Ich hab's anders verstanden. Nirvana ist das Heraustreten aus dem Wirkkreis der karmischen Kräfte. Karma führt dazu, dass man wiedergeboren wird, ist selbst aber nicht die Kette, sondern das dahinterstehende Prinzip. Letztlich ist es das Prinzip von Ursache und Wirkung: Jedes Ereignis übt als Ursache unweigerlich eine Wirkung aus, welche selbst wiederum Ursache für weitere Wirkung ist. Damit bezeichnet Karma eine Art "Kausalprinzip" der Welt, oft ist damit aber auch gewissermassen ein "moralisches Kausalprinzip" gemeint, nach der Idee "Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem andern zu." Bzw: Wenn du Leid erzeugst, dann ist das eine Ursache, welche ihre Wirkung entfaltet. Gemäss den Regeln des Lebens fällt aber oft (bzw. nach der karmischen Idee immer) ausgeübtes Leid letztlich auf uns selbst zurück, vielleicht nicht unbedingt in diesem oder dem nächsten Leben, aber irgendwann mit Sicherheit. Der Tod unserer Persönlichkeit tut da überhaupt nichts zur Sache, weil das "karmische Gesetz" vollkommen unpersönlich ist, ganz ähnlich den Naturgesetzen aus der Physik. Egal ob wir tot sind oder nicht, diese Kräfte wirken trotzdem weiter.Gisbert Zalich schrieb:Nirwana heißt exakt übersetzt: "die erloschene Flamme". Das Erreichen des Nirwana ist das Heraustreten aus der Geburtenkette. Was heißt das anderes als: der Tod?
Gysi
Wer also noch viel (schlechtes) Karma mit sich herumträgt, der besitzt sozusagen einen Impuls, welcher ihn ins nächste Leben katapultiert. Der Mensch ist nicht in Lage, ganz zu erlöschen, d.h. seine wahre Natur (Buddha-Natur) vollständig zu verwirklichen, er klammert sich allzu stark an das, was er fälschlicherweise als "mein Leben" betrachtet. Dies ist nun Ursache genug, ihn wieder in ein nächstes Leben zu "werfen". Und so geht das weiter und weiter - bis er irgendwann das Spiel einsieht und eine derart grosse Güte und Gelassenheit gegenüber dem üblen Spiel entwickelt, dass er sozusagen den Schwung aus der ganzen Bewegung nimmt. Er vermeidet dann ganz automatisch, dass er weiter schlechtes Karma auf sich lädt und schafft günstige Voraussetzungen, sich vollends aus dem Kreislauf von Ursache und Wirkung zu befreien. Es kommt der Punkt, an welchem er das schafft, das ist das vollständige Erlöschen all seines Klammerns an irgendwelche Dinge materieller oder immaterieller Natur. Dies ist ein Zustand von absoluter Gleichmütigkeit, und deshalb kann er alles mit einer heiteren Gelassenheit und Güte sondergleichen betrachten. Das ist das Erreichen von Nirvana.
Ein Tod ist das in gewissem Sinne schon, aber es ist eher ein metaphysischer Tod. Ein Mensch kann in seinem Leben erleuchtet werden völlig ohne dabei physisch zu sterben. Was im Moment der Erleuchtung stirbt ist das verhaftete Ich, quasi das Ego, welches ständig will und greift und klammert und dabei nur unsägliches Leid anhäuft und erschafft.
Das ist ungefähr die Idee, wie ich sie verstanden habe.