Ich habe in dem Buch noch ein wenig geackert, verkürzt, exzerpiert und angewendet - das ist dabei 'rausgekommen:
Religiöser Glaube hat viel mit der Vorliebe des Gehirns für Gleichgewicht, der Homöostase, zu tun - definiert als 'die Eigenschaft eines Systems,
das sein inneres Milieu kontrolliert und bevorzugt einen stabilen konstanten Zustand bewahrt'. Neurowissenschaftliche Forschung hat ergeben,
dass im Gehirn Glaubensreaktionen alle gleich behandelt werden - ob wir an Gott glauben, oder daran dass 2+2=4, ob wir diesem Glauben einen
hohen oder niedrigen Wert beimessen - unser Gehirn will immer das Eine - Stabilität und Konsistenz. Auch wenn es uns nicht klar ist - alles was
wir tun oder denken, ist von diesem Streben beeinflusst.
Es muss nicht schlecht sein, äußere Quellen und Meinungen zu konsultieren - es ist eine energiesparende Strategie, die uns gute Dienste leisten kann,
und es stärkt unsere Affinität zu einer sozialen Gruppe. Die andere Seite der Medaille ist, dass wir dadurch für jede Art von Propaganda anfällig werden.
Diese Akzeptanz unseres Gehirns wird einerseits durch Wiederholung begünstigt - und zwar umso mehr, je öfter sie wiederholt wird, und zwar bei
einem niedrigen [!] Aufmerksamkeitslevel (wenn wir uns darauf konzentrieren, hinterfragen wir leichter); und andererseits durch die cognitive fluency,
die 'Verarbeitungsflüssigkeit', die Neigung des Gehirns, Botschaften zu akzeptieren, die leicht verständlich sind und sich mühelos in bestehende
Schemata einfügen. Positiv ist diese Fähigkeit wichtig um zu lernen, aber kurze, prägnante und sofort verständliche Botschaften können deshalb so
überzeugend sein, weil wir sie schneller verarbeiten und uns vertraut machen, als wir sie überprüfen können. Auch das geht größtenteils auf die
Tendenz des Gehirns zurück, mit seinen Ressourcen sparsam umzugehen. Es ist weniger anstrengend, vertraute Botschaften zu entziffern und zu
verarbeiten, und ein glückliches Gehirn nimmt nur allzugern diesen weniger beschwerlichen Weg...
Schwierig zu verarbeitende Botschaften haben die umgekehrte Wirkung - wir neigen eher dazu, sie nicht zu glauben. Politiker, die den Wählern so etwas
mitzuteilen versuchten, können ein Lied davon singen. Es fällt uns schwer, an einen komplizierten Sachverhalt zu glauben, wenn wir jeden Tag mit einer
Menge von einfacheren, uns vertrauten Botschaften konfrontiert sind.