AW: Bescheidenheit
Das Lebensprinzip Bescheidenheit ist für mich eine anstrebbare Tugend.
Leider stelle ich immer wieder fest, dass ich mit dieser Lebensweise eine aussterbende Spezie bin.
Heute regiert die Philosophie der Maßlosigkeit (XXL) und das Lebensprinzip Gier.
Daran ist aber nicht die anonyme Gesellschaft schuld, sondern jeder einzelne von uns.
Wie steht ihr zur Bescheidenheit?
Ist Bescheidenheit wirklich etwas überholtes?
Ist Bescheidenheit schädlich für unsere Wirtschaft?
Wie macht sich Bescheidenheit in eurem Kaufverhalten bemerkbar?
Haltet ihr Bescheidenheit für etwas gutes oder für etwas dummes, da man als Bescheidener nichts im Leben erreicht?
fragendes
Fusselhirn
Lieber Fussel!
Hab eine Weile gegrübelt und bin dabei auf die Anmaßung gestoßen, die ich der Maßlosigkeit noch hinzufügen möchte, als Gegenüber von Bescheidenheit. Die Anmaßung, sich als Maß aller Dinge zu sehen.
Das ist mMn eine verbreitete Haltung, vielleicht kam sie Hand in Hand mit der New Age Welle, die ja den Eindruck vermittelte, jeder müsse imstande sein, alle seine Probleme selbst zu lösen und immer zu wissen, was gut und richtig ist.
Der Anmaßung steht die Bescheidenheit gegenüber. Das Sich-bescheiden mit den eigenen Fähigkeiten, sich nicht mit fremden (geliehenen bzw. angemaßten) Federn zu schmücken, nicht mehr zu wollen als man durch seine eigenen Möglichkeiten schafft, nicht gierig zu raffen, weil man sich anmaßt, mehr verdient zu haben.
Bescheidenheit auch im Bereich des Wissens und des Könnens, ohne die Anmaßung, jedermann/jederfrau sagen zu müssen, was er/sie besser machen solle oder jedenfalls so, wie man selbst es für richtig erachtet.
Bescheidenheit bedeutet für mich, ich genüge mir so, wie ich bin. Ich beanspruche für mich das Lebensnotwendige und freue mich, wenn es ein bisschen mehr ist. Ich brauche aber auch keine Show abzuziehen um toller zu wirken als ich bin. Irgendwie lebt es sich bescheiden ziemlich entspannt, denn ähnlich wie Benjamin empfinde auch ich Besitz als Belastung.
Bescheidenheit, diese Zier, die einen am Weiterkommen hindert, die ist mMn nicht bescheiden sondern zaghaft. Da gibt man dem Stärkeren gegenüber klein bei. Es ist eher mangelndes Selbstbewusstsein als Bescheidenheit. Denn eigentlich brennt der ja darauf, weiterzukommen, er traut sich nur nicht.
Die Wirtschaft hat es nicht so sehr mit der Bescheidenheit. Sie lebt vom Konsum und da ist es von Vorteil, wenn jeder so viel als möglich zusammenrafft. Aber ich denke, das reguliert sich wieder von selbst. Irgendwann sind alle übersättigt bzw. verschuldet, dann hört sich das mit dem übertriebenen Konsum sowieso auf.
Ich will der Bescheidenheit aber jetzt auch keinen riesigen positiven Stellenwert geben, denn ich glaube, wer gierig ist, wer nie genug kriegen kann, der muss etwas ausgleichen, was ihm an irgendeiner Stelle fehlt. Und dann kann er nur so sein. Bescheidenheit ist vielleicht das Ergebnis vieler Erfahrungen, dass auch die Gier das alles nicht ausgleichen kann.