AW: Amoklauf in Schule
Ich würde ein paar Schritte zurückgehen und noch einen unpopulären Gedanken anregen.
Gegenwärtig fragt man viele viele Psychologen um Rat. Man klebt an ihren Lippen und vertraut ihnen die Kinder an. Sicher, es mögen in unserer Vorstellung im Moment die sein, die am nähesten an die Gefühlswelt, das Innere der Kinder herankommen. Die uns etwas besser erklären, was wir nicht sehen und nicht verstehen. In Form von Vertrauenslehrern, Schulpsychologen, Seelsorgern oder Therapeuten treten sie nun endlich den Kindern in unserer Vorstellung so liebevoll und verständnisvoll gegenüber, wie es die übrige Gesellschaft ihrer Meinung nach, nicht kann. Die Psychologen sollen in Verbindung mit verwandten Berufsgruppen nun nach solchen Ereignissen für uns die Brücke zum Menschlichen bauen, sie werden mit unserer Wunschvorstellung beladen (einem Wunsch, dem wir uns durch das, was wir Realitätsbezug nennen, trennten), uns erklären und uns hinübertragen, in eine liebevollere Welt. Soweit die gegenwärtige Stimmung.
Wenn man sich jedoch anschaut, wie diese Fachleute den vorliegenden Fall betrachten, merkt man folgendes. Der Psychologe analysiert den Täter. Er schätzt ihn ein. Er ordnet ihn in seinem Denken ein. Er kann dabei auf einen etwas verfeinerten Schemenkatalog zurückgreifen, deshalb bewundern wir ihn.
Genau das, hat er jedoch in der vorangegangenen Therapie des Täters bereits getan. Und nun, nach dessen Tod, fällt uns als Gesellschaft nichts besseres ein, als auch den Toten zu analysieren?
Ihn mit unseren Normvorstellungen abzugleichen, Defizite „festzustellen“, Defizite in der Wutverarbeitung, Defizite bei der Frustrationstoleranz.. Ja der Psychologe beschreibt die Täterverhaltensweisen als kindlichen Umgang mit Wut. Er bescheinigt ihm eine kindliche Vorstellung in seinem Verhältnis zur Außenwelt, zur Bedürfnisbefriedigung. Und das Publikum staunt über diese weisen Worte.
Ich sehe niemanden, der diese Art mit dem Kind umzugehen sehen kann. Die Art ist „ich kann dich einschätzen und weiß, was für dich gut ist“. Diese Art durchzieht das gesamte Gesellschaftssystem, also auch die Psychiatrie. Defizite sollen der Norm angenähert werden. Der Tatort ist meist eine Schule oder der Arbeitsplatz. Ja warum? Weil sich dort Zwangsgemeinschaften unter genau diesen Denkschemen versammeln?
Ob nicht genau solche unsichtbaren Umgangsweisen unser Zusammenleben entscheidend vergiften? Sicher, es währe furchtbar, wenn wir unser Verständnis vom Lernen überdenken müssten, vom Lehrer-Schüler-Verhältnis, von Menschengruppen, die sich vor dem Hintergrund eines Zieles mehr oder weniger freiwillig versammeln und ihre Lebendigkeit opfern. Ist der Platz eines jungen Menschen der Arbeitsplatz, der Platz an dem er ausgenutzt wird? Soll seine Kindheit und Jugend genau darauf ausgerichtet sein? Ich glaube nicht, dass wir darüber nachdenken wollen. Ist der junge Mensch voll entwickelt, wenn er unseren Vorstellungen entspricht? Voll funktionsfähig und unauffällig ist?
Und wenn man all diese Schubkästen in einem Schrank unterbringt, den man dann das Gesundheitswesen nennt , was auch im Bereich der Psychiatrie offenkundige "technische Mängel" hat und eher einem Verwahrsystem gleicht, was soll dann dabei herauskommen.
Ist es wirklich Entsetzen? Ein depressiver Mensch bekommt in D. mitunter erst nach 8 Monaten einen Therapieplatz. Und da sitzt er dann, in der oben beschriebenen Schublade (des Denkens der Helfer).
Bernd