Oder: Normalität – was soll das sein? (In Anlehnung an den bereits vorhandenen Thread von aphex in allgemeiner Philosophie)
Ich bin sicher nicht normal!
Das war ich nie!
Es gab lediglich eine Zeit (als ich ein Kind war), da wusste ich nicht, dass es Normalität gibt. Oder dass ich nicht „normal“ bin.
Aber sobald ich mich als ICH und mein Umfeld als DIE ANDEREN erlebte, begann ich zu ahnen, dass ich nicht so war, wie sie.
Und damit fing meine „Anormalität“ an.
So wie die anderen taten und tun, tu ich nicht. Ich denke eben anders. Ich fühle was anderes, als das, was gerade gefühlt werden soll. Hinter vordergründiger „Manierlichkeit“ oder „Höflichkeit“ spüre ich noch viel mehr. Anderes, als das, was vorgegeben wird.
Was gerade gesagt wird, verstehe ich nicht. Ich höre Worte und verstehe nicht, worauf sie hinaus wollen. Wo ist der rote Faden? Was ist Sache?
Warum so emotional? Warum so spottend? Warum so spöttisch? Was ist da überhaupt los?
Das verstehe ich nicht! Nein, so bin ich nicht!
Und doch wirke ich so „normal“ . Bzw. so unauffällig.
Das einzig Auffällige an mir ist meine pinkfarbene Strähne in meinem grauen (jawohl: frau kann mir 42 Jahren schon ergraut sein) Haaren.
Ansonsten: nicht klein –nicht groß, nicht dünn – nicht auffallend dick, hab´einen Mann, hab´ein Kind. Hab´ein Haus, bin zu Haus, pflege meine alte Mutter im Haus.
War berufstätig, hab Matura (kein Studium – wir wollen ja in der Norm bleiben!), hab´nen Führerschein und fahre Auto. – Einen Freundeskreis (wird immer kleiner) gibt´s auch.
War schon im Ausland auf Urlaub. – Sehe fern.
NORMALER GEHT`s WIRKLICH NIMMER!
Wer käme da je auf die Idee, dass
ich mich absolut nicht NORMAL fühle?
Ich will so gut wie nie aus dem Haus gehen. Weitere Urlaube geben mir gar nichts. Ich kann genauso gut da wie anderswo sein. Dann gleich lieber da. Da kenn ich mich schon aus. Und- es ist weniger Aufwand.
Ausflüge brauch ich nicht. Wofür? Immer das gleiche. – Bringt mir nichts.
Essen gehen? – Zu mühsam, wenn ich bedenke, dass ich zu Hause ein Butterbrot essen kann. Das genügt mir auch. Und kostet nicht so viel.
Nicht, dass ich auf das Geld schauen müsste; es ist genug da. Aber es ist halt nicht nötig…
Kleidung? Wenn ich eh´ nicht fortgehe?
Und die alten Klamotten brauchen auch nicht so viel Pflege und Büglerei. Wozu sich also anstrengen.
In gestyltem Gewand fühle ich nicht außerdem irgendwie nicht „echt“.
Friseur? – Ja, Kurzhaarschnitt muss leider manchmal fassoniert werden. Hatte deswegen jahrelang lange Haare, damit ich mir das erspare.
Sich stylen wollen? – Wofür? Ich will sowieso niemandem „gefallen“. Meinen Mann liebe ich, er ist der beste und liebste Ehemann, den frau sich denken kann. Ihm vertraue ich in jeder Beziehung und wünsche ihm nur das Beste.
Wenn einmal eine andere Frau das Bessere für ihn wäre, … - dann wär´s halt so.
Sex? – Bin daran nicht mehr interessiert. Hatte davon schon genug: genügend Arten, genügend Variationen, genügend Männer… - irgendwann reicht´s!
Alkohol, Zigaretten… - brauch ich auch nicht mehr. Auch davon habe ich mehr als genug gehabt. Ist irgendwie immer das Gleiche. – Bringt einfach gar nichts, außer einem Brummschädel und scheußlichem Geschmack im Mund.
Feste feiern, fortgehen…- siehe oben.
Höchstens Kaffee. Das ist immer noch eintrainiert. Trink ihn fast täglich mit meiner Freundin.
Den Kaffee bräuchte ich auch nicht (so super schmeckt er ja nicht gerade). Aber ein bisschen Normalität will ich belassen.
Und der Kaffeetratsch gefällt mir. Ist ja auch eher eine morgendliche „Innenschau“, die wir abhalten. – Und auf die möchte ich nicht verzichten. Derzeit.
Tja, und zur Wohnsituation: wohne mit meinem Mann, meinem 9-jährigen Sohn, meiner Mutter und meiner Freundin in einem großen Haus in einem größeren Dorf.
Jeder Mitbewohner hat vollkommene Freiheit, das zu tun, wonach ihm ist.
Das führt dazu, dass es hin und wieder gemeinsame Mahlzeiten gibt. Das ist aber eher selten, weil alle sehr verschiedene Essgewohnheiten und Vorlieben haben. Und ich absolut nicht gerne koche. Und schon gar nicht für andere. Weil, ich will ja das meiste gar nicht essen.
Gesundheit? – Bin in meinen mittleren Jahren noch ganz gut beisammen. Kein nennenswerten gesundheitlichen Probleme. Da und dort merke ich, dass ich älter werde. Aber macht ja nichts. Von gesundheitlichen Dingen halte ich nichts. Warum auch – ich will ja nicht „alt“ werden. So wie´s kommt nehm´ich´s. Jedenfalls war ich früher in so manchem Kurs (Feldenkrais, Bauchtanzen, Trommeln…) – aber das bringt mir auch nichts mehr. Wofür?
Es sind keine Verbesserungen irgendwelcher Art nötig für mich.
Kino? – Wofür, wenn ich manches eh´im TV sehen kann.
Es gibt immer mal Serien, die ich gerne anschaue. Mal CSI oder Dr. Quinn, mal „Dawson´s Creek“ oder Ally Mc´Beal.
Dann hab´ich wieder eine Zeitlang was, was mich aufrecht hält. – Aber BRAUCHEN tu ich es auch nicht.
Mein Sohn? – Ich liebe ihn. Vieles erkenne ich an seinem Verhalten. Sehe auch mich selbst immer wieder in ihm.
Was ich ihm geben kann, ist größtmögliche Authentizität.
Ich denke, dass das sehr wichtig ist für ein Kind. –Aber falls es nicht so ist? …dann ist´s halt anders.
Beruf, Karriere? – Schon gehabt, schon erreicht. Bringt´s nicht für mich. Täte ich nur mehr, wenn ich es aus finanz. Sicht müsste. Jedenfalls brauch ich es nicht für mein Ego oder sonstiges Selbstwertgefühl. Oder zum Zeitvertreib.- Weil, fad ist mir ja nicht.
Tätigkeiten? – Finde in Haus und Hof genug zu tun (ausser Kochen, versteht sich). Und wenn ich mal ein Stündchen hinterm Computer verschwinde, muss es auch in Ordnung sein. Oder im Garten (entweder Unkraut zupfend oder im Liegestuhl mit einem großen Eisbecher).
Dienst für die Umwelt oder den/die Nächsten? – Wenn jemand was von mir will, das ich ihm/ihr gut und gerne geben kann, dann passt´s. Mehr ist nicht. Mehr hab´ich nicht. Mehr wird von mir nicht gewollt.
Mein Helfersyndrom ist merklich verschwunden, seit ich die Eigenverantwortung des „zu Behelfenden“ hautnah miterleben konnte. Und die Tatsache, dass das „Unglück“ ab einem gewissen Punkt immer selbstgemacht (Achtung: ich spreche nicht von“Schuld“) ist. Und echte Hilfe erst dann möglich wird, wenn eine gewisse „Eigeninitiative“ wieder vorhanden ist. Ist das der Fall, dann siehe o.
Politisches Engagement? – Für mich gibt´s kein gut und schlecht. Auch keine gute oder schlechte Partei, gute oder schlechte Politiker…
Wählbarkeit ist da schon was anderes. – Aber es ist, wie es ist…
Was soll ich also dazu sagen oder mich sogar engagieren.
Natürlich war ich früher politisch aktiv. War sowohl in der „Friedensbewegung“ als auch bei der „Antifa“. Hab´mich von allem deswegen zurückgezogen, weil ich überall nur Machtspiele und Intoleranz erlebte. – Und die Grundanschauung: wir sind die besseren, die anderen haben unrecht. Da passe ich halt auf Dauer wirklich nicht hin. Mir fehlt da der ehrliche, sachliche Dialog.
Abgesehen davon strengt mich das alles viel zu sehr an.
Dann gibt´s da noch das Malen: – Malen ist für mich leicht. Ich kann und konnte es gut. (Hab´vor 4 Jahren wieder damit angefangen.) Hab´es zwar nicht „gelernt“, aber ich kann´s.
Das wird mir auch immer wieder bekundet. Berühmt werde ich damit sicher nicht, weil ich das gar nicht anstrebe.
Ausstellungen strengen mich an. Wofür die ganze Plackerei?
Das ganze Kunstgetue ist ja auch nicht meins. Deswegen habe ich mich ja auch schon mit 20 Jahren davon abgewandt (und eben auch keine einschlägige Ausbildung gemacht).
Also: ich male ganz gern. Hauptsächlich Aquarelle. Hauptsächlich gegenständlich. Hauptsächlich Blumen. Aber auch anderes, wozu ich inspiriert werde.
- Aber mehr ist es nicht. Also, keiner Rede wert.
Sonstiger Zeitvertreib? – Hin und wieder probier ich was Neues. Wie nun im Forum schreiben. Finde ich ganz amüsant. Wie lange es sich bei mir hält, kann ich nicht sagen. Zumal ich keinen großen Wiederhall merke. Und mir dann halt denke: „Ach, was soll`s?“
Dann wird halt wieder aufgehört. Macht ja nichts: Was ist, das ist. Was nicht ist, ist nicht.
Na ja, ich bin eindeutig der Meinung, dass ich und die Art, wie ich lebe und meine Einstellung zum Leben nicht der Norm entspricht.
Das merke ich vor allem dann, wenn „fremde“ Leute mein Leben kreuzen und ich höre, dass sie zu allen oben beschriebenen Punkten ganz andere Meinungen haben, als ich.
Und noch dazu meine Meinungen oder Beweggründe gar nicht (oder nicht gleich) nachvollziehen, geschweige denn verstehen können.
Wobei ich gar nicht so weit abschweifen brauche: haben mich doch meine eigenen Eltern zeit ihres Lebens nie verstanden. Das erfahre ich heute noch häufig von meiner Mutter, zu der ich ansonsten ein sehr gutes Verhältnis habe.
Aber bin ich deswegen ABNORMAL?
Na ja, - ansehen tut man´s mir nicht.
Oder denke ich vielleicht eh´wie alle anderen und weiß es nicht?
Denkt Ihr etwa ähnlich oder in manchen Punkten gleich?
Geht’s jemandem von Euch ähnlich oder genauso wie mir?
- Geht´s uns vielleicht allen gleich??? – Und jede/r fühlt sich unverstanden?
- Oder bin ich nur in einer komischen Lebensphase, die jemand von Euch kennt?
Würde gerne von Euch mehr dazu hören. Mich habe ich als plakatives Beispiel herangezogen, um einen Aufhänger zu haben. (Außerdem war eh´ meine Vorstellung hier im Forum noch ausständig - oder ist es schon meine Verabschiedung nach so viel Selbstoffenbarung?)
Also einstweilen viele liebe Grüße
Kathi