AW: Dein Wille geschehe - gibt es den freien Willen?
Guten Morgen Lilith,
lilith51 schrieb:
Was meinst du damit, dass Meinung ein Faktum sei? Ich habe eine Meinung, und ich weiß, dass es nur meine Sichtweise eines Sachverhaltes ist. Meinung ist ein Denkmodell, Fakten sind in Handlung umgesetzte Denkmodelle, die damit bewiesen haben, dass sie realisierbar sind. Denkmodelle sind diesen Beweis (noch) schuldig. Denkmodelle lassen sich verändern durch neue Informationen oder durch intuitive Inputs wie z.B. Träume.
Mit Faktum meinte ich Tatsache, Realität, das, was es gibt. So ist für mich z. B. eine Halluzination oder eine Fata Morgana ein Faktum, auch wenn es sich nicht in der Materialität bestätigt (was ein weiteres, anderes Faktum wäre). Zudem meine ich, daß auch Materialisationen Denkmodelle sind, die sich eben in anderer Form zeigt.
Ein Sachverhalt „an sich“ gibt es nicht, er existiert nicht ohne die Sichtweise (Wahrgenommenes kann nicht ohne Wahrnehmenden existieren). So ist ein Sachverhalt nicht von der Sichtweise getrennt, ist im Grunde nichts anderes als die Sichtweise selbst.
lilith51 schrieb:
Hier scheint schon ein Missverständnis zu entstehen. Die universale Ebene ist nicht von der individuellen Ebene zu trennen. Die Illusion besteht mE darin, diese Trennung vorzunehmen. Denn nur als Individuum können wir handeln, und das was wir als Individuum tun (einschließlich der Ergebnisse unseres Denkens), ist genau das, was ich Willen des Universums nenne.
Auch eine universale Ebene „an sich“ gibt es nicht. Sie gibt es nur durch die Individuen.
Ein Körper existiert nicht, wenn seine Zellen nicht existieren.
Der Wille der Individuen macht im Verbund den Willen des Universums aus. So kann man zwar von einem Gesamtwillen eines Universums sprechen, er ist aber abhängig von den Willen seiner Bestandteile, der Individuen.
lilith51 schrieb:
Das Individuum ist das Werkzeug des kollektiven Willens, ich nehme es als individuellen Willen wahr, weil es gar nicht anders geht. Wie sonst könnte ich wahrnehmen, was auf der Welt passiert, wie sonst könnte ich überhaupt etwas tun, wenn ich es nicht als Individuum tun kann?
Jede Zelle eines Organs tut ihre Arbeit, die nur für diese einzelne Zelle allein sinnlos wäre, im Gefüge des Organs, das wiederum nur im Gefüge eines ganzen Körpers ein sinnvolles Leben führt, erfüllt sie aber genau die Aufgabe, die den Gesamtorganismus am Leben hält.
Etwas unklar ist „ich nehme „es“ als individuellen Willen wahr“. Meinst du jetzt das Werkzeug oder den kollektiven Willen, den du als individuellen Willen empfindest?
Letzteres klingt, als würde ich einen Willen als den meinen wahrnehmen, der aber in Wirklichkeit ein kollektiver ist. Das sehe ich anders: ich habe einen Willen und im Verbund mit anderen erschaffen wir den kollektiven Willen. Es ist ja nicht so, daß der Gesamtorganismus die Zellen erschafft, sondern der Verbund der Zellen, die sich selbst erschaffen, lassen das „Gebilde“ Gesamtorganismus entstehen.
lilith51 schrieb:
Dieses Bild lässt sich auch auf das menschliche Individuum im Vergleich zum Universum anwenden. Da ist kein Platz für den freien Willen. Alle Entscheidungen, die ich scheinbar treffe, sind eingebunden in das Netzwerk aller Individuen.
So wie ein Körper nichts ohne seine Zellen ist, ist das Universum nichts ohne die Individuen.
Ich würde also eher andersherum sagen, daß es keinen Platz für einen kollektiven Willen gibt, wenn es keine individuellen gäbe. Der kollektive Wille ist ja eigentlich ein Verbund von individuellen Willen.
Sicherlich sind alle Entscheidungen eingebunden in das Netzwerk, so wie eine Zelle eingebunden ist in den Gesamtorganismus. Dennoch teilt sich eine Zelle nicht „auf Druck“ des Gesamtorganismus, sondern aus sich selbst heraus, aus seinem eigenen individuellen Selbstverständnis vom Werden und Vergehen, und diese Teilung trägt zur Erhaltung des Gesamtorganismus bei.
lilith51 schrieb:
Wie ich schon vorhin erklärt habe: Wir können nur als Individuen handeln. Das ist unsere Aufgabe als menschliche Lebewesen. Und da erscheint es mir eben so, als hätte ich mehrere Möglichkeiten zur Entscheidung.
Ich glaube eben nicht, daß es nur so erscheint. Meinst du wirklich, daß wir in keinster Weise eine Wahl haben, weil wir den kollektiven Willen aufgedrückt bekommen (den wir m. E. selbst geschaffen haben, s. o.)?
Hier spielt auch folgendes mit hinein:
lilith51 schrieb:
Wenn ich entscheide, dann entscheide ich im Sinne des Universums. Nach meinen obigen Erklärungen müsste das jetzt verständlich sein. Oder? Alles was getan wird, ist der Wille des Universums. Ich als Werkzeug führe aus, was das Universum will, weil ich nicht getrennt davon bin.
Nein, alles was getan wird, ist der Wille des Individuums. Es ist richtig, daß es nicht von den anderen Individuen getrennt ist, so daß ein Wechselspiel entsteht.
Sagst du „ich als Werkzeug führe aus, was das Universum will“, kannst du analog auch sagen, daß die Zelle des Körpers nur das tut, was der Körper will. Der Körper „an sich“ existiert jedoch nicht (als autonome Entität) und will auch nichts, er ist ja nur all das, was die einzelnen Zellen wollen oder tun.
lilith51 schrieb:
Wenn es deine Aufgabe ist, jemanden zu schlagen, dann wirst du dich dafür entscheiden, wenn nicht, dann wirst du dich dafür entscheiden, friedlich zu sein. Oder du entscheidest dich dafür, lang über richtig und falsch nachzudenken, damit du dich vor der Entscheidung drücken kannst.
Alles das geschieht durch den Willen des Universums.
M. E. gibt es keine Aufgaben, jeder Moment ist jungfräulich. Eine Entscheidung, ob ich jemanden schlage, wird zwar von vielen Faktoren beeinflußt, ist aber nicht vorherbestimmt. Kausalität ist ein Modell des Verstandes.
lilith51 schrieb:
Wenn du ein Vogel sein willst, bist du dann auch einer? Unterliegt es deinem Willen, ein Vogel zu sein, oder kannst du dir nur wünschen, ein Vogel zu sein? Der Wille ist mehr als nur eine Wunschvorstellung. Da scheint ein Missverständnis vorzuliegen.
Okay, ich gebe zu, daß ich Wunsch und Willen verwechselt habe. Ein Wunsch ist ein Wille, der keine Aussicht auf Umsetzung hat, also nicht zur Tat anregt. Das bedeutet aber nicht, daß ein Wille immer nur mit einer tatsächlichen Tat in Verbindung zu bringen ist, die Tat mag vielleicht nur aufgeschoben sein.
lilith51 schrieb:
Wünsche sind - wie Träume - Ideen, die aus dem Willen des Universums durch Intuition in unsere Gedanken einfließen. Beobachte einmal deine Gedanken, wo kommen Ideen her, die nicht durch logische Überlegungen hervorgebracht werden?
Du meinst sicher, daß Logik dem Individuum entspringt, Intuition jedoch eher universellen Ursprungs ist. Ich meine, daß es sich nur in der Art und Weise unterscheidet, wie es erscheint bzw. wahrgenommen wird.
lilith51 schrieb:
Das was du wirklich willst, als Individuum, ist der Wille des Universums, das hat zu geschehen und das geschieht auch, weil alles zusammen UNSER gemeinsames LEBEN ausmacht.
Deine Gedanken sind nicht dein Wille. Das was du wirklich willst ist das, was du tust. Als Werkzeug des Universums.
(Hervorhebung von mir)
Hier widersprichst du dir:
lilith51 schrieb:
Der freie Wille ist kein Faktum, sondern "nur" eine Meinung!
Und eine Meinung ist ein Gedanke, oder?
Ein spannendes Thema.
Minni