Das Konzept gibt es zwar schon länger, aber ich würde Polyamorie nirgendwo als Norm bezeichnen. Auch bei den politisch links Orientierten sehe ich das nicht als Norm an, wobei es innerhalb dieser Gruppierung auch wieder Abstufungen gibt. Es gibt politisch links Orientierte, die weniger radikal als andere sind.
Die Linken, exemplarisch mal Rainer Langhans und die Kommune 1 genannt, lebten und leben ihre Formen des Zusammenseins eher öffentlich, relativ angstfrei aus. Rechte, vielleicht auch kirchennahe oder reaktionär-sektiererische Gruppierungen vollziehen so etwas eher klandestin. Da fällt mir als erstes die Colonia Dignidad ein. Hier wie auch in ähnlichen bekannten Fällen, wurde Sexualität stark reglementiert und kontrolliert. Lediglich die Führungsriegen oder z. B. Sektenoberhäupter sind qua höherer Macht befugt, ihre Triebe frei auszuleben. Polyamorie per Verordnung oder als Bestandteil religiöser Ausübung wurde und wird schon lange toleriert.
"Ein Mensch" schrieb, dass die Normierung der Polyamorie zu gesellschaftlichen Unruhen führen würde. Auf diese Idee bin ich ja noch nie gekommen. Wenn überhaupt, ist doch mittlerweile das Gegenteil der Fall. Die Biologin Marie-Luise Vollbrecht hat gerade ihren Vortrag darüber, dass es in der Biologie unter evolutionären Gesichtspunkten, nur zwei Geschlechter gibt, verschieben müssen. Gender-Aktivist*innen riefen zum Protest auf.
Zwar nicht unbedingt zum Titel des Threads passend, folgend mein derzeitiges Dilemma zu Toleranz, Geschlecht und falsch verstandener politischer Korrektheit:
Habe als Autor und Dichter ein ambivalentes Verhältnis zur Gendersprache, toleriere sie aber eher als viele, vor allem gebildete, Frauen in meinem Umfeld (Noch habe ich es nicht geschafft, ein Gedicht unter dieser Prämisse zu realisieren, selbst zum schwierigen Thema "Phänomenales Selbst Objekt" ging das). Im Radio hörte ich gestern, dass erwogen wird, Heranwachsenden ab 14 Jahren die Wahl über ihr Geschlecht ohne eingehende Prüfung zu überlassen. Wer wie ich, selbst Vater, oder auch einfach durch den "Menschenverstand" darüber sinniert, weiß um die Schwierigkeiten pubertierender Kinder, ihre Rolle inmitten unseres Gemeinwesens zu finden. Wunderbar und kritisch illustriert noch in den letzten Zügen der Serie Lindenstraße. Mir graut nur vor den armen Seelen, die (mal als worst-case) in jugendlicher Weisheit, aus tiefstem Gefühl dem Mann-sein abschworen. Penis ab, Voll-Frau. Und später, Irreversibel, merken dass es doch mehr gibt als das Durchsetzen kindlichen Willens.