär nichts darüber aus, ob Distanz nach oben oder nach unten. Und über Vertrauen sagt es rein gar nichts aus, höchstens über Vertraulichkeit.
Von oben herab kann man jemanden immer noch am besten in der dritten Person ansprechen. Das ist mir besonders in Frankreich häufig aufgefallen. Es wirkt richtig herabwürdigend.
 
Werbung:
Zurück
Oben