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Gedanken zur menschlichen Würde

AW: Gedanken zur menschlichen Würde

Nun möchte ich versuchen einige Gedanken zum anderen Aspekt den ich im vorigen Beitrag erwähnte, zu fassen:
Arbeit und menschliche Würde.


Roberto schrieb:
Doch bleibt die Definition der Würde durch das Recht auf Arbeit ein Problemfall. Arbeit sichert nicht die Würde des Menschen. Provozierend muß man in den Raum stellen: Verbreiteten Arbeitslager verschiedenster Färbung - ob nun KZ oder Gulag -, den angenehm-süßlichen Duft menschlicher Würde?

"Arbeit macht frei" oder: Arbeit verleiht die Würde der Freiheit. Das sein Nazenspruchen gewesen! - Arbeit verleiht zunächst nichts, außer Qualen, Blasen an den Händen und das unerträgliche Gefühl von Ausbeutung.

Roberto, wenn ich doch behaupten werde, dass Arbeit und Würde eng verbunden sind, dann beziehe ich mich natürlich nicht auf zynische Auswüchse wie "Arbeit macht frei." Auch nicht auf Sklavenarbeit (die übrigens auch heute noch besteht).

Wenn Würde ein Begriff ist der für uns mehr oder weniger Abstrakt ist, dann ist im Gegensatz, Arbeit etwas sehr konkretes und bestimmt unser Leben nicht nur weil sie unsere materielle Lebensgrundlage ausmacht. Nein, sie verleiht uns auch einen Teil unserer Persönlichkeit – vielleicht ist sie das was uns am meisten zum sozialen Wesen macht, welches in einer Gesellschaft integriert ist.

Auch wenn man manche Formen der Arbeit im Grunde genommen als einen entwürdigenden Akt der Gewalt betrachten sollte, dann kann auch Arbeitslosigkeit ein solcher werden. Nicht nur gegenüber dem betroffenen Arbeitslosen kann er dies sein – bei Gesellschaften mit hoher Arbeitslosigkeit, stellt man ein Anwachsen der Gewalt fest. Je krasser die Gewinnmaximierung im Mittelpunkt des Bestrebens der Konzerne steht, wird der Arbeitsmarkt zunehmen zu einem Kampfplatz, die Gesellschaft bewegt sich immer mehr vom Miteinander das ja eine Gemeinschaft ausmachen sollte, zum Gegeneinander.

Doch nicht immer bedeutet das Schaffen von neuen Arbeitsplätzen auch einen Ausweg aus der Armut. Viele die zum Beispiel einen Arbeitsplatz finden und durch Mindestlohn bezahlt werden, können die Armutsgrenze nicht überschreiten. Ziel einer Wohlstandsgesellschaft müsste es im Grunde genommen sein, die Grenzen zwischen unterschiedlichen Schichten durchlässiger und nicht Unüberwindbar werden zu lassen. Auch das hat viel mit menschlicher Würde zu tun.

Es ist nicht Sinn dieses Themas Auswege aufzuzeigen aus diesem Dilemma. Doch wir sollten den Bezug herstellen zwischen menschlicher Würde und die Grundbedürfnisse die diese garantieren, weil sie eigentlich zu den Rechten des Menschen gehören.


"Arbeitslosigkeit ist ein Gewaltakt, ein Anschlag auf die körperliche und seelisch - geistige Integrität der davon betroffenen Menschen. Das Ringen um eine zukunftsfähige Arbeitsgesellschaft ist deshalb keine bloß akademische Auseinandersetzung, sondern ein Kampf um Herrschaftsinteressen, um die Zukunft der Demokratie."
Zitat aus Oskar Negt : Arbeit und menschliche Würde

Negt nennt als eine der Hauptursachen für den Verlust dieser unabdingbaren Voraussetzung zur menschlichen Würde den "großen Globalisierungsbetrug" und zeigt auf, dass die Schere zwischen Reich und Arm ständig mehr auseinander klafft, da im Mittelpunkt des Interesses immer mehr die Tendenzen des Kapitals, z.B. die Profitmaximierung, steht.

Oskar Negt warnt eindringlich vor den Missständen die er in der heutigen globalisierten Welt feststellt und appelliert an die Menschen sich endlich auf eines der wichtigsten Werte zu besinnen – auf ihr moralisches Kapital.

Auch auf ein anderes Grundrecht der Menschen das eng verbunden ist mit Arbeit weist noch Oskar Negt hin: das Recht aber auch die Unabdingbarkeit von Bildung. Denn aus diesem Vorrat den sich der Mensch rechtzeitig anlegen sollte, speist sich zum Teil die Möglichkeit der Arbeit.
Nun ist natürlich die so genante Prekarisierung der Elterngeneration, sehr oft das Hindernis sich Bildung anzueignen für die jüngere Generation.

Es zeigt sich also wie einige Grundrechte des Menschen eng miteinander verknüpft sind, so wie gerade erwähnt Arbeit und Bildung – und auch diese müssen den Menschen garantiert werden um ihnen ihre Würde nicht zu nehmen.


 
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AW: Gedanken zur menschlichen Würde

Arbeit, die Lebensunterhalt sichert, kann mit dem Würdebegriff aber vereinbart werden. Ohne diesen Zusatz, erscheint mir gerade das Gegenteil gegeben. Im Schweiße seines Angesichts schuften, dann aber hungern, kränkeln und mangelhaft gekleidet sein - was soll daran würdevoll sein?
Schweißtreibende, auch krank machende Arbeit mit Würdelosigkeit zu verbinden finde ich etwas zu weit hergeholt, wenn man von den Strafarbeiten mal absieht, die "entwürdigend" sind. Arbeit kann aber die nötigen Grundlagen schaffen für ein würdevolles Leben, wenn man Arbeit mit Würde verknüpfen möchte. Sie kann so gesehen "den Lebensunterhalt sichern".

Der Nationalsozialismus oder die Diktaturen (vgl. Gadaffi und sein Menschenspiel mit den bulgarischen Krankenschwestern!), die auf die Menschenwürde wenig Rücksicht nehmen bzw. diese überhaupt verneinen ("Untermenschen"), erscheinen vielen von uns zu weit weg, um sich darüber allzu sehr Gedanken machen zu müssen.
Dabei sind wir im Alltag doch immer wieder mit dieser Frage konfrontiert. Politiker, die andere Menschen beschimpfen und sogar richtiggehend entblößen (nackt ausziehen), verlieren selbst an Würde und müssen das am Wahltag bezahlen. So glaubt man es zumindest, aber wir haben es auch schon ganz anders erlebt, solche Politiker haben dann sogar zugelegt. Ist uns die Menschenwürde egal, wenn sie nicht gerade uns persönlich betrifft?

Wenn wir von unserem Egoismus zu sehr bestimmt werden, wenn uns andere Interessen wichtiger sind, dann wird die Menschenwürde sehr leicht ignoriert oder mit allen möglichen Ausreden verharmlost. Die Würde des anderen Menschen wird dann zu wenig geschätzt oder falsch eingeschätzt. Dabei haben wir Menschen als einziges Lebewesen die Fähigkeit, uns selber und unser Tun sozusagen "von außen" sehen zu können und dadurch Werte (zb. "Würde") zu setzen. Dadurch ist uns die Fähigkeit gegeben, Ehrfurcht zu haben vor dem, was über uns, was neben uns und was unter uns ist (frei nach Goethe).

Dadurch ist uns aber auch eine Verantwortung gegeben, die Tiere nicht haben können. Auch Tiere haben eine Würde. Zumindest haben wir sie ihnen gegeben, wir nehmen sie ihnen aber auch sehr oft wieder: Wenn Löwen hinter Gittern Männchen machen oder wenn Rinder bei Tiertransporten Höllenqualen leiden müssen, verletzen wir die Würde des Tieres.

Und wir verletzen die Würde der Natur! Die Naturkatastrophen nehmen zu, verheerende Brände werden aus Macht- und Habgier gelegt, dass uns allen immer mehr angst und bange werden kann. Wenn Menschen um das Überleben bei Flut oder bei Hitze und Dürre kämpfen und dadurch ein Leben unter jeder Würde fristen müssen, dann verstehen wir vielleicht besser die Ureinwohner: Sie gestehen auch den Bäumen, Flüssen, Seen und Bergen eine Würde zu!

lg
Andreas
 
AW: Gedanken zur menschlichen Würde

Die Würde des Menschen ist antastbar. Wäre sie es nicht, bedürfe es keiner Gesetzgebung diesbezüglich.

Hallo Roberto,

der klare und schöne Fluß Deiner Worte mag unsere Vernunft wohl unweigerlich zu dieser (allgemein verbreiteten) Aussage führen, aber wie Du schon selbst mit dem Begriff "Vorab-Würde" andeutest, umhüllt die "Würde des Menschen" eine Größe, die unseren Verstand bei weitem übersteigt. Ich persönlich habe diese unfassbare Größe versucht im Wort "DEUS DIGNITAS EST" zu bündeln. Die Menschenwürde ist für mich von daher unantastbar (=Wesensmerkmal).

Dagegen sehe ich es durchaus ebenfalls gegeben, dass der Mensch durchaus in seiner Würde verletzt werden kann und darauf sogar sehr empfindlich reagiert (bezeichne dies aber als Verletzung der "sozialen Würde", Begriff der "Ehre" ist in diesem Zusammenhang ebenfalls von Bedeutung).
So verweist beispielsweise F.J. Wetz in seinem gründlichen Werk "Illusion Menschenwürde" auf ein Handbüchlein von Pufendorf mit dem Titel Über Menschen- und Bürgerpflicht nach dem Naturgesetz. Da heißt es: "Der Mensch ist ein Lebewesen, das nicht nur aufs eifrigste auf Selbsterhaltung bedacht ist, sondern dem auch eine ziemliche empfindliche Selbstachtung angeboren ist: wenn denn diese irgendwie beeinträchtigt wird, dann pflegt er sich oft nicht weniger zu erregen als über einen seinem Körper oder seiner Habe zugefügten Schaden. Ja allein schon in dem Wort Mensch offenbart sich, dass in ihm eine besondere Würde liegt." (S. 40, 2005)

Da Du selbst die Unterscheidung "Wesensmerkmal" und "Gestaltungsauftrag" verwendest, gehe ich einmal davon aus, dass Du wohl auch Wetz oder in der Wikepedia gelesen hast?

Der Ansatz "Wesensmerkmal" - "Gestaltungsauftrag" ist meiner Einsicht nach richtig und sehr hilfreich. Jedoch drehen wir uns in unserem Denken im Kreise, wenn wir eine andere ebenfalls alles umfassende Größe nicht mitbedenken. Wir müssen nämlich lernen "WÜRDE" und "LIEBE" in unserem Denken zusammenzubringen - genauso, wie wir das hoffentlich auch bei "Rechten" und "Pflichten" tun. Diese untrennbare Verbindung zwischen "WÜRDE" und "LIEBE" gilt es gerade in unseren Tagen neu durchzubuchstabieren. Nur so werden wir im Stande sein, unser so hilfloses gedankliches Kreisen um die "Würde des Menschen" aufzugeben und unser Bewußtsein hin zum wahren Horizont menschlichen Seins zu erweitern.

Also: Ohne Würde keine Liebe!
(was ich damit ganz persönlich verbinde, mehr dazu unter www.muvana.de)

Was will ich nun hier zum Ausdruck bringen?
Wenn wir hier vom "Gestaltungsauftrag" reden, dann geht es doch letztendlich darum, dass die Menschen durch entsprechende äußere Strukturen ihrer Gesellschaften (= Staat, der sozusagen die "Grammatik der Gesellschaft" ist, um es im Kontext des Linguistic Turn zu benennen), also gesellschaftlicher Bildung und Erziehung und persönlicher Bildung und Erziehung (=normalerweise durch die Familie) einen Lebenraum zu schaffen, in dem jeder Mensch das zu entfalten vermag, zu dem er seinem innersten Wesen nach bestimmt ist: Geliebt zu werden und zu lieben - also zu erfahren und zu lernen, was die "LIEBE" (zu sich selbst und zum anderen Menschen) stark macht!

Zusammenfassung,
wie ich ganz persönlich die "Würde des Menschen" versuche zu bedenken:

Wesensmerkmal: Der von Gott geliebte Mensch (vgl. Psalm 8,4-6)


Gestaltungsauftrag: z.B. "Goldene Regel" (vgl. dazu www.weltethos.de), die "Zehn Gebote" bis hin zur "Feindesliebe" (Mt 5,43-45),
muß z.B. vom deutschen Staat durch den vorstaatlichen Artikel 1,1 GG wahrgenommen werden, indem der Polizist oder Soldat sogar seinem Feind noch das grundlegendste an Achtung und Respekt entgegenbringen muß.

Gruß Franz
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Gedanken zur menschlichen Würde

Also: Ohne Würde keine Liebe!
(was ich damit ganz persönlich verbinde, mehr dazu unter www.muvana.de)

Zusammenfassung,
wie ich ganz persönlich die "Würde des Menschen" versuche zu bedenken:

Wesensmerkmal: Der von Gott geliebte Mensch (vgl. Psalm 8,4-6)

Gestaltungsauftrag: z.B. "Goldene Regel" (vgl. dazu www.weltethos.de), die "Zehn Gebote" bis hin zur "Feindesliebe" (Mt 5,43-45),
muß z.B. vom deutschen Staat durch den vorstaatlichen Artikel 1,1 GG wahrgenommen werden, indem der Polizist oder Soldat sogar seinem Feind noch das grundlegendste an Achtung und Respekt entgegenbringen muß.

Ausdrücklich möchte ich der Verbindung von Würde und Liebe am Nächsten beipflichten. Die Würde scheint nur bedingt als Produkt reinster Vernunft, denn Sentiments leiten den Menschen zwangsläufig zur Hingabe oder Ablehnung des Mitmenschen. Selbst in Zeiten religiösen Neutralismus - also wenn die menschliche Vernunft zum Absolut erhoben wurde - spielt das Gefühl die dominante Rollen, auch, oder gerade eben, in Sachen Würde.

Dies gilt selbst für den Nichtchristen oder jenem, der keine Gottheit anzubeten vermag.

Wesensmerkmal: Am Du werde ich zum Ich. Die Gleichheit aller Menschen rechtfertigt die menschliche Würde. Und das In-die-Welt-geworfen-sein in eine komplexe, natürliche Umwelt, in welcher der Mensch als Teil des Gesamten sein Leben fristet, erzeugt die Verpflichtung des Menschen, eine "Würde der Kreatur" einzuräumen.

Gestaltungsauftrag: Frei nach Russell: Menschliche Würde wird mit menschlichen Wünschen und Bedürfnissen konfrontiert. Wunschvorstellungen -- egal ob egoistische oder der Allgemeinheit dienende - können für andere Menschen unangenehme Konsequenzen mit sich bringen. Solcherlei Handeln ist zu unterbinden. Die Mehrung des Glücks steht im Zentrum ethischen - d.h. nach dem Leitbild menschlicher Würde - Schaffens.
 
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noch etwas zur Würde der Tiere ...

Na, doof? ok. Aber sooo doof? Bin ich nicht.
Dachte an Kostbarkeiten außerhalb von Suchmaschinen.


Tut mir leid: ein vielleicht unpassendes Abgleiten vom Thema.
Aber mir liegt daran zu sprechen: mit allen Lebewesen. Und zwar nicht über den anderen oder über mich, sondern einfach miteinander.
 
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