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Machen Theorien klug?

AW: Machen Theorien klug?

D.h. ob wir nun wollen oder nicht, unsere Physis macht aus Fremden immer ihr Eigenes. Dabei wird das, was wir wahrnehmen, selektiert und verändert. Das, was herauskommt, wenn wir sagen, das hat sinngemäß der oder jener gesagt – auch mein momentanes Erläutern – ist immer mein Eigenes. Es mag sich nicht sehr unterscheiden, von dem was der, den ich zitiere, sagt, denkt oder meint, aber es ist verschieden.
Meine Theorie dazu: Dass wir Menschen dazu neigen, zu behaupten, dass das, was man selbst meine, der andere genauso meine, könnte möglicherweise damit zusammenhängen, gemeinsam mit anderen etwas auf die Beine stellen zu wollen
.

Mich nun regen Deine Gedanken wieder an :), sie als Bestätigung für mein ureigenes Anliegen, die zwischenmenschliche Verständigung, zu nutzen: Deine Ausführungen zeigen mMn, wie wichtig eine differenzierte Kommunikation ist, wenn man das wirkliche und nicht das gewünschte gemeinsame level herausarbeiten will um dann, ohne einen anderen gegen seine Absichten zu vereinnahmen, nicht nur zu versuchen, etwas gemeinsames aufzubauen, sondern es auch wirklich zu tun. Das wird dann sehr kompliziert, aber das ist wohl der Preis für eine wirklich demokratische Grundeinstellung auch auf kleinerer Ebene.

Grüße von Kaawi
 
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AW: Machen Theorien klug?

...habe jetzt nicht alles gelesen aber es ist doch ganz einfach, den Dummen
machen Theorien klug genauso wie die Praxis und der Kluge stellt Theorien auf
wie es in der Praxis besser ginge. Das hat mit Wissenschaft noch nicht viel zu
tun aber bei ihr sind die Theorien bewiesen, messbar und somit eine Größe
für alle Menschen verbindlich. Nicht jeder der den Begriff Wissenschaft
verwendet meint bewiesene Theorien, es gibt auch unter dem Begriff
Wissenschaft viele narzisstische Phantasien, nicht nur in der Kunst.
So macht auf jeden Fall die eigene Theorie die man zu 100% beweisen kann und
in der Praxis erprobt hat selbst klüger denn sogar wenn sie scheitern sollte
macht sie auf jeden Fall klüger.

gruß fluuu
 
AW: Machen Theorien klug?

...ureigenes Anliegen, die zwischenmenschliche Verständigung ...: Deine Ausführungen zeigen mMn, wie wichtig eine differenzierte Kommunikation ist, wenn man das wirkliche ... gemeinsame level herausarbeiten will um dann, ohne einen anderen gegen seine Absichten zu vereinnahmen, nicht nur zu versuchen, etwas gemeinsames aufzubauen, sondern es auch wirklich zu tun. Das wird dann sehr kompliziert, ...

Sich mit anderen verständigen zu wollen, scheint mir ein ureigenstes menschliches Bedürfnis zu sein. In unserer Kultur ist es nach meinen Beobachtungen nicht gelungen, dieses Bedürfnis umfassend umzusetzen. Gemeinsames Ergebnis ist meistens ein Kompromiss, also etwas, das keinen wirklich befriedigt. Dieser Umstand und die Selbstverständlichkeit seiner Praxis macht das Finden anderer Konzepte schwierig.

Einem philosophischen Freund verdanke ich Hinweise darauf, dass sich verständigen auf etwas Gemeinsames - er nennt es ‚einigen’ – mindestens zweierlei von den Beteiligten verlangt: Verzicht darauf, davon auszugehen, man wisse, was der andere meine und sich gemeinsam am Gegenstand (Sache, Handlung, Plan...) zu orientieren, über den man sich verständigen möchte.

Könnten diese beiden Basisannahmen, die gleichfalls verhandelbar sind, für Dich ein Start in das Abenteuer ‚sich verständigen’ sein?

manni :)
 
AW: Machen Theorien klug?

... Wissenschaft ... bei ihr sind die Theorien bewiesen, messbar und somit eine Größe für alle Menschen verbindlich. Nicht jeder der den Begriff Wissenschaft verwendet meint bewiesene Theorien, es gibt auch unter dem Begriff Wissenschaft viele narzisstische Phantasien,...

Wissenschaften, die mit Mathematik arbeiten, erwecken oft den Anschein, als seien sie exakt. Möglicherweise stillen Zahlen vielfach das Bedürfnis nach Sicherheit durch wissenschaftliche Ergebnisse. (M.E. sollten Mathelehrer solcher Mythenbildung vorbeugen.) Doch auch in der Physik zeigte sich des öfteren, dass bestimmte mathematische Aussagen nur in einem ganz bestimmten Bereich gelten können. Schon als Schüler fand ich es faszinierend, dass die gleiche Menge Zucker, die in Hamburg 1kg wiegt, auf dem Mount Everest messbar weniger wiegt. Ich zog aus diesen u.a. Ergebnissen den Schluss, dass auch Messbarkeit kein unveränderliches Maß zu sein scheint. Veränderungen an Urmaßen wie Urmeter und Ur-Zeit scheinen auch darauf hinzuweisen. „Alles rieselt!“, sagte dazu Rolf Reinhold – dessen Satz über Impulse ich als Signatur stets anfüge – und meinte damit nichts anderes als das, was schon Heraklit und viele andere Griechen immer wieder feststellten: Alles verändert sich dauernd. Manchmal sind die Veränderungen so minimal, dass sie erst nach langen Zeiträumen merkbar werden.
Heraklit soll übrigens auf die Frage eines anderen nach der Größe der Sonne gesagt haben: „Die Sonne ist so groß wie mein Fuß lang.“ Unüberprüfbaren Berichten zufolge soll er dabei auf dem Rücken in einer Wiese gelegen haben und sein Bein gegen die Sonne gestreckt haben. Sein Fuß bedeckte den Durchmesser der Sonne. Nach Maßgabe seines Fußes scheint mir diese Aussage zutreffend. Mit kleineren Füßen oder anderen Maßeinheiten ergeben sich andere Ergebnisse.
Ich denke, dass die Verbindlichkeit von Theorien darin liegt, dass möglichst viele Menschen ganz bestimmte Maße als verbindlich betrachten. Menschen schaffen sich so Grundlagen, von denen sie gemeinsam ausgehen können. Daraus könnte man folgern: im Grunde scheinen alle Theorien narzistische Theorien zu sein oder?

manni :)
 
AW: Machen Theorien klug?

...dass sich verständigen auf etwas Gemeinsames - er nennt es ‚einigen’ – mindestens zweierlei von den Beteiligten verlangt: Verzicht darauf, davon auszugehen, man wisse, was der andere meine und sich gemeinsam am Gegenstand (Sache, Handlung, Plan...) zu orientieren, über den man sich verständigen möchte.

Könnten diese beiden Basisannahmen, die gleichfalls verhandelbar sind, für Dich ein Start in das Abenteuer ‚sich verständigen’ sein?

Da sind wir ja direkt beim Thema: Theorie und Praxiserfahrung. Ich finde die beiden Grundsatzgedanken plausibel, meine Erfahrung mit Menschen sowohl im privaten als auch im beruflichen Zusammenhang ist nur, dass Rechthaberei auch im Leben anderer eine ausgeprägte Eigenschaft ist. Verzichtet wird darauf lediglich in Beziehungen mit Machtgefälle, z.B. Arzt - Patient, Wissenschaftler - Student etc. Wo Menschen sich auf Augenhöhe begegnen, wird auf das Abweichen des anderen von den eigenen Vorstellungen und Interpretationen in der Regel mit Ungläubigkeit oder eben arroganter Besserwisserei reagiert. Um diese Kluft zu überbrücken bedarf es mMn schon eines Vertrauens, das ermöglicht, die Einstellung des anderen zu hinterfragen, ohne dass dieser sich bedroht fühlt. Leider wird oft in der ersten Euphorie des scheinbaren Sicheinigseins vergessen, dieses Vertrauen vorsorglich für die schwierigen Phasen aufzubauen.

Da, wo es gelingt, den Einigungsprozeß nicht vorzeitig wegen zwischenmenschlicher Zerwürfnisse abzubrechen, übernimmt mindestens eine Person eine Doppelrolle: sie setzt für ein versöhnliches Klima in der Gruppe ein und muss gleichzeitig aufpassen, dass ihre eigenen Vorstellungen nicht untergehen. Ohne offizielle Chefrolle und dazugehörende autoritäre Entscheidungsbefugnisse ist das ein nervenstrapazierendes Unternehmen!

Der direkte Bezug von Philosophie auf alltägliche Lebenssituationen gefällt mir sehr gut, manni, denn "das Große zeigt und verwirklicht sich im Kleinen". Die reflektierende und nach neuen Möglichkeiten suchende geistige Begleitung nimmt dem Alltäglichen die Dumpfheit und dem Vernünftigen die Überheblichkeit!

Grüße von Kaawi
 
AW: Machen Theorien klug?

Wenn ein sog. "Vernünftiger" überheblich ist, ist er nicht vernünftig, sondern - dumm!
Gruß, moebius
 
AW: Machen Theorien klug?

Wenn ein sog. "Vernünftiger" überheblich ist, ist er nicht vernünftig, sondern - dumm!
Gruß, moebius

...oder ignorant, oder lieblos, oder ängstlich- es gibt viele Gründe, sich in eine scheinbar über den Dingen schwebende Vernünftigkeit zu flüchten. Und auf eine bestimmte Situation bezogen und begrenzt mag es ja sogar sinnvoll sein, Hauptsache, man richtet sich da oben nicht ein.

Liebe Grüße von Kaawi
 
AW: Machen Theorien klug?

Ich behaupte: „Nein.“

Erläuterung (ohne Beweisabsicht): Theorien sind Erklärungsmodelle. Und mit einem Erklärungsmodell kann ich erklären, was immer ich damit erklären möchte.

Z.B. erklärt man
  • mit 'Gravitation', dass Dinge fallen. Niemand kann sagen, was Gravitation ist. Selbst Newton soll jedes Lob für diese Erfindung weit von sich gewiesen haben.
  • ‚handeln’ mit Vernunft und Verstand, weil dieses ‚handeln’ eine bestimmte Qualität hat. Niemand kann sagen, was diese Qualität ausmacht.

Hinzu kommt: Erklärungen wie ‚Gravitation’ ‚Vernunft’ und ‚Verstand’ geben vor, zu wissen, worüber man redet und können so anderen vorgaukeln, da wisse einer was, was sie nicht wissen. Da keiner für unwissend gelten möchte, übernimmt man diese Erklärungsmodelle. Andere, die das schon vor ihm getan haben, nehmen ihn in den Kreis der Wissenden auf.

Jeder der dies tut, zahlt dafür einen Preis: Er verzichtet darauf, darüber zu reden, was nicht in die Theorie passt.

Meine Erläuterung hat ebenfalls den Charakter eines Erklärungsmodelles. Es unterscheidet sich von anderen durch meine Bereitschaft es jederzeit zu verändern, weil es sich hier um meine Schlussfolgerungen handelt. Daher ist mein Erklärungsmodell diskursoffen und ich nenne es ‚Erläuterung’.

Nun bin ich gespannt.

manni :)

...ich bekräftige mit Ja!

Also ich bin der Meinung, dass Theorien allein NIEMALS klug machen können, wenn die Theorie nicht in der praktischen Erfahrung zur Symbiose geführt werden kann. Theorien, welche nicht überprüfbar sind, bleiben Theorie und haben keinerlei Anteil an der zu erlebenden Wirklichkeit, dass heißt sie können nicht wirksam werden.

Allerdings ist bei mir das Erlebnis und die Erfahrung ohne Theorie nicht symbiosefähig. Sie stellt bei mir das Fundament der Erlebnisse und Erfahrungen da, denn ohne dem Wissen davon was ich tue und mache, wie ich handel und warum, bleibt das Bewusstsein zurück und die Kluft zwischen der eigenen Wirklichkeit und der Welt als Ganzes vergrößert sich.

Daher halte ich die Theorie für wichtig. Sie ist aber nur dann wichtig, wenn eine Überprüfung in Form einer praktischen Erfahrung als Erlebnis möglich ist.

Lieben Gruß
Axl
 
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AW: Machen Theorien klug?

Da sind wir ja direkt beim Thema: Theorie und Praxiserfahrung. ... Wo Menschen sich auf Augenhöhe begegnen, wird auf das Abweichen des anderen von den eigenen Vorstellungen und Interpretationen in der Regel mit Ungläubigkeit oder eben arroganter Besserwisserei reagiert. ... Der direkte Bezug von Philosophie auf alltägliche Lebenssituationen gefällt mir sehr gut, manni, denn "das Große zeigt und verwirklicht sich im Kleinen". Die reflektierende und nach neuen Möglichkeiten suchende geistige Begleitung nimmt dem Alltäglichen die Dumpfheit und dem Vernünftigen die Überheblichkeit!

Um an Deinen letzten Absatz anzuknüpfen: PHYSISTISCHES PHILOSOPHIEREN ist eine lebens- und damit auch denkumfassende Philosophie. M.E. die EIGENTLICHE PHILOSOPHIE: Sie lebt vom HINSEHEN und von ANNAHMEN. Selbst ihren eigenen Ansatz fasst sie konsequent als ANNAHME auf. Aus meiner Sicht haben das die alten Griechen schon gemacht, bis irgendjemand von ihnen auf die Idee kam, nach ‚wahrer Erkenntnis’ zu fahnden. Dann brauchte bloß noch die VERNUNFT erfunden zu werden, um Systematik in das Lebens zu bringen. Dass dabei viel Lebendiges auf der Strecke blieb, merken wir heute schon ganz deutlich.

PHYSISTISCHES PHILOSOPHIEREN lebt vom Hinsehen auf das Kleine (Alles rieselt!), auf das Mittlere (so ungefähr im Meterbereich, da wo wir keine Verlängerungen unserer Sinne brauchen) und schließlich das Große (Stadt, Staat, Welt, All) und überall macht sie ihre Annahmen.

Bei diesem HINSEHEN finden sich auch Anregungen zu Weisheiten. Weil sie sich dem üblichen Rationalismus nicht verpflichtet fühlen, werden sie Koans genannt – in Ermanglung anderer Wörter, die zum eigenen philosophischen Forschen anregen könnten. Koans sind so was wie rätselhafte Mitteilungen. Im Grund Resümees aus Schlussfolgerungen von Schlussfolgerungen aus durch die Brille von ANNAHMEN Beobachbarem. Mithin Theorien, gewaltig spekulativ - und daher fragwürdig - jedem, der es möchte, zum philosophischen Forschen überlassen.

Zu den von Dir beschriebenen Schwierigkeiten fürs EINIGEN mit Menschen, die aufs Rechthaben und Misstrauen fixiert sind, könnte m.E. folgender Koan Anwendung finden:

Wenn Du in einer Welt leben möchtest, wo einer sich mit dem anderen einigt, dann einige Dich mit einem anderen. Dann lebst Du in einer Welt, wo sich einer mit dem anderen einigt.

manni :)
 
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