scriberius
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AW: Grundsätzliche politische Fragen
ich weiß, dass es ziemlich sinnlos ist, mit dir diskutieren zu wollen, ich versuche es aber dennoch weiter.
ich denke schon, denn jeder von uns sieht die Dinge anders, jeder lebt in einem anderen Biotop innerhalb unserer Gesellschaften, erlebt so eine differente Realität, die zu ganz unterschiedlichen Wahrnehmungen der Lage führen muss. Das individuelle Umfeld prägt die Wahrnehmung gewaltig.
global gesehen ist dem so, auf regionaler bis kontinentaler Ebene nicht. Hier wirken intern Regeln, die kulturell begründet sind oder staatlich festgeschrieben wurden. Und hier liegt der Hase im Pfeffer. Hier wurden Verwaltungsmonster geschaffen, die sich jeder demokratischen Kontrolle entziehen. Was regional noch funktioniert, läuft oben völlig schief. Hier kommt vom Willen der Völker nichts mehr an und es wird nach Gutsherrenart beherrscht und mehr der Wille des Volkes gesteuert, als von der Regierung umgesetzt. Ich weiß nicht, wie du das bezeichnen würdest, aber, das brauchst du ja gar nicht, wenn du es leugnest. Auch das Argument, dass es schon immer so war, ist mickrig. Zur Erinnerung: Wir hatten demokratische Strukturen erreicht. Und wir leben nicht mehr im Kaiserreich. Und wir haben heute erstmalig Technologien zur Verfügung, die die totale Überwachung und Steuerung einer Gesellschaft ermöglichen.
nein, nicht so herum, es ist keine Absicht. Aber es ist ihnen egal, sie lassen uns nur so viel übrig, wie es ihren Zielen dienlich erscheint. Will sagen: so lange sie durch uns noch wirtschaftliche Vorteile generieren können, gestehen sie uns noch etwas mehr Teilhabe zu, anders, als z.B den Menschen in der 3.Welt, die ihnen völlig schnurzpiepegal sind. Uns brauchen sie noch, denn sie sind ja Teil unserer Welt, können exorbitante Vorteile daraus ziehen, dass sie die regionalen Unterschiede politischer und wirtschaftlicher Art für sich nutzen, also etwa dass sie sich Steuerparadiese für ihren Firmensitz aussuchen können, von dort aus uns hier als Kunden bedienen, die (noch) höchste Preise zahlen, während die Produzenten anderswo ausgesaugt werden. Deshalb sehe ich uns hier auch in der Verantwortung, diesem zersetzenden Treiben zu begegnen. Allein wir hätten theoretisch die Macht dazu, werden aber praktisch durch die selben Leute gesteuert, weshalb es sich immer weiter zuspitzt.
Was du vertrittst, ist bestenfalls als fatalistische Sichtweise zu bewerten, derart, dass es immer zum Schlimmsten kommen muss, weil einfach die Mächtigen nicht bereit sind, gegenzusteuern. Und das erleben wir seitdem ich politisch interessiert bin. Nicht eine einzige Entwicklung wurde wirksam bekämpft oder gestoppt, es wird immer nur Geld hin- uns hergeschoben, das die vorgegebene Wirkung niemals erzielt. Was aber immer klappt, ist die Verschiebung staatlicher Mittel in bereits überquellende Taschen. Die heutige Lage ist nur noch als Bankrotterklärung unserer Staaten zu bezeichnen, die sich von der Finanzmafia kaufen ließ und nun machtlos alles hinnehmen müssen, was abgeht. Die Abwärtsspirale zu leugnen zeugt von grandioser Blind- und Dummheit. Und das immer wieder repetierte Mantra, es ginge uns doch so gut, ich kann es nicht mehr hören. Die Offiziere der Titanic haben es sicher auch bis ganz zum Schluss so versucht. Und die Naziführer im Mai 1945. Und die SED-Bonzen 1989.
das sehe ich nicht so, denn die Zeit der Teilhabe breiter Bevölkerungsanteile ist bereits vorbei, auch wenn noch eine gewisse Teilmenge (zu der wir Beiden sicher auch gehören) es zu einem kleinen Vermögen gebracht haben. Dieser "Systemfehler" wird ja auch gerade behoben, die schleichende Enteignung läuft. Die Jüngeren haben kaum noch eine Chance, aus dem Sumpf des Existenzminimums herauszukommen. Es gelingt einem kleinen Prozentsatz, der Masse aber nicht. Die MIttelschicht schmilzt dahin, und mit ihr der soziale Frieden.
na ja, das ist doch nicht mehr, als gerecht, oder? Wenn die Privatinsolvenz die letzte Ausfahrt vor dem Sprung von der Brücke ist? Was Unternehmen möglich ist, und im großen Stil wird es ja ohnehin sozialisiert, also den Privatpersonen aufs Auge gedrückt.
nein, ich vergleiche nur meine real erlebte Situation heute mit der von vor 30 Jahren. Und dabei fällt auf, dass sich bei ständigem Wachstum, die allgemeinen Lebensbedingungen immer weiter verschlechtern, und zwar nicht subjektiv gefühlt, sondern ganz konkret derart, dass die Einkommen sinken und die Preise (für das Unverzichtbare, also Mieten, Energie, usw) ständig steigen. Die daraus resultierenden negativen Effekte muss ich jetzt nicht wirklich wieder aufzählen, möchte aber anmerken, dass dies immer wieder mit Hinweis auf den arithmetischen Durchschnitt bestritten wird, der verschweigt, dass dieser nominelle Zuwachs nur ganz Wenigen zugute kommt und am übergroßen Rest vorbei geht, begleitet von einem beispiellosen Streichkonzert am Sozialstaat. Mein höchstes Einkommen bezog ich 1996, seitdem geht es bergab. Und das ist typisch, für sehr viele Leute hier in Deutschland.
ich weiß, dass es ziemlich sinnlos ist, mit dir diskutieren zu wollen, ich versuche es aber dennoch weiter.
Ich denke nicht, dass wir die heutige Situation in unseren Regionen anders sehen, sie jedoch anders beurteilen.
ich denke schon, denn jeder von uns sieht die Dinge anders, jeder lebt in einem anderen Biotop innerhalb unserer Gesellschaften, erlebt so eine differente Realität, die zu ganz unterschiedlichen Wahrnehmungen der Lage führen muss. Das individuelle Umfeld prägt die Wahrnehmung gewaltig.
Dass die gesellschaftliche Welt ziemlich "unsteuerbar" ist, sehe ich auch. Für mich mit ein Grund, warum Verschwörungsszenarien, in denen einige Wenige die Welt genau so steuern würden wie sie wollten, und das auch noch verdeckt, äußerst unrealistisch sind.
Die Aufspaltung der Welt in Herren und Habenichtse ist keine "Erfindung der Neuzeit" ode rüberhsaupt der Zivilisation. Sie liegt in der Natur der Sache und die Zivilisation, zumindest in unseren Breiten arbeitet dagegen. Einmal mit mehr, einmal mit weniger Erfolg.
Wie es sonst sein könnte verrät ein Blick in andere Weltregionen oder noch besser ein Blick in die Geschichtsbücher (siehe industrielle Revolution und die Situation der damaligen Arbeiter).
global gesehen ist dem so, auf regionaler bis kontinentaler Ebene nicht. Hier wirken intern Regeln, die kulturell begründet sind oder staatlich festgeschrieben wurden. Und hier liegt der Hase im Pfeffer. Hier wurden Verwaltungsmonster geschaffen, die sich jeder demokratischen Kontrolle entziehen. Was regional noch funktioniert, läuft oben völlig schief. Hier kommt vom Willen der Völker nichts mehr an und es wird nach Gutsherrenart beherrscht und mehr der Wille des Volkes gesteuert, als von der Regierung umgesetzt. Ich weiß nicht, wie du das bezeichnen würdest, aber, das brauchst du ja gar nicht, wenn du es leugnest. Auch das Argument, dass es schon immer so war, ist mickrig. Zur Erinnerung: Wir hatten demokratische Strukturen erreicht. Und wir leben nicht mehr im Kaiserreich. Und wir haben heute erstmalig Technologien zur Verfügung, die die totale Überwachung und Steuerung einer Gesellschaft ermöglichen.
Meinst du mit der unterstellten Absicht, dass jemand wirklich wollte, dass es dem Durchschnitt schlechter ginge ?
nein, nicht so herum, es ist keine Absicht. Aber es ist ihnen egal, sie lassen uns nur so viel übrig, wie es ihren Zielen dienlich erscheint. Will sagen: so lange sie durch uns noch wirtschaftliche Vorteile generieren können, gestehen sie uns noch etwas mehr Teilhabe zu, anders, als z.B den Menschen in der 3.Welt, die ihnen völlig schnurzpiepegal sind. Uns brauchen sie noch, denn sie sind ja Teil unserer Welt, können exorbitante Vorteile daraus ziehen, dass sie die regionalen Unterschiede politischer und wirtschaftlicher Art für sich nutzen, also etwa dass sie sich Steuerparadiese für ihren Firmensitz aussuchen können, von dort aus uns hier als Kunden bedienen, die (noch) höchste Preise zahlen, während die Produzenten anderswo ausgesaugt werden. Deshalb sehe ich uns hier auch in der Verantwortung, diesem zersetzenden Treiben zu begegnen. Allein wir hätten theoretisch die Macht dazu, werden aber praktisch durch die selben Leute gesteuert, weshalb es sich immer weiter zuspitzt.
Was du vertrittst, ist bestenfalls als fatalistische Sichtweise zu bewerten, derart, dass es immer zum Schlimmsten kommen muss, weil einfach die Mächtigen nicht bereit sind, gegenzusteuern. Und das erleben wir seitdem ich politisch interessiert bin. Nicht eine einzige Entwicklung wurde wirksam bekämpft oder gestoppt, es wird immer nur Geld hin- uns hergeschoben, das die vorgegebene Wirkung niemals erzielt. Was aber immer klappt, ist die Verschiebung staatlicher Mittel in bereits überquellende Taschen. Die heutige Lage ist nur noch als Bankrotterklärung unserer Staaten zu bezeichnen, die sich von der Finanzmafia kaufen ließ und nun machtlos alles hinnehmen müssen, was abgeht. Die Abwärtsspirale zu leugnen zeugt von grandioser Blind- und Dummheit. Und das immer wieder repetierte Mantra, es ginge uns doch so gut, ich kann es nicht mehr hören. Die Offiziere der Titanic haben es sicher auch bis ganz zum Schluss so versucht. Und die Naziführer im Mai 1945. Und die SED-Bonzen 1989.
Ich denke das wurde möglich bzw unvermeidbar, weil der "normale Arbeitnehmer" von heute nicht der selbe ich wie vor 50 Jahren. Auch der "normale Arbeitnehmer" hat ein zumindest bescheidenes Vermögen, ist Anleger, also auch in seinem bescheidenen Umfang Kapitalist. Der tagelöhnergleiche Arbeitnehmer, der früher der "Normalzustand" war, ist heute die Ausnahme.
In Österreich gibts es schon eine Partei, die sich an die Fahnen heftet, die Interessen der sich machtlos fühlen Arbeite zu vertreten, es sind die Freiheitlichen. Die stehen aber politisch nicht so weit links wie die Sozialisten vergangener Tage.
das sehe ich nicht so, denn die Zeit der Teilhabe breiter Bevölkerungsanteile ist bereits vorbei, auch wenn noch eine gewisse Teilmenge (zu der wir Beiden sicher auch gehören) es zu einem kleinen Vermögen gebracht haben. Dieser "Systemfehler" wird ja auch gerade behoben, die schleichende Enteignung läuft. Die Jüngeren haben kaum noch eine Chance, aus dem Sumpf des Existenzminimums herauszukommen. Es gelingt einem kleinen Prozentsatz, der Masse aber nicht. Die MIttelschicht schmilzt dahin, und mit ihr der soziale Frieden.
Die Situation ist nicht schön, aber um sie wirklich beurteilen zu können fehlt mir der genaue Durchblick (und ich fürchte, auch dir). Aber auch bei Privatkonkursen ist es so, dass jemandem, der Schulden hat, ein haufen Geld letztendlich geschenkt wird. Die Gläubiger tragen den Schaden. Mit ein Grund, warum geliehenes Geld verzinst wird.
na ja, das ist doch nicht mehr, als gerecht, oder? Wenn die Privatinsolvenz die letzte Ausfahrt vor dem Sprung von der Brücke ist? Was Unternehmen möglich ist, und im großen Stil wird es ja ohnehin sozialisiert, also den Privatpersonen aufs Auge gedrückt.
Zum Abschluss zurückkommend auf die einleitende Frage:
Ich denke wir beurteilen sehr unterschiedlich, weil du die beobachtete Situation mit deiner Idealvorstellung vergleichst. Da die Realität dabei verlieren muss, tut sie das auch. Ich vergleiche sie sowohl mit meinen Idealvorstellungen aber auch mit anderen Realen Situationen. Und dadurch komme ich zu einem zweiseitigen Schluss. Nämlich, dass vieles verbesserungswürdig ist, aber auch dass es uns verglichen mit dem überwiegenden Großteil der Weltbevölkerung und verglichen mit anderen Zeiten sehr sehr gut geht.
nein, ich vergleiche nur meine real erlebte Situation heute mit der von vor 30 Jahren. Und dabei fällt auf, dass sich bei ständigem Wachstum, die allgemeinen Lebensbedingungen immer weiter verschlechtern, und zwar nicht subjektiv gefühlt, sondern ganz konkret derart, dass die Einkommen sinken und die Preise (für das Unverzichtbare, also Mieten, Energie, usw) ständig steigen. Die daraus resultierenden negativen Effekte muss ich jetzt nicht wirklich wieder aufzählen, möchte aber anmerken, dass dies immer wieder mit Hinweis auf den arithmetischen Durchschnitt bestritten wird, der verschweigt, dass dieser nominelle Zuwachs nur ganz Wenigen zugute kommt und am übergroßen Rest vorbei geht, begleitet von einem beispiellosen Streichkonzert am Sozialstaat. Mein höchstes Einkommen bezog ich 1996, seitdem geht es bergab. Und das ist typisch, für sehr viele Leute hier in Deutschland.