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Arroganz

Zeilinger

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22. Mai 2004
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16.501
Wo ist die Grenze zwischen gesundem Selbstwertgefühl und Arroganz ?

Ab wann müssen wir uns den Vorwurf gefallen lassen, arrogant zu sein ?

Ich bitte um eure Meinung.

Liebe Grüße

Zeili
 
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Zeilinger schrieb:
Wo ist die Grenze zwischen gesundem Selbstwertgefühl und Arroganz ?

Ab wann müssen wir uns den Vorwurf gefallen lassen, arrogant zu sein ?

Ich bitte um eure Meinung.

Liebe Grüße

Zeili

Gesundes Selbstwertgefühl zeichnet sich dadurch aus, dass man sich selber wertschätzt, ohne von außen Anerkennung zu brauchen.
Ich weiß was ich kann und was ich nicht kann, ich weiß auch, dass ich nicht alles können und wissen muss, um als Mensch wertvoll zu sein. Dadurch habe ich eine gewisse Selbstsicherheit, die ich mir nicht dauernd beweisen muss, indem ich mein Können und Wissen zur Schau stelle.

Arroganz zeigt sich, wenn ich es nötig habe, auf andere herabzusehen oder sie lächerlich zu machen, damit ich mich selbst "groß und klug" fühlen kann. Da ist wenig Selbstwertgefühl dahinter. Der Arrogante weiß bzw. kann wahrscheinlich auch viel, braucht aber immer wieder die Bestätigung von außen. Gleichzeitig fürchtet er aber auch, auf jemanden zu stoßen, der ihm überlegen sein könnte. Um das zu verhindern, lässt er durch sein abweisendes Verhalten gar nicht zu, dass ihm jemand ernsthaft die Stirne bieten will. Arroganz ist auch eine Maske, die verhindern soll, dass jemand überhaupt auf die Idee kommt, dahinter auch Zweifel und Wissenslücken zu vermuten.

Um auf deine Formulierung zurückzukommen:
Ab wann müssen wir uns den Vorwurf gefallen lassen, arrogant zu sein ?

Der/die Arrogante lässt sich meistens keinen Vorwurf gefallen, er/sie weist ihn entrüstet und arrogant zurück. :zunge 5: Das kann durchaus von einem herablassenden Augenzwinkern begleitet sein - "Ach du Dummerle, du verstehst es eben nicht besser!" :autsch:

Wer ein gesundes Selbstwertgefühl hat, der schaut sich einen Vorwurf an und prüft, ob der Vorwerfende evtl. etwas missverstanden hat, oder ob er vielleicht sogar einen Aspekt entdeckt hat, der eine neue Betrachtungsweise aufzeigt.

Es gibt sicherlich noch mehr bzw. bessere Erklärungen, dies hier ist meine!

herzlich
lilith
 
arrogant bist du in dem moment, in dem du wieder zu alten hierarchischen denkweise zurückkehrst, das stufenmodell in das jeder mensch geordnet wird wieder dich beherrscht, du den bezug verlierst dazu, das du nicht mehr mensch bist als ein anderer.
in dem moment also, wo du dich selbst höher, oder vll auch gezielt niedriger, stellst als andere, in dem moment bist du arrogant.
du verlangst etwas, das es nun nur für dich gibt, nur du darf dies haben.
das recht darauf verweigerst du allen anderen.

die selbsterkenntnis fehlt in diesem moment, meistens bist du arrogant weil du dich für besser hälst, nicht nur besser als du bist, du willst aus deinem körper fahren, ein übermensch sein, verlierst den halt, hebst für dne moment der arroganz ab, und landest hoffentlich ziemlich hart wieder auf dem boden der tatsachen, in dem moment, in dem du deine übermenschlichkeit zur schau stellen musst, in dem moment in dem sie enttarnt wurde, du dich damit lächerlich machst.

arroganz ist aber viel mehr als ein nur auf ego bezogenes selbstbewusstsein.
wer selbstbewusst ist erkennt fehler an, wie lilith geschrieben hat, wer arrogant ist ist fehlerlos, zumindest in den eigenen augen, fehler können nicht anerkannt werden, da keine existieren.

arroganz als schutzschild gegen andere wird auch gerne verwendet.
so kann man auch die eigene schwäche hauptsächlich vor einem selbst verbergen, wieder gestärkter auftreten, wer zu sich selbst vertrauen hat, der wirkt viel sicherer auf andere.

schröder schwirrt mir grad im kopf rum.
er wird ja oft als arrogant bezeichnet.
generell sind für mich machos/arrogante nur leute die damit ihre angst vor sich selbst bzw. ihr fehlendes vertrauen in sich selbst zu überwinden versuchen, nur so können sie vertrauen in sich selbst fassen. die wirkung auf die außenwelt ist dann aber verschieden...
ist schröder in wirklichkeit auch eine solche person?
ängstlich innen, ohne vertrauen in sich selbst, deshalb den großen macker raushängen lassen?
imponieren tut es sicher, ich spreche da auch schon aus erfahrung...
aber es hilft einem auf dauer nicht zu sich selbst.

man wird durch arroganz einfach kein anderer mensch, von grund auf nicht anders.
die teuflische spirale dreht sich nur immer weiter und man kommt immer schwerer aus ihr heraus.

meine gedanken dazu.

ciao
 
Hier habe ich einen interessanten Artikel über Arroganz im sozialen und kulturellen Umfeld gefunden, Zeili.





http://217.175.235.200./basisreligion/arroganz.htm



Mir hat vor allem gefallen, dass der Autor auf die Interdependenz zwischen dem Handeln arroganter Menschen und dem " normaler" Menschen hinweist - Journalistenbeispiel Olympide 1936 - .




Kurz zusammengefasst:
Wenn wir auf arrogante Menschen stoßen, erweckt das in uns Widerstandsgefühl, sogar wenn sie mit dem, was sie sagen, Recht haben.




Gerade hier fällt mir allerdings auf, dass die Kriterien, nach denen wir Arroganz messen, kaum objektivierbar sind.
Was der eine noch als Fachkompetenz oder auch soziale Kompetenz gelten lässt, ist dem anderen schon "Ausbundigkeit" an Arroganz.



Marianne
 
Schönen Guten Morgen!

Tolle Antworten sind hier! Ich möchte auch noch kurz dazu etwas schreiben...

Arroganz ist für mich das Gegenteil von Selbstbewusstsein.

Arroganz entsteht aus Unsicherheit. Beim sogenannten Schienensystem der Bachblüten gibt es da eine interessante Theorie:

Kinder, die sehr unsicher sind (die Gründe dafür mögen vielfältig sein), die Kinder, die ununterbrochen fragen (jetzt nicht aus Neugierde, sondern aus Unsicherheit), spüren irgendwann einmal, dass sie der Außenwelt zuviel werden, fühlen sich zurückgestossen.

Die Kompensation dieses Zustandes erfolgt durch gespielte Sicherheit, eine Meinung wird vertreten, ohne sich dessen sicher zu sein (meist schon ältere Kinder oder Erwachsene). Nun folgt Auseinandersetzung nach Auseinandersetzung, denn die Meinung hat keine Basis.

Es folgt der Dekompensationszustand - der Fanatismus, gefördert dadurch, dass man sich in die Schiene des "Angegriffenen" begibt und in ständiger Verteidigungsposition verharren "muss".

Somit ergibt der Spruch: "Ein Fanatiker ist einer, der seiner Meinung nicht sicher ist und diese vehement vertritt!" einen Sinn.

Äh, jetzt hab ich wohl am Thema vorbeigeredet, sorry. Arroganz war das Thema. Ich denke, dass hier eine ähnliche Schiene vorliegt. Unsicherheit - Beharren auf einer Meinung, Angst vor Angriff - daher Aufbau einer Eigenschaft, die Kritik von vornherein verhindern will. Daher ein Abwehrmechanismus, um diese Unsicherheit nicht spüren zu müssen.

Ich hoffe, es war nicht zuviel am Thema vorbei...

Liebe Grüße
Reinfriede
 
Hallo!

Bisher wurde der Aspekt, so wie ich es sehe, nur unter dem Gesichtspunkt des scheinbar oder tatsächlich Überlegenen abgehandelt. Also arrogant ist der, der eine vermeindliche oder tatsächliche Überlegenheit (Beispiel Olympiade) ausspielt. Und dabei in seiner Kommunikation immer ausdrückt, dass er unter der Annahme eines Hierarchiegefälles spricht.
Es könnte aber auch Folgendes eintreten: Ein Mensch versteht nicht, was ein anderer sagt. Zum Beispiel weil dieser Fremdworte benutzt oder eine komplizierte Satzstellung. Dann kommt es vor, dass er den anderen aus einer Abwehrhaltung, aus eigenen Minderwertigkeitskomplexen als arrogant bezeichnet. Die Sache hat dann zwei Seiten und es könnte eine Projektion vorliegen: Die eigene Unsicherheit wird auf den (eventuell) Überlegenen projiziert und behauptet, der sei arrogant (unsicher).

Man könnte generalisierend sagen: Der Eindruck der Arroganz entsteht in einer gestörten, durch Hierarchie gekennzeichneten Kommunikationssituation. Es gibt dann natürlch keine objektive Instanz, um zu klären, wer arrogant sei. Wenn z.B. der mutmaßlich Überlegene sich einlässt, das, was er gerade kompliziert ausgedrückt hat, nochmals einfach zu sagen, kann ihm auch das als Arroganz ausgelegt werden.
Jemanden als arrogant zu bezeichnen, kann auch ein generelles Diffamierungsmittel sein, wenn Antipathie vorherrscht. Jemand, der allgemein beliebt ist, aber zu einer bestimmten Person kein gutes Verhältnis hat, läuft in Gefahr von dieser a priori als arrogant diffamiert zu werden usw.

Ich stelle das nur dar, um die Aufmerksamkeit generell auf gestörte Kommunikaton zu lenken; im Alltag schrecke ich natürlich nicht davor zurück, ebenfalls zum Urteil der Arroganz zu greifen - und mir da relativ sicher zu sein ;)...
 
Robin schrieb:
Man könnte generalisierend sagen: Der Eindruck der Arroganz entsteht in einer gestörten, durch Hierarchie gekennzeichneten Kommunikationssituation.

das alte ding einer jeden (gestörten) kommunikation:
wahrheit ist nicht das was oder wie ich es sage - wahrheit ist das was beim empfänger ankommt.
metakommunikation hilft auch hier weiter.
 
Robin schrieb:
Hallo!

Bisher wurde der Aspekt, so wie ich es sehe, nur unter dem Gesichtspunkt des scheinbar oder tatsächlich Überlegenen abgehandelt.

Es könnte aber auch Folgendes eintreten: Ein Mensch versteht nicht, was ein anderer sagt. Zum Beispiel weil dieser Fremdworte benutzt oder eine komplizierte Satzstellung. Dann kommt es vor, dass er den anderen aus einer Abwehrhaltung, aus eigenen Minderwertigkeitskomplexen als arrogant bezeichnet. Die Sache hat dann zwei Seiten und es könnte eine Projektion vorliegen: Die eigene Unsicherheit wird auf den (eventuell) Überlegenen projiziert und behauptet, der sei arrogant (unsicher).

Hallo Robin!

Es stimmt, jemanden als "arrogant" zu bezeichnen, könnte auch eine schlichte Projektion sein, entstanden durch eine Störung in der Kommunikation. Dieser Aspekt der Projektion sollte bei diesem Thema nicht vergessen werden.

Ich glaube allerdings nicht, dass es so schnell und so einfach abläuft - hier Missverständnis - dort Bezeichnung "arrogant".

Denn es kommt ja immer auf die Person an, wie sie sich verhält, ob sie (bezogen auf das Beispiel der Fremdworte) gerne (!) bereit ist, sich dem anderen auch in einfachen Worten verständlich zu machen, oder dies unter "Naserümpfen" passiert.

Das Empfinden, dass der "andere" arrogant ist, ist ein nonverbales. Es sind die Signale, die ausgesandt werden - möglicherweise, um bei der Projektion zu bleiben, auch von beiden Gesprächspartnern, das letztendlich eine Eigendynamik entwickelt.

Ein Beispiel: Ich war als Jugendliche oft in der tiefsten Steiermark, und da ich gewohnt war, hochdeutsch zu sprechen, hatten meine Verwandten oft ein Problem mit mir - sie erklärten mir, dass "mei sprouch net zum dahera sei".... Viele Missverständnisse (teilweise lustig) traten auf, ich bemühte mich, in ihrer "Sprache" zu sprechen - weil es mir einfach WICHTIG war, dass ich verstanden werde, weil sie "es mir wert" waren. Umgekehrt versuchten sie, "hochdeutscher" zu sprechen, um auch von mir besser verstanden zu werden. Wir wären nicht auf den Gedanken gekommen, uns gegenseitig als arrogant zu bezeichnen, da nonverbal von uns eben genau das rüberkam: Achtung vor der Meinung des anderen, Interesse am Gegenüber.

Und ich glaube, dass in den Fällen, in denen das Gegenüber aufgrund seiner Sprache (sei es jetzt Dialekt oder Fremdwörter) als arrogant angesehen wird, das Desinteresse des Sprechers am wirklichen Verstandenwerden und am erfolgreichen Dialog (!) mitschwingen muss.

Liebe Grüße
Reinfriede
 
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Reinfriede schrieb:
Und ich glaube, dass in den Fällen, in denen das Gegenüber aufgrund seiner Sprache (sei es jetzt Dialekt oder Fremdwörter) als arrogant angesehen wird, das Desinteresse des Sprechers am wirklichen Verstandenwerden und am erfolgreichen Dialog (!) mitschwingen muss.

Ich stimme dir em Wesentlichen zu, Reinfriede. Ich habe ja die Projektion nur als Möglichkeit miteinbezogen, generell muss sie nicht vorliegen, wenn es zum Eindruck der Arroganz kommt.
Bei der obigen Aussage ist dann aber wieder die Frage: Wer erkennt dieses Mitschwingen? Selten ist eine dritte (unvorbelastete?) Person da, die dies beurteilen könnte.
Was du bezeichnest, könnte man als Auseinanderdriften von Kommunikationsinhalt und Kommunikationsform bezeichnen. Dies ist untersucht worden in psychologischer Hinsicht (double bind), philosophischer
(Dekonstruktion) und soziologischer (Mitteilingshandlung - Verstehen - Verhalten usw.).
Die Frage wäre, ob sich Arroganz mehr im Verhalten (Ton, Blicke, Haltung etc...) ausdrückt oder schon im Widerspruch von Form und Inhalt liegen kann?

Ein spekulativer Vorschlag von mir wäre: Direkte Arroganz liegt im Verhalten, projizierte im Widerspruch von Form und Inhalt.
Aber das löst nicht das Problem, wie man projizierter von tatsächlicher Arroganz unterscheiden wollte und wer das beobachten soll....?

Vielleicht jeder kennt die Situation, dass einer sagt: Der war aber arrogant. Und der andere antwortet: Arrogant? Fand ich überhaupt nicht. Er war sich eben seiner Sache sicher... ;)

(Mich würde interessieren, was du, dextra, in diesem Fall mit Metakommunikation meinst.)
 
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