AW: Die Leichtfertigkeit mit der mit Menschenleben umgegangen wird
Darfst du natürlich, nur solltest du Verharmlosung nicht der Glorifizierung gleichsetzen, wie das heutzutage allzusehr in Mode ist. Es gilt hier eine Distanz zu diesen Ereignissen aufzubauen, um darüber so urteilen zu können, wie wir es über den Rest der Geschichte zu tun versuchen. Dass die Judenverfolgung so in Deutschland passierte, und man dir eingetrichtert hat (jeder bildet sich irgendwann ein, selbst so zu glauben, aber das kaufe ich nur wenigen ab), dass du eine Mitverantwortlichkeit hättest, dass besonders dieses Ereignis immer nur auf eine Weise dargestellt wird, ist meiner Meinung nach reichlich egal in einer Debatte in der es um grundsätzlicheres geht.
Ich auch nicht, aber es soll nicht an mir liegen, dass man z.B. seine Großeltern wegen ihrem Handeln im Krieg verteufelt... Die 68er Generation hat dieses unrühmliche Verhalten schon weit genug und lang genug betrieben.
Aber das zu tun wird doch ein jeder Deutscher sowieso gezwungen, sogar außerhalb der Schule. Es vergeht doch kein Monat an dem man in den Nachrichten wieder von einer Gedenkveranstaltung hört, und in der Schule erst.... Nein, ich denke von der Seite wurden wir allesamt genügend beschallt.
Warum nicht? Damit übergehst du doch Faktoren, die sehr wichtig zum Verständnis der Geschehnisse in der Welt und zur Natur des Menschen sind. Vernichtung ist so alltäglich, dass man alle ihre Ursachen begreifen sollte, auch wenn sie einem als widersprüchlich und traurig erscheinen.
Durch letzteres müsstest du aber auch jenen Gehör verschaffen, die auf der anderen Seite der Opfer (deutsche Kriegsopfer zB) schmerzliche Verluste erlitten, und es zB nicht zulassen wollen, dass man diese Verluste verharmlost oder gar von schwerer Mittäterschaft spricht, die ihre Tode ja rechtfertigen würde.
Und weil man das eben immer drehen kann wie man will, würde ich das Betroffenheitsgehabe insgesamt sein lassen, und einfach nur versuchen die Fakten, soweit greifbar, gegenüberzustellen und Leid gleich Leid setzen, ohne so etwas wie "das ist so böse gewesen, dass nichts, aber auch überhaupt garnichts im ganzen Universum es rechtfertigen kann" zu sagen, denn das wäre eine Kurzsichtigkeit, die einen vor Objektivität hindert.
Dass der Mensch sehr stark von seiner Umgebung geprägt wird steht außer Frage, und das war mir schon klar. Nur finde ich, dass sich der Geist dem Körper in seinen Handlungsprinzipien sehr ähnlich verhält.
Was biologisch Jahrtausende zur Anpassung braucht (trial & error) geht bei geistigen Lernprozessen innerhalb von Minuten oder Jahren, bzw. Generationen.
Dennoch dient der Geist nur dem Körper und hat keinen Selbstzweck. Ich fände alles andere Überheblichkeit, die der christlichen und anderen Religionen ähnlich sieht.
Entspricht z.B. die Entwicklung von Kultur nicht dem Einfügen zusätzlicher Gensequenzen in das Erbgut als Ergebnis einer Anpassung an die Umgebung? Sind moralische Grundsätze in ihrer Ursache und Wirkung nicht etwas ähnliches wie eine ebensolche biologische Anpassung an die Umwelt?
Zumal die Triebkraft der geistigen Entwicklung im konkreten Fall auch nur durch körperliche Signale gebildet wird: Warum kann fast jeder Mensch dem Grundsatz "Füg andern das nicht zu, was du nicht willst dass man dir tu" zustimmen? Weil man dabei für gewöhnlich an eine Schlägerei denkt (ich zumindest) und ein jeder den Schmerz für gewöhnlich meidet... doch warum meidet er den Schmerz? Das nämlich ist eine rein biologische Sache.
Darum sehe ich auch weiterhin keine scharfe Grenze zwischen Geist und Körper, zwischen sozialer und biologischer Evolution und deren abgeleiteten Gesetzen (soweit wir sie erahnen können).
Ich versuch mal kurz die unterstrichenen Stellen etwas besser zu erklären:
Mit qualitativer Betrachtung wollte ich sagen, dass es ja in erster linie eine Art Gleichnis ist, und mehr als die genauen Umstände das Prinzip gilt, was sich ebenso in dem zweiten Beispiel widerspiegelt, was ich im letzten Beitrag hinzufügte.
Mit völlig unprovoziert wollte ich mein Ärgernis darüber bekunden, dass man noch immer nicht über die Zeit der Naziherrschaft reden kann, ohne dass einigen gleich wieder die Nerven reißen, wenn man es nicht als die dunkelste Stunde der Menschheit bezeichnet. Ich finde es ganz besonders ärgerlich, wenn das nicht in einem Antifa-Forum passiert, sondern an einem Ort, an dem angeblich die Objektivität und Neutralität großgeschrieben wird.
Der dritte Punkt ist hoffentlich folgend erklärt:
Ich finde das nicht so schwer, da ich folgende Vergleiche grob ablaufen ließ:
Ein Tier verendet gelegentlich im Wettkampf (oft um ein Weibchen) durch Infektionen einer Wunde, oder durch ein abgetrenntes Glied, durch eine aufgerissene Bauchdecke, usw. Das sind alles Schäden am Körper die 100%ig auf den Menschen übertragbar sind. Nun stelle ich mir die Schmerzen davon grob am eigenen Leib vor, und versuche das mit den täglichen Hungerleiden und Folterungen der KZ-Häftlinge zu vergleichen (wobei mir nicht entgeht, dass ein erheblicher Teil der Restbevölkerung auch so genug allein durch Nahrungsknappheit zu leiden hatte, von den Kriegszerstörungen mal ganz zu schweigen). Der Vergleich wird immer Subjektiv bleiben, da selbst Menschen recht verschiedene Schmerzwahrnehmungen haben.
Wie, und wie stark Tiere solche Schmerzen empfinden weiß ich nicht, aber es geht darum, dass sie sich ähnliche Grausamkeiten zufügen wie Menschen das in angeblich "einmaligen" und "unvorstellbaren" (sorry, beide Wörter finde ich unpassend, übertrieben) Taten vollbringen.
Hallo Wahrer,
in erster Linie möchte ich einige Worte zu meinem irritierten Ton von gestern sagen.
Verstehe dies bitte als stellvertretend für eine Entschuldigung. Denn mich zu entschuldigen weil ich heftig reagiere wenn man so unwissend und leichtfertig über einen SS-Soldaten der in der Vernichtungsmaschinerie der Nazis arbeitete zu sprechen, dies hier zu vernehmen, ist für mich unerträglich – und ich darf darauf empört reagieren.
Darfst du natürlich, nur solltest du Verharmlosung nicht der Glorifizierung gleichsetzen, wie das heutzutage allzusehr in Mode ist. Es gilt hier eine Distanz zu diesen Ereignissen aufzubauen, um darüber so urteilen zu können, wie wir es über den Rest der Geschichte zu tun versuchen. Dass die Judenverfolgung so in Deutschland passierte, und man dir eingetrichtert hat (jeder bildet sich irgendwann ein, selbst so zu glauben, aber das kaufe ich nur wenigen ab), dass du eine Mitverantwortlichkeit hättest, dass besonders dieses Ereignis immer nur auf eine Weise dargestellt wird, ist meiner Meinung nach reichlich egal in einer Debatte in der es um grundsätzlicheres geht.
Ist zu befürchten, dass der Dialog zwischen der älteren Generation und einen Teil der jüngeren, sich schwieriger gestaltet je mehr Zeit vergeht? Ich hoffe das nicht.
Ich auch nicht, aber es soll nicht an mir liegen, dass man z.B. seine Großeltern wegen ihrem Handeln im Krieg verteufelt... Die 68er Generation hat dieses unrühmliche Verhalten schon weit genug und lang genug betrieben.
Wer aber die Zeit nicht erlebt hat, sollte meines Erachtens erstmal sich mit den grauenhaften Geschehnissen befassen, bevor er über die Liebe eines aktiv Mitwirkenden spekuliert.
Aber das zu tun wird doch ein jeder Deutscher sowieso gezwungen, sogar außerhalb der Schule. Es vergeht doch kein Monat an dem man in den Nachrichten wieder von einer Gedenkveranstaltung hört, und in der Schule erst.... Nein, ich denke von der Seite wurden wir allesamt genügend beschallt.
Ich bin gerne bereit über die Banalität des Bösen (Hannah Arendt über Adolf Eichmann) nachzudenken, nicht aber über die Liebe die dem Akt der Vernichtung innewohnt – oder parallel zu ihm besteht.
Warum nicht? Damit übergehst du doch Faktoren, die sehr wichtig zum Verständnis der Geschehnisse in der Welt und zur Natur des Menschen sind. Vernichtung ist so alltäglich, dass man alle ihre Ursachen begreifen sollte, auch wenn sie einem als widersprüchlich und traurig erscheinen.
Mir kommt dies sehr in die Nähe einer gefährlichen Verharmlosung, eines unter ferner liefen solch einmaliger Tragödien wie Auschwitz und die anderen KZs es waren. Und dies werde ich nicht zulassen – so wie es keiner zulässt der mehr oder weniger davon betroffen war und dessen Leben davon geprägt geblieben ist.
Durch letzteres müsstest du aber auch jenen Gehör verschaffen, die auf der anderen Seite der Opfer (deutsche Kriegsopfer zB) schmerzliche Verluste erlitten, und es zB nicht zulassen wollen, dass man diese Verluste verharmlost oder gar von schwerer Mittäterschaft spricht, die ihre Tode ja rechtfertigen würde.
Und weil man das eben immer drehen kann wie man will, würde ich das Betroffenheitsgehabe insgesamt sein lassen, und einfach nur versuchen die Fakten, soweit greifbar, gegenüberzustellen und Leid gleich Leid setzen, ohne so etwas wie "das ist so böse gewesen, dass nichts, aber auch überhaupt garnichts im ganzen Universum es rechtfertigen kann" zu sagen, denn das wäre eine Kurzsichtigkeit, die einen vor Objektivität hindert.
Jetzt noch sehr kurz zum Problem des Verhaltens und warum eine Theorie die menschliches und tierisches Verhalten in nächster Nähe rückt oder tierisches Verhalten auf dem Menschen überträgt, nicht haltbar ist.
Das Verhalten kann nicht allein auf den Instinkt und auf das Angeborene reduziert werden – die alten Theorien nach denen menschliches Verhalten instinktiv und angeboren sei (die kamen aus der so genannte "Instinktbewegung"), wurden längst von modernen Theorien widerlegt.
Der wichtigere, bzw. viel größere Teil unseres Verhaltens kommt durch unsere Sozialisierung, allgemeiner ausgedrückt durch unsere Umwelt.
Und die ist natürlich ein Faktor den man auf dieser Weise, nur beim Menschen findet und im Tierreich ganz andere prägende Aspekte aufweist.
Es wurden dadurch neue Forschungsbereiche entwickelt, z.B. die Soziobiologie und die Populationsbiologie, und wie schon oben erwähnt: deren Ergebnisse im Tierreich unterscheiden sich stark von denen die beim Menschen festzustellen sind.
Gruß von Miriam
Dass der Mensch sehr stark von seiner Umgebung geprägt wird steht außer Frage, und das war mir schon klar. Nur finde ich, dass sich der Geist dem Körper in seinen Handlungsprinzipien sehr ähnlich verhält.
Was biologisch Jahrtausende zur Anpassung braucht (trial & error) geht bei geistigen Lernprozessen innerhalb von Minuten oder Jahren, bzw. Generationen.
Dennoch dient der Geist nur dem Körper und hat keinen Selbstzweck. Ich fände alles andere Überheblichkeit, die der christlichen und anderen Religionen ähnlich sieht.
Entspricht z.B. die Entwicklung von Kultur nicht dem Einfügen zusätzlicher Gensequenzen in das Erbgut als Ergebnis einer Anpassung an die Umgebung? Sind moralische Grundsätze in ihrer Ursache und Wirkung nicht etwas ähnliches wie eine ebensolche biologische Anpassung an die Umwelt?
Zumal die Triebkraft der geistigen Entwicklung im konkreten Fall auch nur durch körperliche Signale gebildet wird: Warum kann fast jeder Mensch dem Grundsatz "Füg andern das nicht zu, was du nicht willst dass man dir tu" zustimmen? Weil man dabei für gewöhnlich an eine Schlägerei denkt (ich zumindest) und ein jeder den Schmerz für gewöhnlich meidet... doch warum meidet er den Schmerz? Das nämlich ist eine rein biologische Sache.
Darum sehe ich auch weiterhin keine scharfe Grenze zwischen Geist und Körper, zwischen sozialer und biologischer Evolution und deren abgeleiteten Gesetzen (soweit wir sie erahnen können).
Es tut mir leid, aber ich kann deinen Formulierungen stellenweise nur sehr schwer folgen. (siehe Zitat - fette Hervorhebungen durch mich).
Ich versuch mal kurz die unterstrichenen Stellen etwas besser zu erklären:
Mit qualitativer Betrachtung wollte ich sagen, dass es ja in erster linie eine Art Gleichnis ist, und mehr als die genauen Umstände das Prinzip gilt, was sich ebenso in dem zweiten Beispiel widerspiegelt, was ich im letzten Beitrag hinzufügte.
Mit völlig unprovoziert wollte ich mein Ärgernis darüber bekunden, dass man noch immer nicht über die Zeit der Naziherrschaft reden kann, ohne dass einigen gleich wieder die Nerven reißen, wenn man es nicht als die dunkelste Stunde der Menschheit bezeichnet. Ich finde es ganz besonders ärgerlich, wenn das nicht in einem Antifa-Forum passiert, sondern an einem Ort, an dem angeblich die Objektivität und Neutralität großgeschrieben wird.
Der dritte Punkt ist hoffentlich folgend erklärt:
Es ist also doch reine Spekulation, es könnte so sein, dass...... Nur so, ohne Untermauerung durch eigene Erlebnisse bzw. Erfahrungen. Du stellst es dir halt so vor, dass es so sein hätte können.
Gut, damit habe ich kein Problem, denn ich kann es mir zwar nicht vorstellen, aber das liegt ja nur an unserer unterschiedlichen Fantasie.
Was Tiere an Leid empfinden und was sie sich dabei denken kann ich nicht wissen, ich kann mir auch nicht vorstellen, dass ein Vergleich mit Menschen da sinnvoll wäre.
Ich finde das nicht so schwer, da ich folgende Vergleiche grob ablaufen ließ:
Ein Tier verendet gelegentlich im Wettkampf (oft um ein Weibchen) durch Infektionen einer Wunde, oder durch ein abgetrenntes Glied, durch eine aufgerissene Bauchdecke, usw. Das sind alles Schäden am Körper die 100%ig auf den Menschen übertragbar sind. Nun stelle ich mir die Schmerzen davon grob am eigenen Leib vor, und versuche das mit den täglichen Hungerleiden und Folterungen der KZ-Häftlinge zu vergleichen (wobei mir nicht entgeht, dass ein erheblicher Teil der Restbevölkerung auch so genug allein durch Nahrungsknappheit zu leiden hatte, von den Kriegszerstörungen mal ganz zu schweigen). Der Vergleich wird immer Subjektiv bleiben, da selbst Menschen recht verschiedene Schmerzwahrnehmungen haben.
Wie, und wie stark Tiere solche Schmerzen empfinden weiß ich nicht, aber es geht darum, dass sie sich ähnliche Grausamkeiten zufügen wie Menschen das in angeblich "einmaligen" und "unvorstellbaren" (sorry, beide Wörter finde ich unpassend, übertrieben) Taten vollbringen.
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