Was glaubt ihr denn, warum die Opferrolle so populär ist, in den unterschiedlichsten Schichten und von linksaußen bis rechtsaußen? Weil das Gesamtsystem eben tatsächlich 99% Verlierer und nur 1% Gewinner hervorbringt. Deshalb kann sich so ziemlich jeder auf legitime Weise in irgendeine Opferrolle hinein begeben und muss sich dabei noch nicht mal einer Lüge bedienen, egal, wie er sein individuelles Opfersein darstellt.
Mit fällt sie besonders bei den Rechten auf, die ihre Gräuel dadurch irgendwie rechtfertigen wollen.
So wurde Nazideutschland von Polen angegriffen und der 'Gegenschlag' gerechtfertigt, da gibt es Nazis in der Ukraine und Putin muss die Ukrainer ganz selbstlos vor ihnen retten, da gibt es die bösen Ausländer, und die afd, FPÖ oder sonstige Rechtsrechte müssen sich nur wehren, da gibt es den bösen Islam, der das Christentum in Europa ausrotten will, das 'Establishment' oder irgendwelche Eliten, die 'alle' zu Verlierern machen wollen, und und und.
Und nein, nicht das Gesamtsystem bringt 99% Verlierer und nur 1% Gewinner hervor, sondern Neid und Missgunst lassen "99%" (in Wahrheit sind es nicht so viele) sich als unrechtmäßige Verlierer sehen. Dankbarkeit ist unmodern, und so beschimpfen viele unsere Länder, obwohl sie selten Länder wüssten, in denen sie lieber lebten.
Aber klar, wer sich schon als Verlierer sieht, nur weil es irgendeinem anderen besser geht, der wird sich zeitlebens als Verlierer sehen müssen. Mein Mitleid mit jenen Egomanen hält sich dabei aber sehr in Grenzen.
Die einen müssen um ihr finanzielles Überleben kämpfen, während das 1% jeden Tag Millionen aus dem Fenster wirft, die anderen müssen sich mit Müh und Not eine lebensnotwendige medizinische Behandlung finanzieren, während das 1% die besten Ärzte des jeweiligen Fachgebietes auf Abruf bereit haben usw. Es lässt sich immer eine berechtigte menschengemachte Ungerechtigkeit ausmachen und deshalb haben Populisten und Verschwörungserzählungen auch einen so riesigen Erfolg heutzutage. Es ist immer ein wahrer Kern dran, auch wenn die Auswüchse der einzelnen Erzählungen dann irgendwann sehr wirr werden. Ich bin mir sicher, dass die 1% solche Theorien mit Genuss lesen, denn sie wissen genau, dass sie damit gemeint sind, wer auch sonst? Die Opferrolle macht auch kreativ, aber gleichzeitig lähmt sie auch, warum man sich niemals dauerhaft in diese Rolle begeben sollte, obwohl das sogar gerechtfertigt wäre.
Ja, und viele haben sich die Vollkaskomentalität zugelegt mit der Meinung, der Staat hätte für ihr Auskommen zu sorgen und nicht sie selbst.
Es ist leichter, Geld zu fordern als seinen Lebensstil zu ändern. Dass es eventuell ihre eine Schuld ist (z.B. wenig Schulbildung, eigene Fehlentscheidungen, etc...), dass sie in jene Situation gelangt sind, wird nur ungern eingesehen.
Besser ist es, sein eigenes Ding zu machen und zu versuchen, möglichst unabhängig vom Gesamtsystem zu werden.
Also nur auf sich selbst zu schauen und "fuck the rest". Ist es nicht das, was du den 'Superreichen' vorwirfst?
Das einzige, was die 1% wirklich fürchten, ist das mehr Menschen systemunabhängig werden. Die Regierungen und die Konzerne haben sie fest in der Hand, aber den einzelnen Menschen können sie direkt nicht kontrollieren. Deshalb ist Selbstversorgung und Systemunabhängigkeit oder zumindest eine Annäherung daran, die realistische Lösung für das Problem. Das ist natürlich eine Lebensaufgabe und es geht dabei nicht nur um materielle, sondern auch um spirituelle und philosophische Unabhängigkeit.
Du vergisst -oder kehrst absichtlich unter den Tisch- dass "die Regierung" sowie Konzerne nicht unabhängige Eliten sind, so wie es dein Narrativ gerne darstellt, sondern Regierungen werden von den einzelnen Menschen gewählt, und auch Konzerne gehören in den seltensten Fällen einer Elite, sondern unzähligen 'kleinen' Menschen - und bestehen auch aus solchen. In den Nachrichten liest man immer nur von den wenigen Managern, dass aber abertausende 'kleine' Mitarbeiter genauso zum Konzern gehören und genauso der Konzern sind, das passt nicht ins Narrativ. Und auch nicht, dass solche wie du auch diese 'kleinen' angreifen und schädigen wollen. Und zumeist sind es gerade die, die Schaden daran nehmen.