AW: Gedanken zur menschlichen Würde
Diethelm der leider schon seit längerer Zeit sich hier im Forum nicht mehr zeigt, schrieb einmal sinngemäß, dass Hunger und Hungertod - er bezog sich natürlich auf die ganze Welt - auch als eine andere Form von Abu Ghraib bezeichnet werden könnten.
Angebracht erscheint es mir, hier
Brecht aufwarten zu lassen.
Es gibt viele Arten zu töten.
Man kann einem ein Messer in den Bauch stechen,
einem das Brot entziehen, einen von einer Krankheit nicht heilen,
einen in eine schlechten Wohnung stecken,
einen zum Selbstmord treiben,
durch Arbeit zu Tode schinden,
einen in den Krieg führen usw.
Nur weniges davon ist in unserem Staate verboten.
Der direkte Mord - das Eindringen einer Klinge in menschliches Fleisch, das Quetschen der Luftröhre, das Unterwasserdrücken eines Leibes - sticht uns ins Auge. Er verstoße einzig und alleine gegen die Würde des Menschen. Fast ist es so, als müsse der Tod spektakulär herbeigeführt werden. Als über 100.000 Menschen von einer Welle weggespült wurden, nahm die gesamte Welt daran Anteil. Diejenigen, die still und zurückhaltend in Lazaretten sterben, an heilbaren Krankheiten, an Hunger, werden kaum beachtet.
Zynisch darf festgehalten werden: Soll eine Flut der Anteilnahme losgelassen werden, so muß der Tod außergewöhnlich gestaltet sein, ein banales Hungern reicht nicht aus. Das schleichende Elend kann ertragen werden, doch wirkt es plötzlich auf uns ein, wird der Einzelne von gleich auf jetzt ins Elend geworfen, so nehmen wir mitfühlend anteil.
Den Worten
Miriams will ich mich anschließen.
Zuerst das Fressen, dann die Moral. Würde ist ein hinfälliger Begriff, wo einzig und alleine das Abstraktum Seele damit konfrontiert wird. Es gibt keine Würde ohne ein Leben, bei dem es am Notwendigen und Nötigen nicht mangelt.
Doch bleibt die Definition der Würde durch das Recht auf Arbeit ein Problemfall. Arbeit sichert nicht die Würde des Menschen. Provozierend muß man in den Raum stellen: Verbreiteten Arbeitslager verschiedenster Färbung - ob nun KZ oder Gulag -, den angenehm-süßlichen Duft menschlicher Würde?
"Arbeit macht frei" oder: Arbeit verleiht die Würde der Freiheit.
Das sein Nazenspruchen gewesen! - Arbeit verleiht zunächst nichts, außer Qualen, Blasen an den Händen und das unerträgliche Gefühl von Ausbeutung.
Arbeit, die Lebensunterhalt sichert, kann mit dem Würdebegriff aber vereinbart werden. Ohne diesen Zusatz, erscheint mir gerade das Gegenteil gegeben. Im Schweiße seines Angesichts schuften, dann aber hungern, kränkeln und mangelhaft gekleidet sein - was soll daran würdevoll sein?