Z
zwetsche
Guest
AW: Eitelkeit
Hallo Céline,
warum hat Dich "Schein und Sein" frustriert (Hätte ich normalerweise über PN gefragt, aber geht ja bei Dir nicht, deshalb so kompromitiernd, tschuldige)?
Etwas schwierig ist es schon, öffentlich über Eitelkeit zu sprechen, deshalb habe ich mich hier bislang nicht gemeldet, obgleich die Diskussion sehr wohl interessant ist, weit mehr als manch kleebriger thread und angenehmer als manch politischer.
Weil das Gespräch auf Kunst kam, erlaubt mir ein paar persönliche Anmerkungen und Anekdoten:
Mir fällt dazu die Frage ein, woher ich, wenn ich Musik komponiere (schon eitel, mich hier überhaupt so zu bezeichnen), die Motivation hernehmen sollte, wenn nicht aus eitlen Motiven. Ich habe jahrelang kein einziges Musikstück fertig bekommen (Für alle die jetzt spekulieren, es war ohnehin nie etwas weltbewegendes, weder Mozart noch Bach noch Duke Ellington, einfach nur Rock, Blues, und akustische Gitarrenmusik).
Bislang habe ich es immer darauf geschoben, ich hätte keine Ideen mehr, aber das ist wohl nicht ganz ehrlich gewesen. In Wirklichkeit geht es tatsächlich darum, daß ich so etwas eben doch nicht nur für mich selbst tue. Dafür wäre ich schon viel zu faul. Nein, ohne Umschweife, es geht in der Tat darum, die Stücke wenigstens irgendjemanden zu präsentieren, dafür tue ich mir das an und daher kommt die Motivation. So ähnlich ist es auch bei den - immer selteneren (gen 0 tendierenden) Konzerten. Großen Applaus bei eigenen - nicht als Gassenhauern bekannten - Stücken zu erwarten, wäre ohnehin naiv in unserer rein auf die Oberfläche und Populärschicht konzentrierten Konsumgesellschaft, jede noch so üble Band hat mit "All right now, Jumpin jack flash, oder gar "Verdamp lang her" mehr Erfolg.).
Wenn allerdings so gar kein Applaus kommt, ist es frustierend. Da kommt dann auch schon mal der Stolz ins Spiel (Ich erinnere mich an ein Konzert, bei dem die Bandkollegen vor gerade mal 20 gelangweilten Zuhörern unbedingt noch Zugaben geben wollten, die kein Mensch gefordert hat und fast schon verzweifelt in die Menge fragten, "wollt Ihr denn nicht noch was hören". Die wollten ernsthaft weiterspielen, selbst als die Frage ignoriert wurde. Ich bin einfach trotz Protest der Kollegen zur Vermeidung solch einer Selbsterniedrigung kopfschüttelnd nach Hause gegangen, das war mir zuviel. Wenn hingegen auch nur ein paar dabei sind, denen es wirklich gefällt, hat es sich doch gelohnt. An so etwas läßt sich oft sogar anknüpfen und das nächste mal sind es vielleicht schon ein paar mehr.
Etwas kritisch wurde es übrigens einmal, als - wir waren schon am Zusammenpacken - ein paar besoffene "Zuhörer" verspätet in ein Lokal kamen, die meinten ein Recht zu haben, noch Musik zu fordern und uns für den Fall des Nichtbefolgens Schläge androhten. Vorher, während des Konzerts waren ganze 7 Zuhörer in dem Laden, so daß wir uns gar genötigt sahen, eine Lokalrunde zu schmeißen, um die Stimmung zu heben...Das kam mir in meiner schlechten Laune gerade recht und hätte mich nicht jemand daran erinnert, dass ich am nächsten Tag ein paar km weiter doch noch als Anwalt weiter meinen Unterhalt verdienen wolle, wer weiß was passiert wäre.
Ich glaube, man macht sich etwas vor, wenn man denkt, das Produzieren irgendwelcher "Werke" wäre einem wirklich genug. Vielleicht gibt es solche Typen, aber wären die eigentlich nicht eitel? Sich still und heimlich vor ein eigenes Werk zu setzen, sich selbst darin zu gefallen, hm, ich finde auf eine bestimmte Weise ist das nicht weniger eitel, schon weil darin die Arroganz liegt, man sei über die Kritik, die das Präsentieren mit sich bringt, erhaben.
Ich habe einen Freund (der so finde ich, besser spielt als ich), der sich jährlich so um die 5 bis 10 neue Gitarren kauft, Aufnahmen produziert (die keiner zu hören bekommt) und und und, seit Jahrzehnten sich aber auf keine Bühne traut. Es macht ihn mehr der Gedanke fertig, irgend jemand könnte die Musik kritisieren, als die von ihm offenbar nicht wahrgenommene Realität, dass all die Ausgaben, Talent und Arbeit eigentlich für die Katz sind.
Ein Punkt scheint mir aber wichtig, gegen die Eitelkeit in Bezug auf Kunst vorbringen zu müssen. Die Eitelkeit ist ohne Frage ein Motivationsfaktor, sie ist aber gleichwohl auch ein Hindernis. Denn sie hintert einen, die nötige Ruhe zu finden, Kunst, welcher Form auch immer, zur "Vollendung" zu bringen. Das wiederum erfordert Gleichmut, oder - um auf das neulich von mir erwähnte Hesse Zitat zurückzukommen - Liebe. Und schon, da mir jedenfalls Gleichmut ebenso wie innere Ruhe fehlt, wird mir ein Stück über das ich sagen könnte, das ist wirklich klasse, nie gelingen. Ist aber auch egal.
Hoffentlich war das jetzt nicht zuuu eitel, hoffentlich aber auch nicht zu banal angsichts der Qualität der vorherigen Beiträge.
Viele Grüße
Zwetsche
Hallo Ela und Danke schön.
Sei mir nicht böse, aber "Schein und Sein" nebenan hat mich etwas frustriert, gehört es eigentlich zu Eitelkeit wie der rechte zum linken Schuh, und trotzdem fristet hier die Eitelkeit so unbeachtet ihr Dasein*loool* (ist es verletzte Eitelkeit bei mir? Schon ein bisschen). Kurz: ich mochte einfach nicht eher antworten.
Der Stolz verbietet lediglich, die Eitelkeit auch noch übertrieben zur Schau zu stellen.
So gesehen gebe ich dir nicht nur Recht, sondern drückst du dasselbe aus, was ich auch empfinde. Ein Kunstwerk ist nicht eitel, seine Entstehung (unmittelbar) ist nicht eitel, aber der Künstler vor und nachher ist es, oft sogar übersteigert.
Ich zeichne ein bisschen. Es sind aber keine Kunstwerke, ich müsste mich schämen, es so zu nennen, denn ich selbst hab keine Ideen, die aus mir kommen, es wäre alles nur gestellt und unecht, deshalb versuche ich nur abzubilden. Einen röhrenden Hirschen zu zeichnen (malen kann ich gar nicht), wäre für mich das kleinste Problem, Kunst wäre nur, ihn dazu zu bringen, dass er mir Modell steht und röhrt *looool*. Vielleicht bin ich deshalb so streng wie du, es hindert mich aber nicht zu sagen, dass etwas sehr kunstvoll ist. Verstehst du wie paradox, das alles manchmal sein kann?
Hallo Céline,
warum hat Dich "Schein und Sein" frustriert (Hätte ich normalerweise über PN gefragt, aber geht ja bei Dir nicht, deshalb so kompromitiernd, tschuldige)?
Etwas schwierig ist es schon, öffentlich über Eitelkeit zu sprechen, deshalb habe ich mich hier bislang nicht gemeldet, obgleich die Diskussion sehr wohl interessant ist, weit mehr als manch kleebriger thread und angenehmer als manch politischer.
Weil das Gespräch auf Kunst kam, erlaubt mir ein paar persönliche Anmerkungen und Anekdoten:
Mir fällt dazu die Frage ein, woher ich, wenn ich Musik komponiere (schon eitel, mich hier überhaupt so zu bezeichnen), die Motivation hernehmen sollte, wenn nicht aus eitlen Motiven. Ich habe jahrelang kein einziges Musikstück fertig bekommen (Für alle die jetzt spekulieren, es war ohnehin nie etwas weltbewegendes, weder Mozart noch Bach noch Duke Ellington, einfach nur Rock, Blues, und akustische Gitarrenmusik).
Bislang habe ich es immer darauf geschoben, ich hätte keine Ideen mehr, aber das ist wohl nicht ganz ehrlich gewesen. In Wirklichkeit geht es tatsächlich darum, daß ich so etwas eben doch nicht nur für mich selbst tue. Dafür wäre ich schon viel zu faul. Nein, ohne Umschweife, es geht in der Tat darum, die Stücke wenigstens irgendjemanden zu präsentieren, dafür tue ich mir das an und daher kommt die Motivation. So ähnlich ist es auch bei den - immer selteneren (gen 0 tendierenden) Konzerten. Großen Applaus bei eigenen - nicht als Gassenhauern bekannten - Stücken zu erwarten, wäre ohnehin naiv in unserer rein auf die Oberfläche und Populärschicht konzentrierten Konsumgesellschaft, jede noch so üble Band hat mit "All right now, Jumpin jack flash, oder gar "Verdamp lang her" mehr Erfolg.).
Wenn allerdings so gar kein Applaus kommt, ist es frustierend. Da kommt dann auch schon mal der Stolz ins Spiel (Ich erinnere mich an ein Konzert, bei dem die Bandkollegen vor gerade mal 20 gelangweilten Zuhörern unbedingt noch Zugaben geben wollten, die kein Mensch gefordert hat und fast schon verzweifelt in die Menge fragten, "wollt Ihr denn nicht noch was hören". Die wollten ernsthaft weiterspielen, selbst als die Frage ignoriert wurde. Ich bin einfach trotz Protest der Kollegen zur Vermeidung solch einer Selbsterniedrigung kopfschüttelnd nach Hause gegangen, das war mir zuviel. Wenn hingegen auch nur ein paar dabei sind, denen es wirklich gefällt, hat es sich doch gelohnt. An so etwas läßt sich oft sogar anknüpfen und das nächste mal sind es vielleicht schon ein paar mehr.
Etwas kritisch wurde es übrigens einmal, als - wir waren schon am Zusammenpacken - ein paar besoffene "Zuhörer" verspätet in ein Lokal kamen, die meinten ein Recht zu haben, noch Musik zu fordern und uns für den Fall des Nichtbefolgens Schläge androhten. Vorher, während des Konzerts waren ganze 7 Zuhörer in dem Laden, so daß wir uns gar genötigt sahen, eine Lokalrunde zu schmeißen, um die Stimmung zu heben...Das kam mir in meiner schlechten Laune gerade recht und hätte mich nicht jemand daran erinnert, dass ich am nächsten Tag ein paar km weiter doch noch als Anwalt weiter meinen Unterhalt verdienen wolle, wer weiß was passiert wäre.
Ich glaube, man macht sich etwas vor, wenn man denkt, das Produzieren irgendwelcher "Werke" wäre einem wirklich genug. Vielleicht gibt es solche Typen, aber wären die eigentlich nicht eitel? Sich still und heimlich vor ein eigenes Werk zu setzen, sich selbst darin zu gefallen, hm, ich finde auf eine bestimmte Weise ist das nicht weniger eitel, schon weil darin die Arroganz liegt, man sei über die Kritik, die das Präsentieren mit sich bringt, erhaben.
Ich habe einen Freund (der so finde ich, besser spielt als ich), der sich jährlich so um die 5 bis 10 neue Gitarren kauft, Aufnahmen produziert (die keiner zu hören bekommt) und und und, seit Jahrzehnten sich aber auf keine Bühne traut. Es macht ihn mehr der Gedanke fertig, irgend jemand könnte die Musik kritisieren, als die von ihm offenbar nicht wahrgenommene Realität, dass all die Ausgaben, Talent und Arbeit eigentlich für die Katz sind.
Ein Punkt scheint mir aber wichtig, gegen die Eitelkeit in Bezug auf Kunst vorbringen zu müssen. Die Eitelkeit ist ohne Frage ein Motivationsfaktor, sie ist aber gleichwohl auch ein Hindernis. Denn sie hintert einen, die nötige Ruhe zu finden, Kunst, welcher Form auch immer, zur "Vollendung" zu bringen. Das wiederum erfordert Gleichmut, oder - um auf das neulich von mir erwähnte Hesse Zitat zurückzukommen - Liebe. Und schon, da mir jedenfalls Gleichmut ebenso wie innere Ruhe fehlt, wird mir ein Stück über das ich sagen könnte, das ist wirklich klasse, nie gelingen. Ist aber auch egal.
Hoffentlich war das jetzt nicht zuuu eitel, hoffentlich aber auch nicht zu banal angsichts der Qualität der vorherigen Beiträge.
Viele Grüße
Zwetsche
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