Bescheidenheit aus Selbstverleugnung - Angst vor Unzulänglichkeit
...auch wenn das vielleicht nicht das war, was fussel bei seinem eingangspost gemeint hat, möchte ich diesem thread noch folgende sichtweisen hinzufügen:
manche Bescheidenheit entspringt der Selbstverleugnung.
und dieser liegt die Angst vor Unzulänglichkeit zugrunde.
Diese Angst verleugnet die eigenen Bedürfnisse und betont die der Mitmenschen. Dadurch wird sie leicht von der Umgebung akzeptiert und als angenehm empfunden…denn ein Mensch mit dieser Angst ist gerne bescheiden.
„Das ist nichts für mich.“, „Das können andere besser als ich.“, „Darf ich stören?“…so hört sich der bescheidene Mensch für die anderen an.
Der Mensch, der seine Bedürfnisse, Gefühle und Fähigkeiten vor anderen verbirgt, macht sich klein. Er weicht Situationen aus, die ihn (über)fordern würden. Und wenn sie doch eintreten, dann gibt er sich besondere Mühe, bleibt aber stets bescheiden.
Dadurch erscheinen die Mitmenschen größer, besser und stärker.
So betäubt dieser Mensch seine Angst vor Unzulänglichkeit mit falscher Bescheidenheit, angstvoller Demut und Unterwürfigkeit…damit er sich keiner weiteren Herausforderung mehr zu stellen braucht.
Damit traut sich dieser Mensch weniger und weniger zu….bis er sich selbst als unwissend und unfähig vorkommt und allein schon deswegen bei der nächsten Herausforderung den Kürzeren zieht, weil er sich vorher ständig eingeredet hat, dass er ja „nichts weiß, nichts kann und auch nichts ist.“
Aus dieser Unsicherheit heraus lernt er für allf. Prüfungen drei mal so viel wie ein anderer … ist sich aber trotzdem unsicher und stottert herum.
Die Bescheidenheit äußert sich in Perfektionismus oder Selbstdemütigung. Und Fleiß ist der Gehilfe dabei.
Das eigene Potential, die Talente, seine Liebesfähigkeit, seine Wärme, Größe und Mut, aber auch die Wut und der Hass gegenüber den anderen „Besseren“ wird geleugnet…und bescheiden und demütig versteckt vor der Welt, die das alles nicht sehen soll.
Bei Kritik fühlt er sich besser, dann ist seine Welt in Ordnung, denn das entspricht seiner heimlichen Selbstwahrnehmung. Bei Lob jedoch fühlt er sich unwohl, wird unsicher oder fühlt sich sogar verhöhnt…denn er glaubt, das Lob nicht verdient zu haben…er glaubt, noch vollkommener werden zu müssen.
Meistens liegt diesem Verhalten ein Erlebnis aus der Kindheit zugrunde, bei dem dieser Mensch als Kind eine grobe Abfuhr auf dem Höhepunkt seiner Selbstbestätigung erhalten hat. Dadurch ist der reale Blick auf die eigenen Fähigkeiten nicht mehr gegeben, sondern alles erscheint negativ verzerrt. Allen Respektspersonen, die kritisieren, wird nunmehr Glauben geschenkt und daraus erfolgt unablässige Bestätigung des eigenen Unwerts.
Damit zieht sich dieser Mensch gerne vor anderen zurück…möchte sich unsichtbar machen.
Je größer die Talente, die in ihm schlummern, umso weniger mag er sie zeigen.
Stattdessen hat dieser Mensch ein reiches, fantasievolles Innenleben … in dem er sich möglicherweise erträumt, dass er doch der Größte und Beste sei … doch das zeigt er natürlich ebenfalls nicht her, zu groß ist auch hier die Angst vor dem Verurteilt werden.
„Irgendwann einmal, da werde ich es euch schon zeigen.“ Ist eine der Macht-Fantasien, die möglicherweise vorhanden sein können. Oder aber es peinigen ihn Angstträume, in denen er sich als ohnmächtig erlebt, und er sich anderen gegenüber nicht erwehren kann.
Heimlich wartet dieser Mensch auf jenen Tag, wo jemand anderer entdeckt, was alles in ihm an Fähigkeiten schlummert, er wartet auf die Entzauberung…auf den Retter.
Nur in kleinen Schritten kann dieser Angst vor Unzulänglichkeit zu Leibe gerückt werden.
Die sich selbst herabsetzenden Sätze müssen enttarnt werden, so dass eine realistische Sicht Einzug halten kann, die zeigt, dass es anderen Menschen auch so geht, dass sie nicht immer gleich alles können.
„Das kannst du viel besser als ich….aber das glaube ich nur von dir.“
„Das kann ich nicht…aber das glaube ich nur von mir.“
Und auch „Das könnte ich alles viel besser…aber das glaube ich nur von mir.“ …hilft die Realität miteinzubeziehen.
Humor, das Lachen über sich selbst und auch über die zu große Ernsthaftigkeit in der Welt hilft ebenfalls, das eigene Sein ein wenig zu relativieren.
diesen auszug habe ich aus dem buch
"archetypen der seele" (von varda hasselmann und frank schmolke) verfasst.