AW: Ein Ort für die Philosophie in der Gesellschaft
Und noch einmal muss ich mit dir verhandeln, EarlyBird:
Nein, dagegen muss ich mich aufs Stärkste verwehren. Ich sehe das so: In früheren Gesellschaften war Ökonomie noch wirklich Ökonomie. Sie war also sparsam auch in dem Maße, wie sie das menschliche Leben in Anspruch nahm. Sie nahm also nur einen Teil desselben in Anspruch und ließ dem Menschen den Rest frei für die freie Gestaltung, z.B. fürs Philosophieren.
Ok, philohof, ich antworte noch mal!
Ich weiß nicht, kam das nicht auf die Umstände an? In einem rauhen, unfruchtbaren Klima muss Mensch mehr tun, um der Natur Nahrung und Schutz abzuringen.
Und in Feudalsystemen war es eh nur einer winzig kleinen Schicht vorbehalten zu philosophieren, wenn sie denn wollte - die anderen mussten schlicht und ergreifend malochen bis zum Umfallen und kriegten oft nicht mal das Allernötigste dafür. Kennst du Beispiele für Gesellschaften, in denen wirklich ALLE relativ wenig arbeiten mussten und Zeit für ihre eigenen Interessen hatten?
So gesehen war es eigentlich selten so gut, wie bei uns in der Zeit des Wirtschaftswunders. Da wurden die Arbeitszeiten verkürzt, die Menschen haben gut verdient und viele hatten Zeit für sich. Dass sich inzwischen das Rad etwas zurückgedreht hat, ist natürlich bitter. Aber Entwicklungsprozesse sind eben auch nicht kontinuierlich, gut möglich, dass es nur eine Zwischen- und Übergangsphase ist!
Aber in der heutigen Zeit entwickelte sich etwas (gut in der Industriellen Revolution war es auch schlimm, aber das ist eine andere Geschichte), das nennt sich die "Ökonomisierung aller Lebensbereiche". D.h. die Wirtschaft hat sich über alles ausgedehnt und nichts, kein Lebensbereich ist heute mehr außerhalb der Wirtschaft. Das ist eine - ich weiß, du leugnest die Gesellschaft weitgehend, aber ich sage es trotzdem - gesellschaftliche Organisationsform. Und diese Organisationsform lässt nichts mehr zu, das außerhalb der Wirtschaft stünde. Also auch keine Philosophie, die außerhalb der Wirtschaft stünde.
Also - erstens leugne ich die Gesellschaft nicht, ich sage nur, dass sie aus vielen Individuen besteht - und zweitens ging es für die meisten Menschen IMMER ums Überleben!
Dass es heute auf eine besondere Art beschissen ist, weiß ich auch. Ich würde das aber nicht Wirtschaft nennen, sondern Lobbyismus, Abzocke, Lug und Betrug!
Ich bin also kein Philosoph, der mit der anderen Hälfte seiner Persönlichkeit ein Händler ist, sondern ich bin Philosoph und suche unter den Umweltbedingungen der heutigen Gesellschaft nach Überlebensmöglichkeiten für Philosophie. Dass man Philosophie heute verkaufen muss, damit sie überhaupt existiere, gefällt mir nicht. Wenn du das verändern kannst, die Zeit wieder zurückdrehen und einen Freiraum für die Philosophie schaffen kannst, der von der ökonomischen Gesetzlichkeit befreit ist, dann wäre ich dir sehr dankbar!
Lg philohof
Solange du selber lebst - und zwar so, dass du dir deine Zeit einteilen kannst, lebt auch die Philosophie mit dir weiter!
Und man muss Philosophie nicht verkaufen, damit sie existiert, man KANN sie verkaufen, WENN sie existiert!
Hm, vielleicht kommt es ja eines Tages noch so weit, dass Philosophen anerkannt werden. Wenn die Menschen merken, dass sie von ihnen wichtige Bedürfnisse erfüllt kriegen, werden sie mit der Zeit schon kommen!
Ich verstehe aber so langsam, was wirklich dein Problem ist - du hast keine Ahnung, wie und wovon du auf Dauer leben kannst...
Ich versichere dir aber, dass das ein kollektives Problem ist, das sehr, sehr viele Menschen betrifft! Nicht nur Philosophen können heute nicht DAS tun, was sie tun wollen und was sie gerne tun!
LG
EarlyBird