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Mathematik: entdeckt oder erfunden?

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AW: Mathematik: entdeckt oder erfunden?

Wenn die Mathematikt entdeckt worden wäre, warum kann man damit Sachen berechnen die praktisch nie existieren könnten???
 
AW: Mathematik: entdeckt oder erfunden?

Wie erklärst du es dir, dass die Mathematik der Maya zu den selben Ergebnissen kommt, wie die unsere? Es muss hier doch eine Gesetzmäßigkeit zugrunde liegen, aus der die Mathematik der Maya und unsere entstanden sind.

der alltag der mayas war der unserer ähnlich
schlafen, aufstehen, essen, feld- oder kriegsarbeit, rituale, soziale kontakte, etc...

das ihre soziale und physikalische welt mit der in griechenland nahezu ident ist, eignet sich wohl eine sehr ähnliche mathematik in beiden fällen am besten


Ich erkenne hier keinen Beweis.
Die Axiome der Mathematik sind ja nicht frei erfunden. Genauso wenig wie die Axiome Newtons. Ich denke sogar, dass diese in der Erfahrung wurzeln. Und wenn nicht in der Erfahrung, so dann aber in der Logik. Aussagen, die für sich beanspruchen, logisch zu sein, können meines Erachtens nicht sinngemäß als "erfunden" bezeichnet werden. Wenn ich sage, es ist wahr, dass es regnet oder nicht, dann ist der Gehalt dieser Aussage ja nicht erfunden. Ob man ihn als "entdeckt" bezeichnen sollte, halte ich für umstritten. Es ist eine logische Konsequenz, aber sicher keine Erfindung. Eben genauso wenig, wie die mathematischen Axiome.
Ein Beispiel: Extensionalitätsaxiom oder Axiom der Bestimmtheit: Zwei Mengen sind genau dann gleich, wenn sie dieselben Elemente enthalten.
Auch wenn hier erfundene Begriffe wie "Menge" oder "Element" benutzt werden, ist die Aussage des Axioms selbst gewiss keine Erfindung. Eine gute Bezeichnung dafür wäre wahrscheinlich "logische Konsequenz".

behauptete auch keiner
ich wies ja auf den unterschied hin
erfunden heißt nicht "frei erfunden"
dass sie der logik unterliegen müssen, ist "logisch" :)
unsere gesamte denkweise basiert auf logik, und was nicht logisch ist, kann von uns nicht verstanden werden
da aber gedankenkonstrukte nicht um ihrer selbst existieren, sondern um dem menschen verständnis zu ermöglichen, unterliegen sie deshalb der logik

wenn du sagst, es sei WAHR, dass es regnet, dann musst du auch vorher schon mal definieren, was WAHR überhaupt heißt
in der natur gibt es kein WAHR oder FALSCH, beides sind gedankliche konstrukte; konkret sind es beurteilungen
in der binären logik sind es definierte zustände, die mit dem alltäglichen WAHR und FALSCH so gut wie nichts gemein haben

das axiom aus der mengenlehre ist auch ein gutes beispiel:
Extensionalitätsaxiom oder Axiom der Bestimmtheit: Zwei Mengen sind genau dann gleich, wenn sie dieselben Elemente enthalten.

dieses axiom ist kein gemeinplatz, wie man auf den ersten blick vermuten möchte
der passus "genau dann" heißt, "ausschließlich dann, aber wenn, dann immer"
das heißt, es gibt neben dem umstand, ob die selben elemente enthalten sind, kein anderes kriterium für die gleichheit zweier mengen, und weiters muss dieses kriterium bei gleichen mengen IMMER erfüllt sein
anders als im alltag, wenn man hört "ihr seid gleich", kann das vieles heißen; es ist nicht eindeutig definiert
eine weitere folge aus dem axiom:
die mengen {1,2,3,4} und {2,1,4,3} sind gleich
das ist auch nicht selbstverständlich, leitet sich erst eindeutig aus dem axiom ab
wir könnten eine mathematik haben, in dem die beiden mengen nicht gleich sind; nämlich eine, in der mengen nur gleich sind, wenn sie die selben elemente in der selben reihenfolge haben
dann müssten wir zusätzlich definieren, wie die elemente einer menge eindeutig zu reihen sind

dass unsere mathematik so ist, wie sie ist, hat schon ihre gründe
diese müssen aber ganz und gar nicht in beobachtungen liegen, aus denen sich die mathematik dann (gar zwingend) ergibt

lg,
Muzmuz
 
Wenn die Mathematikt entdeckt worden wäre, warum kann man damit Sachen berechnen die praktisch nie existieren könnten???

Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Man kann die Mathematik frei benutzen, und dabei die unsinnigsten Dinge berechnen, die es praktisch nicht gibt. Man spielt sich hierbei ja nur mit Gesetzmäßigkeiten, die wir, wie ich das sehe, aus der Natur abgeleitet haben. Die Gesetzmäßigkeiten selbst bleiben jedoch von all unseren gedanklichen Ausschweifungen völlig unberührt, weil all diese Gesetzmäßigkeiten meiner Ansicht nach auch ohne unsere Gedanken existieren würden, also von der Natur vorgegeben sind. Rechnungen selbst sind nicht von der Natur vorgegeben, daher können wir sie frei erfinden. Die Gesetzmäßigkeiten jedoch schon. Auch die Logik hat meines Erachtens nicht der Mensch erfunden. Sie scheint mir viel mehr von der Natur gegeben.
 
behauptete auch keiner
ich wies ja auf den unterschied hin
erfunden heißt nicht "frei erfunden"
dass sie der logik unterliegen müssen, ist "logisch" :)

Ich denke, die Logik ist keine Erfindung des Menschen. Sie ist meines Erachtens etwas Naturgegebenes. Soweit mathematische Gesetzmäßigkeiten nicht direkt von der Natur abgeschaut sind, so, meine ich, sind sie in unserem Geiste aus beobachteten Umstände kompiniert worden. Mithilfe der Logik. Aber auch die Gesetze der Logik sind in dem Sinne keine Erfindungen.
Daher halte ich den Schluss für zwingend, dass selbst die geistige Verarbeitung, die zur Formulierung aller mathematischen Aussagen von Nöten ist, nichts Erfundenes ist. Ich gebe zu, das Verb "entdeckt" mag hier auch unangebracht sein.
Da ich jedoch Erfahrung überhaupt als Voraussetzung allein nur für zählen halte, ist jedes mathematisches Gesetz trotz seiner notwendigen logischen Schlüssigkeit meines Erachtens entdeckt.
 
AW: Mathematik: entdeckt oder erfunden?

die "gesetze der logik" sind quasi der sinn des intellektes
so wie es ein "heiß" ohne sensorik nicht gibt (es sind molekulare bewegungen, die je nach stärke als heiß oder als kalt empfunden werden können), gibt es mMn ohne betrachtenden geist auch keine logik

logik sagt ja "aus a folgt b"
in der natur passieren die dinge a und b aber auch parallel
ob nun a aus b folgt oder b aus a kann man nicht ergründen
ziehen sich massen an, weil es gravitation gibt, oder gibt es gravitation, weil sich massen anziehen ?

da unsere intelligenz (und auch die intelligenz anderer lebewesen) dazu dient, das verhalten zum eigenen vorteil nach ausrichten zu können, bedarf es der logik
"wenn du A tust, wird B die konsequenz sein"
ohne logik wäre die folge "egal, ob ich A tue, wird B geschehen oder auch nicht", was jedes gerichtete verhalten unmöglich und die folgen rein zufällig machen würde
das machte intelligenz obsolet

bakterien schwimmen ziellos herum
sie machen das, was ihr programm ist; für sie existiert keine logik
die logik wird erst durch unsere intelligenz erkannt:
gibt man bakterien futter, gedeihen sie; gift man ihnen gift, sterben sie ab
vorgänge, deren logische verknüpfung es aber intelligenz bedarf
aus der sicht der bakterien passiert es einfach
denn es gibt ja auch hier zwei konträre ansätze der logik:
sterben die bakterien, weil man ihnen gift gibt oder ist das, was man ihnen gibt ein gift, weil die bakterien sterben ? du siehst, die logische katze beißt sich in den schwanz

die logik ist die systematische erfassung von interaktionen
der unterschied der formulierten, menschlichen logik zur natur ist aber die sequenzierung
es passiert A, und DESWEGEN passiert (später) B
diese logik wird aber auch dann genauso angewandt, wenn A und B gleichzeitig passieren...dann ist aber die logische verknüpfung gemäß unserer logischen sätze unsinnig

dass wir also logik beobachten sehe ich analog dem anthropischen prinzip
das besagt, dass wir ein universum beobachten, das intelligentes leben ermöglicht, auch wenn so ein universum noch so unwahrscheinlich sein mag, weil wenn es anders wäre, kein intelligentes leben existieren würde, das jenes universum beobachten und sich über dessen existenz wundern könnte

wir sehen licht, weil wir augen haben
aber trotzdem kann man nicht sagen, dass licht ohne beobachter existieren würde; es ist ein konstrukt im geiste; ohne geist wären es nichts anderes als elektromagnetische wellen mit einer bestimmten wellenlänge
man kann sagen, es gibt licht, denn ohne licht hätte uns die evolution keine augen beschert
aber ohne augen kein licht (weil es sonst ja nur EM-wellen wie radiowellen, wärme-, uv- oder röntgenstrahlen, etc... wäre)
deine analoge aussage wäre, dass das licht an sich real existent sei, unabhängig ob es beobachter gäbe oder nicht
ich sage, das licht ist vom menschen definiert, weil er es sieht
bedenke nur, was licht eigentlich ist, nämlich EM-strahlung von etwa 350-700 nm, was "rein zufällig" jener wellenlängenbereich ist, der vom menschen gesehen werden kann

in einer welt ohne leben oder vielmehr ohne beobachter, passieren die dinge einfach oder auch nicht

so sehe ich intelligenz und logik untrennbar miteinander verknüpft
die siehst logik als art transzendentes naturgesetz, das auch ohne intelligenz existiert
ich sehe das nicht so, weil, wie beim beispiel massenanziehung, nicht beobachtet werden kann, ob "aus A folgt B" oder "aus B folgt A" zutrifft
je nach fragestellung setzen wir (willkürlich) ersteres oder zweiteres voraus, weil unser verstand sonst keinen zugriff hätte
dafür, dass das, was wir voraussetzen tatsächlich existiert, gibt es keinerlei hinweise

der drang oder gar zwang des menschen, logik zu erkennen, führt sogar dazu, eine logik hinein zu interpretieren, wo, nüchtern betrachtet, keine sein kann
z.b. "es blitzt, weil wir gott erzürnt haben"
oder "jetzt haben wir den bus verpasst, weil du es verschrien hast"
oder "wir haben gewonnen, weil wir dafür gebetet haben"

so viel geschreibe könnte man auch in einen satz packen: "geist ist logik, logik ist geist"
die folge daraus ist, dass geist natürlich logik beobachtet, aber auch, ohne geist keine logik
hätte ich aber nur das geschrieben ohne zu erklären, wie ich darauf komme, wäre es nur eine behauptung gewesen

lg,
Muzmuz
 
AW: Mathematik: entdeckt oder erfunden?

Ich muss Dir widersprechen, Muzmuz. "Geist=Logik, Logik=Geist würde bedeuten, dass unterhalb des Logischen (im Sinne gesetzlich geregelter Begriffsverknüpfung) ein Denken nicht möglich wäre.

Tatsächlich denken wir aber nicht logisch. Das diskursive Denken, das Begriffe in geregelten Schritten an einander knüpft, ist lediglich kritisch. Man braucht die Logik überhaupt nicht zum Denken, sondern nur zur Prüfung des Denkens. Das wirkliche, nämlich schöpferische Denken geschieht in einer Kaskade von unfasslichen Bildern. Erst wenn ich "daraus was machen" will - diese oder jene Handlung etwa, oder eine Mitteilung an Andere -, muss ich es feststellen, nämlich festhalten und bestimmen: durch ein Zeichen; am besten eins, das ich aussprechen kann. Und erst dann kann ich die Zeichen nach bewährten Regeln verknüpfen.

Die Wurzel des 'Geistes' muss also tiefer sitzen als die Logik.

(Von Friedrich Schlegel stammt der Aphorismus: "Geist=Absicht".)
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Mathematik: entdeckt oder erfunden?

hei corsario,

mein satz "geist ist logik,logik ist geist" ist nicht mathematisch geist = logik gemeint
der satz soll ausdrücken, dass beides untrennbar miteinander verwoben ist

deine formulierung, dass man die logik nicht zum denken braucht sehe ich als behauptung, dass man keine formulierte logik braucht
dem könnte ich zustimmen

ein hund braucht keine formulierte logik; wenn er hunger spürt, führt ihn sein gehirn (sein denken) dazu, dass er handlungen setzt, um den mangel zu beheben
somit formuliert sein denken logik, die sich in logischen handlungen manifestiert

wäre sein denken nicht logisch, könnte er seine aktionen nicht logisch ausrichten
könnte ein (höheres) lebewesen seine aktionen nicht logisch setzen, könnte es nicht überleben und wäre a priori nicht existent

auch das schöpferische denken ist mit der logik verknüpft:
ergibt sich die fähigkeit zum schöpferischen denken nicht aus den vorteilen desselben ?
brächte es keine vorteile, hätte uns die evolution nicht die fähigkeit zum schöpferischen denken verliehen

d.h. auch wenn denken nicht unbedingt das "sich befassen mit logischen verknüpfungen" bedeutet, ist das denken selbst doch untrennbar mit logik verknüpft

lg,
Muzmuz
 
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AW: Mathematik: entdeckt oder erfunden?

'Logisch' bedeutete bei den ganz alten Griechen lediglich 'das auf den Logos bezogene'. Damit ist alles irgendwie Sinnhafte gemeint, warum nicht auch Bilder? Seit Aristoteles wird unter Logik die Kunst, techné, des richtigen Schlussfolgerns verstanden. Als formale Logik wurde sie von den Scholastikern systematisiert und gewissermaßen 'vollendet'. Gegen Ende des neunzehnten Jahrhunderts wurde sie dann so formalisiert, dass sie gelegentlich wie ein Grenzfall des Mathematischen aussieht.

Die Kunst des Schließens ist nicht das Vermögen des Vorstellens. Um Einfälle zu haben, muss man nicht aus Prämissen Folgerungen ziehen, sondern... einen Einfall haben. Was er taugt, muss dann freilich beurteilt werden; vorausgesetzt, man hat schon einen Zweck, eine "Absicht", für die er taugen soll. Dann braucht man die Logik als einen Kanon, nach dem geurteilt wird. Kann der Einfall nach den Regeln des Kanons nach-"vollzogen" werden, dann taugt der Einfall.

Es dauert also eine ganze Weile, es muss allerhand schon geschehen sein, bevor die Logik zum Zuge kommt.

Die Frage "Ist Mathematik entdeckt oder erfunden ?" ist dieselbe Frage wie: "Ist die Welt logisch aufgebaut?" Weil sich die Welt in einer ganz gewissen Hinsicht in pragmatisch erfundenen mathematischen Sätzen beschreiben lässt, kann der Eindruck entstehen, deren Folgerichtigkeit habe in der Welt schon drin gesteckt. Es ist die Aufgabe philosophischer Kritik, diesen metaphysischen Schein zu zerstreuen.

Ach ja: Und dass das schöpferische Denken uns von "der Evolution" (wer soll denn das sein?!) verliehen wurde, ist mehr als nur eine schiefe Formulierung. Es ist ein durch und durch zweifelhafter Gedanke. Seit unsere Vorfahren von ihren Bäumen herabgestiegen sind und sich auf die Hinterbeine gestellt haben, machen die Menschen ihre 'Evolution' selber. Das schöpferische Denken haben sie nicht entdeckt, sondern erfunden.
(siehe mein Blog, Schätze #5)
 
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