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Mathematik: entdeckt oder erfunden?

AW: Mathematik: entdeckt oder erfunden?

Das sehe ich anders.
Auch wenn die Kugel ein gedankliches Konstrukt sein mag, so sind ihre Eigenschaften nicht einfach gedanklich konstruiert. Das Verhältnis von Oberfläche zu Volumen entspricht 3/r, warum aber nicht 4/r? Woher kommt genau diese Drei?

hallo benjamin,

die mathematik definiert, dass ... 3 punkte sind
die 3 selbst, also die zahl selbst, ist schon ein gedankliches konstrukt, welches in der natur nicht vorhanden ist
ebensowenig gibt es in der natur quotienten
wäre die reihe der natürlichen zahlen {1,2,4,3,5,6,...}, und die 4 würde die anzahl der punkte ( ... ) symbolisieren, wäre der quotient für uns dann ebenso selbstverständlich 4/r

die mathematik definiert die kugel
die mathematik definiert ebenso volumen und oberfläche einer kugel
die mathematik definiert rechenoperationen
als folge dieser definitionen ergibt sich, dass V/O einer kugel eben 3/r ergibt
volumen und oberfläche sind zwei verschiedene dinge
der mensch hielt es für sinnvoll, diese zwei "phänomene" miteinander in beziehung zu setzen
bei äpfel und birnen ist das nicht sinnvoll, wäre aber mathematisch genauso möglich, und so gibt es keinen "umrechnungsfaktor" von äpfel in birnen oder umgekehrt

Ich bin der Ansicht, dass es schlicht und ergreifend an der Natur des Raumes und seiner Geometrie liegt, dass wir hier eine Drei erhalten. Eine genauere Antwort auf die Frage, woher diese Drei kommt, halte ich aus menschlicher Sicht für unmöglich. Es ist einfach so. Und das es so ist, sagt uns die Erfahrung.

Es spielt keine Rolle, dass dieses Verhältnis in der Natur nirgends ganz genau beobachtet werden kann. Eine perfekte Kugel stellt bloß den einfachsten Fall eines Balles dar. Und auch wenn diese Vereinfachung nur in unserer Phantasie existiert, so sind die grundlegenden Eigenschaften dieses Modells nicht aus unserer Phantasie entsprungen, sondern von beobachteten Dingen abgeleitet. Man hat reale Dinge für menschliche Zwecke vereinfacht und auf diesem Weg Modelle erdacht bzw. erfunden. Die Eigenschaften dieser Modelle jedoch sind nicht erdacht, sondern entdeckt.


ja, man könnte durchaus sagen, dass die eigenschaften innerhalb des konstruktes dann entdeckt sind, wenn wir chronologisch so vorgehen:
A: wir definieren, was eine kugel ist
B: wir definieren, was das volumen einer kugel ist
C: wir definieren, was die oberfläche einer kugel ist
D: wir definieren die rechenoperationen

und dann spielen wir mit den definierten dingen herum und ENTDECKEN, dass innerhalb unserer definitionen das verhältnis von volumen zu oberfläche 3/r ergibt
das ergebnis dieses verhältnisses haben wir nicht extra definiert in der art
"wir definieren V(kugel)/A(kugel) = 3/r", sondern dieser umstand ergibt sich zwingend aus den definitionen A-D

also ist der umstand, dass V(kugel)/A(kugel) = 3/r ist, keine entdeckung, die wir in natur gemacht haben, sondern eine "entdeckung" innerhalb des mathematischen konstruktes

da die threadfrage aber ist, ob mathematik selbst entdeckt oder erfunden wurde, gilt es, den blick eher auf die definitionen A-D zu richten
sind diese definitionen zwingend aus der natur abgeleitet (z.b. durch beobachtung) und somit keine definitionen mehr, sondern eher naturgesetze, oder sind es eben definitionen

lg,
Muzmuz
 
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AW: Mathematik: entdeckt oder erfunden?

noch ein beispiel, pi
für laien ist pi eine art naturkonstante; ergibt sich zwingend aus der natur
durchmesser und umfang eines kreises verhalten sich wie 1 zu pi, punktum

nur sage ich, dass kreis, durchmesser, umfang, 1 und pi mathematisch definiert (also mathematische konstrukte) sind
also sind die verhältnisse wie auch die mathematische gleichsetzung derselben zwingende folgen aus theromenen/axiomen/definitionen innerhalb der mathematik

ein stichhaltiges indiz:
pi lässt sich auf unbegrenzt viele kommastellen genau berechnen

naturkonstanten, die sich lediglich auf beobachtungen/messungen stützen, haben niemals deutlich mehr als 10 signifikante stellen (G, die gravitationskonstante ist überhaupt nur auf 4 signifikante stellen genau bekannt)
warum ? genauere messungen sind entweder aus praktischen oder aus prinzipiellen gründen nicht möglich
pi wird aber nicht gemessen (kann man zwar, dann greifen aber die physikalischen unsicherheiten/ungenauigkeiten), sondern rein mathematisch hergeleitet
da aber die mathematik nicht direkt durch naturgesetze eingeschränkt wird (sondern vielmehr die mathematik diese gesetze erst formuliert), werden unbegrenzt viele kommastellen möglich

lg,
Muzmuz
 
AW: Mathematik: entdeckt oder erfunden?

Auch wenn die Kugel ein gedankliches Konstrukt sein mag, so sind ihre Eigenschaften nicht einfach gedanklich konstruiert. Das Verhältnis von Oberfläche zu Volumen entspricht 3/r, warum aber nicht 4/r? Woher kommt genau diese Drei?
Ich bin der Ansicht, dass es schlicht und ergreifend an der Natur des Raumes und seiner Geometrie liegt, dass wir hier eine Drei erhalten. Eine genauere Antwort auf die Frage, woher diese Drei kommt, halte ich aus menschlicher Sicht für unmöglich. Es ist einfach so. Und das es so ist, sagt uns die Erfahrung.

Hallo Ben,

es ist so, wie es Muzmuz erklärt hat:

Wenn wir die Definition der Kugel kennen und wissen, wie Oberfläche und Volumen definiert sind, dann ergibt sich folgerichtig das Verhältnis von Oberfläche zu Volumen.

Eine n-dimensionale Kugel vom Radius R ist definiert als der geometrische Ort aller Punkte, die von einem gegebenen Punkt den gleichen "Abstand" R haben. Aus der Definition des Abstandes und der Definitionen von Oberfläche und Volumen folgt die Beziehung

Oberfläche/Volumen = n/R

Damit hast du aus menschlicher Sicht die Antwort auf die Frage, warum das Verhältnis gerade so ist wie es ist.:)

Ich möchte aber noch folgende Bemerkung zu Naturgesetzen anfügen:

Die Naturgesetze gelten jeweils unter bestimmten, oft idealisierten Bedingungen. So z. B. das Trägheitsgesetz von Galilei: Ein Körper bewegt sich geradlinig und mit konstanter Geschwindigkeit, wenn keine äusseren Kräfte auf ihn einwirken. Letzteres ist eine in der Praxis niemals streng erreichbare Bedingung.

Da wir nun hier im Unterforum Philosophie und nicht in einem Mathe-Thread sind, würde ich vorschlagen, das Thema "Naturgesetze" zu diskutieren. Das jetzige Thema "Mathematik: entdeckt oder erfunden" gibt m. E. nicht mehr viel her.

Gruss
Hartmut
 
AW: Mathematik: entdeckt oder erfunden?

Ja, ich stimme dir zu, dass die Kugel tatsächlich ein gedankliches Konstrukt ist, und dass es die perfekte Kugel in der Natur wahrscheinlich nicht gibt. Aber das ändert nichts daran, dass wir dieses Modell aus beobachteten Umständen abgeleitet haben. Warum verhält sich z.B. Kugelvolumen zu Kugeloberfläche r/3? Das ist keine Erfindung...

Wenn es die perfekte Kugel in der Realität nicht gibt, dann gibt es dieses Verhältnis von Kugelvolumen zu Kugeloberfläche in der Realität auch nicht.

Bei keiner einzigen realen Kugel. Es gibt keine reale Kugel.

lg Frankie
 
Eine n-dimensionale Kugel vom Radius R ist definiert als der geometrische Ort aller Punkte, die von einem gegebenen Punkt den gleichen "Abstand" R haben. Aus der Definition des Abstandes und der Definitionen von Oberfläche und Volumen folgt die Beziehung

Oberfläche/Volumen = n/R

Damit hast du aus menschlicher Sicht die Antwort auf die Frage, warum das Verhältnis gerade so ist wie es ist.:)

Ja gut, das leuchtet mir schon ein, aber ich verlangte nicht nach einer Antwort, sondern nach einer genaueren Antwort als die meine, die diese konkrete Formel auf die Struktur des Raumes zurück führt. Deine Erklärung sagt mir im Grunde dasselbe.
Aber das bestimmte Warum bleibt weiterhin ungeklärt. Warum genau so und nicht anders?

Auf dieses Problem stößt man als Naturwissenschaftler genauso. Die Naturwissenschaft jedoch reicht es dankend an die Philosophie weiter. Die Mathematik vermag meines Erachtens ebenso wenig eine Lösung zu liefern wie die Naturwissenschaft.

mfg
Ben

ps: Wir können gerne über Naturgesetze diskutieren...
 
die mathematik definiert, dass ... 3 punkte sind
die 3 selbst, also die zahl selbst, ist schon ein gedankliches konstrukt, welches in der natur nicht vorhanden ist
ebensowenig gibt es in der natur quotienten
wäre die reihe der natürlichen zahlen {1,2,4,3,5,6,...}, und die 4 würde die anzahl der punkte ( ... ) symbolisieren, wäre der quotient für uns dann ebenso selbstverständlich 4/r

die mathematik definiert die kugel
die mathematik definiert ebenso volumen und oberfläche einer kugel
die mathematik definiert rechenoperationen
als folge dieser definitionen ergibt sich, dass V/O einer kugel eben 3/r ergibt

Ich stimme dir zu, die Kugel ist definiert und somit erfunden. Ich stimme dir zu, Volumen und Oberfläche sind definiert und somit erfunden. Und ich stimme dir zu, die Rechenoperationen sind definiert und somit erfunden.
Aber die Ergebnisse dieser Operationen sind keine Defintionen und auch nicht erfunden. Die sind entdeckt. Es spielt in dem Sinn keine Rolle welches Symbol oder welchen Namen wir für die Drei benutzen. Der Gehalt dahinter bleibt immer derselbe und ist von allen Definitionen völlig unberührt, so wie der fallende Apfel von Newton's Gravitationsgesetz.

also ist der umstand, dass V(kugel)/A(kugel) = 3/r ist, keine entdeckung, die wir in natur gemacht haben, sondern eine "entdeckung" innerhalb des mathematischen konstruktes

da die threadfrage aber ist, ob mathematik selbst entdeckt oder erfunden wurde, gilt es, den blick eher auf die definitionen A-D zu richten

Nein, das sehe ich anders. Nicht die Definitionen A bis D sind der eigentliche Gehalt der Mathematik, sondern die zwingenden Aussagen, die Ergebnisse und Resultate sind es, auf die wir meines Erachtens das Augenmerk richten sollten. Und diese sind eben entdeckt und nicht erfunden.
Genauso unwichtig ist es, in welcher Sprache Newton seine Gesetze niedergeschrieben hat. Das Entscheidende ist der Gehalt der Gesetze. Die Wörter und Definitionen, die er benutzt, dienen schließlich nur der Kommunikation. Selbes gilt für die Mathematik. Die Definitionen und Symbole dienen der Kommunikation. Sie mögen erfunden sein, nicht aber die Ergebnisse, auf die wir schließen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn es die perfekte Kugel in der Realität nicht gibt, dann gibt es dieses Verhältnis von Kugelvolumen zu Kugeloberfläche in der Realität auch nicht.

Bei keiner einzigen realen Kugel. Es gibt keine reale Kugel.

lg Frankie

Ja, ich sehe das auch so, aber nichtsdestotrotz bin ich auch folgender Ansicht, die ich schon erläutert habe:

Es spielt keine Rolle, dass dieses Verhältnis in der Natur nirgends ganz genau beobachtet werden kann. Eine perfekte Kugel stellt bloß den einfachsten Fall eines Balles dar. Und auch wenn diese Vereinfachung nur in unserer Phantasie existiert, so sind die grundlegenden Eigenschaften dieses Modells nicht aus unserer Phantasie entsprungen, sondern von beobachteten Dingen abgeleitet. Man hat reale Dinge für menschliche Zwecke vereinfacht und auf diesem Weg Modelle erdacht bzw. erfunden. Die Eigenschaften dieser Modelle jedoch sind nicht erdacht, sondern entdeckt.
 
AW: Mathematik: entdeckt oder erfunden?

nun...ein ball hat eine dünne haut und ist ansonsten hohl; also wäre die mathematische variante des balles nicht eine kugel, sondern eine hohlkugel

erst wenn das mathematische modell die eigenschaften hervorbringt, die mit jenen der damit beschriebenen sachverhalte übereinstimmt, ist es ein gültiges bzw brauchbares modell (selbiges gilt für physikalische theorien)
d.h. am modell wird so lange herumgeschraubt und gefeilt, bis es jene eigenschaften hervorbringt, die der mensch haben will

so wie ein maler an einem porträt herumwerkt, bis es möglichst dem vorbild entspricht
jetzt ist aber das lächeln des gesichtes auf dem bild nicht unmittelbar dort, weil das modell lächelt, sondern weil der maler dieses lächeln auf die leinwand malt, um einen gewissen zweck zu erfüllen
würde er eine feixende fratze malen, hätte das bild seinen sinn nicht oder nur schlecht erfüllt

wenn man sich jetzt frägt, wie das lächeln auf das bild gekommen ist, würdest du sagen, das wäre zwingend, weil das modell lächelt
ich sage hingegen, das ist gar nicht zwingend, denn alleine wenn der maler keine lust gehabt hätte, hätte er das lächeln prinzipiell auch weglassen können
eine vielzahl an anderen gründen (z.b. dem maler geht die farbe aus, und er kann den lächelnden mund nicht mehr malen; analog der mathematik fehlen die mittel, um manche sachverhalte zu beschreiben) können zu unterschieden des bildes zum vorbild führen

d.h. dass ein mathematisches modell die eigenschaften hat, die die vorbilder in der natur haben, ist weder zwingend, noch immer zutreffend

lg,
Muzmuz
 
wenn man sich jetzt frägt, wie das lächeln auf das bild gekommen ist, würdest du sagen, das wäre zwingend, weil das modell lächelt
ich sage hingegen, das ist gar nicht zwingend, denn alleine wenn der maler keine lust gehabt hätte, hätte er das lächeln prinzipiell auch weglassen können
eine vielzahl an anderen gründen (z.b. dem maler geht die farbe aus, und er kann den lächelnden mund nicht mehr malen; analog der mathematik fehlen die mittel, um manche sachverhalte zu beschreiben) können zu unterschieden des bildes zum vorbild führen

d.h. dass ein mathematisches modell die eigenschaften hat, die die vorbilder in der natur haben, ist weder zwingend, noch immer zutreffend

Nein, ich würde nicht meinen, dass das Lächeln am Bild zwingend wäre, wenn das Vorbild lächelt. Der Umstand des Bildes lässt sich meines Erachtens so nicht auf die Mathematik übertragen.
Es mag zutreffen, dass die Mathematik in gewisser Weise auch eine Abbildung von realen Umständen darstellt. In dem Sinne ist dein Vergleich gar nicht einmal schlecht. Jedoch müssen wir hier einen besonderen Umstand der Mathematik noch anmerken. Die Mathematik stellt einen gewissen Wahrheitsanspruch, nicht unbedingt einen Realitätsanspruch, aber einen dennoch entschiedenen Anspruch auf Richtigkeit und Schlüssigkeit. Dieser Anspruch ist kein allgemeiner in der Malerei. Würde jedoch auch der Maler von sich behaupten, er gebe mit seinem Gemälde das Gesicht seiner Frau exakt wieder, dann würde ich es für zwingend halten, dass dieses Bild dem wirklichen aus menschlicher Sicht gleicht. Insofern ist der Maler in seiner Freiheit eingeschränkt, und kann nicht nach Lust und Laune das malen, wonach es ihm beliebt.
Genauso kann auch nicht der Mathematiker nach Lust und Laune Gesetze niederschreiben, wenn er eine mathematisch korrekte Arbeit anstrebt. Selbst wenn der Mathematiker ein eigenes Zahlensystem entwickelt und eigene Rechenoperationen erdenkt, so ist er in seiner Freiheit dennoch eingeschränkt und kann nicht alles Erfundene als korrekte Mathematik verkaufen.
Jegliches mathematische Ergebnis ist meiner Ansicht nach eine Entdeckung. Nur hier kann man von Korrektheit sprechen. Erfundenes auf Korrektheit zu überprüfen ist widersinnig.

nun...ein ball hat eine dünne haut und ist ansonsten hohl; also wäre die mathematische variante des balles nicht eine kugel, sondern eine hohlkugel

Stimmt. Hier gebe ich dir Recht.

mfg
Ben
 
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