Außer Rand und Band
Die Welt ist außer Rand und Band geraten und die Philosophen schweigen.
Es scheint einfacher zu sein, sich mit den immer gleichen Themen zu befassen, als sich mit dem aktuellen Zeitgeschehen auseinanderzusetzen und die Allgemeinheit dazu zu ermutigen, das Abdriften der Menschheit zu hinterfragen, aber wenn niemand (mehr) den Mut aufbringt, dieses Schweigen zu durchbrechen, ist diese fatale Entwicklung auch nicht mehr aufzuhalten, bzw. zumindest zu verlangsamen. Woran liegt es, dass die Philosophen nicht mehr gewillt oder in der Lage sind, sich neuen Fragen zu stellen und sinnvolle Antworten darauf zu finden, die so verständlich formuliert werden, dass sie von einem Großteil der Menschen verstanden werden können? Geht es den Philosophen in der heutigen Zeit nur noch darum, zu fachsimpeln, um sich als besonders geistvoll darzustellen, also in etwa genauso wie es diejenigen tun, die sich mit irgendwelchem dummen Gerede oder Getue und/oder mit gut bezahlten Werbeauftritten im Internet selbstdarstellen und verkaufen oder sind sie einfach nur zu bequem geworden, weil es ihnen zu gut geht?
Die einzigen Philosophen, die man heutzutage noch in der Öffentlichkeit wahrnimmt, sind diejenigen die dem Mainstream folgen und die staatlich vorgegebene Meinung vertreten, um dafür Ruhm, Ehre und Anerkennung zu erhalten und vor allem, um materiellen Wohlstand zu erlangen. Es werden nur noch diejenigen hervorgehoben, die genau das wiedergeben, was im Sinne gerade der Institutionen geschieht, die das Außer Rand und Band geraten der Welt vorantreiben. So ist es gewollt und so geschieht es, obwohl es immer noch einige wenige gibt, die das Ganze zu durchschauen glauben und ihre Gedanken auch gerne äußern würden, doch jeder der sich nicht der vorgegebenen Meinung unterwirft, wird durch verschiedene Methoden daran gehindert, seine abweichende Meinung zu äußern und öffentlich zu verbreiten.
Ist das der Beginn der als Demokratie getarnten, totalen Diktatur oder ist sie bereits im vollen Gange? Ist es schon heute so, dass die Bürger nicht mehr nur für staatliche Schulden bürgen und die Kosten für die Staatsführung zu tragen haben, sondern langsam aber stetig entmündigt und auch zum biologischen Staatseigentum gemacht werden? Das anerzogene kollektive Verhaltensmuster der Gesellschaft wird offensichtlich kontinuierlich gesteigert, um den einzelnen Menschen mehr und mehr ihre Eigenbestimmung und Eigenverantwortung zu entziehen und sie zu gut funktionierenden Marionetten zu machen. Es scheint, als wäre unser Denken das Einzige, das tatsächlich noch frei ist, bzw. sein könnte, wenn es bei den meisten nicht bereits derartig beeinflusst und geformt worden wäre, dass man sogar schon diese so wertvolle Eigenschaft der Menschen schon fast als verkollektiviert ansehen und bezeichnen könnte.
Das alles stillschweigend mit anzusehen und sich dem nicht nur zu unterwerfen, sondern auch mehr oder weniger freiwillig daran zu beteiligen, ist natürlich der einfachste Weg, aber wohin wird uns diese Bequemlichkeit und Gleichgültigkeit bringen? Denkt überhaupt noch jemand darüber nach, was wie und warum getan und wohin das alles führen wird oder werden wir langsam schon zu bequem, um noch selbst zu denken und übertragen diese Fähigkeit lieber den vielen Applikationen, durch die uns unser eigenes Denken abgenommen wird?
Was bedeutet es für uns, wenn wir unser eigenes Denken verlieren oder es (nicht ganz) freiwillig abtreten? Verlieren wir dadurch auch das, was man als unsere Seele ansehen könnte, weil wir auf diese Weise auch unsere Einzigartigkeit aufgeben? Da unser Denken in unserem biologischen Gehirn stattfindet und uns in gewisser Weise zu der Person oder Persönlichkeit macht, die wir sind, könnte man annehmen, dass unser Denken auch unsere Seele formen und vielleicht sogar Sein würde und wir dem Einfluss von Außen völlig ausgeliefert wären, doch ist das tatsächlich so oder bilden wir uns das nur ein, weil wir uns selbst als eigenständiges Ich nicht (mehr) so bewusst sind oder sein wollen, wie es uns möglich wäre, wenn wir unser Denken und Leben selbstbestimmen (wollen) würden. Aus welchem Grund könnte ein Mensch sein eigenes Denken und die Verantwortung für sich und sein Leben freiwillig abtreten wollen? Könnte es wirklich nur die Bequemlichkeit sein, selbst zu denken, weil das Denken anstrengend ist, könnte es der Wunsch nach Anerkennung und Wohlstand sein oder wäre es möglich, dass ein Mensch sein eigenes Denken aus Angst vor einer möglichen Strafe abtreten könnte, wenn sein Denken von der vorgegebenen Norm abweichen würde?
Das seit einigen Jahren angewandte staatliche Erziehungsprogramm in China verdeutlicht, den direkten Zusammenhang zwischen dem Belohnungsprinzip und dem Bestrafungsprinzip und zeigt auf, wie gut diese Erziehungsmetode funktionieren kann. Die vielen Menschen, die derartigen Verhaltensregeln folgen (müssen), scheinen die erwünschten Leistungen zu erbringen und als Kollektiv hervorragend zu funktionieren. Die wenigen Ausnahmen, die sich dagegen aufzulehnen versuchen, werden konsequent zum Schweigen gebracht, um eine ungewollte Beeinflussung der gehorsamen Masse zu verhindern. Also, so in etwa wie das Prinzip mit dem einen Apfel, der ausreichen würde, um den gesamten Korb zu verderben. Ganz im Gegensatz zu den meisten anderen Ländern, scheint die Welt in China (noch) nicht außer Rand und Band geraten, sondern sehr geordnet zu sein. Und das offenbar nur deshalb, weil China seine "Linie" konsequent verfolgt.
Da die ganze Weltwirtschaft inzwischen vollkommen miteinander verbunden ist, funktioniert dieses Belohnungsprinzip und Bestrafungsprinzip natürlich auch grenzübergreifend auf der ganzen Welt, bzw. mit den einzelnen Staaten und verschiedenen Staatsgemeinschaften, die darin verstrickt sind und derjenige oder diejenigen, die in der Lage sind, die anderen am besten zu belohnen und zu bestrafen, können dadurch sehr viel Macht gewinnen und ausüben.
Und wer könnte das wohl sein?