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Wir muessen uns Sisyphos als einen traurigen Menschen vorstellen

AW: Wir muessen uns Sisyphos als einen traurigen Menschen vorstellen

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@moebius

Aus der Zeit zwischen den Weltkriegen gingen sehr viele neue Geistesströmungen aus Literatur und Kunst hervor. Expressionismus, Futurismus, Surrealismus, Dadaismus, Existenzialismus etc.
Dies war die Antwort auf den Schock und das kollektive Trauma.
Viele Intellektuelle waren in das Kriegsgeschehen involviert oder mussten flüchten und waren einfach auch auf der Suche nach neuen Ausdrucksmöglichkeiten eine Welt zu begreifen, die zumindestens zu diesem Zeitpunkt , ihre Daseinsberechtigung verloren hatte. Dieser Bruch mit traditionellen Werten die die Avandgardebewegung vollzogen hat geschah aus dem Bedürfniss heraus diese Verlogenheit aufzuzeigen und Neues zu schaffen.
Ich bin der festen Überzeugung, das der Sisyphos-Mythos eine Verarbeitung des Kriegsgeschehens darstellt und durchaus auch politisch und gesellschaftskritisch zu verstehen ist. Sisyphos als Held darzustellen oder die Philosophie des Absurden ist glaube ich eine spätere Rezeption.


Als Anregung:

"Unmittelbar vor Beginn des blitz allemand (siehe: Blitzkrieg) am 10. Mai stellte er den Étranger fertig, der sich in der Zwischenzeit mit zusätzlichen Themen, insbesondere den Lehren des Sisyphe, aufgeladen hatte, die die ursprüngliche politische Intention fast verdecken. Kurz bevor die deutschen Truppen in Paris einmarschierten, flüchtete Camus mit der Redaktion seiner Zeitung nach Clermont-Ferrand und bald weiter nach Lyon, wo er den Waffenstillstand (22. Juni) und die Anfänge des neuen État français unter Marschall Pétain erlebte.

In der Folgezeit führte er ein unstetes Leben zwischen Frankreich und Algerien, schrieb aber fleißig und beendete im Winter 1941/42 in Oran (dem Heimatort seiner Frau, wo er eine Lehrerstelle bekommen hatte) Le Mythe de Sisyphe. Der Essay, der die Überwindung der Sinnlosigkeit der Existenz durch trotziges Akzeptieren von deren Tragik und durch Pflichterfüllung zu propagieren scheint, traf bei seiner Publikation im Oktober offenbar die Stimmung im besetzten Frankreich. Denn hier neigte man dazu, die gerade erlittene Niederlage durch eine Flucht in die alltägliche Pflicht zu kompensieren. Camus wurde bekannt, zumal auch der im Juni endlich herausgekommene Étranger gut einschlug (der nun jedoch nicht mehr als ein algerisch-politisch motivierter Roman gesehen wurde, sondern als Meditation über den Sinn der menschlichen Existenz)."

Quelle:http://de.wikipedia.org/wiki/Albert_Camus#Die_Kriegszeit
Ja ja, immer diese Geistesströmungen:D :
Expressionis-,Futuris-, Surrealis-, Dadais-, Existenzialis-mus (und noch viele andere):lachen::lachen::lachen:
Sie sind aus historischer Perspektive interessant, aus systematischer Perspektive aber getauter Schnee von gestern:schnl: - was aber nichts macht ...;)
Gruß, der blaue moebius
 
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AW: Wir muessen uns Sisyphos als einen traurigen Menschen vorstellen

... in Frankreich gibt es sogar eine Strömung, die man "Linksnietzscheanismus" nennt (dazu soll Michel Onfray zählen, Verfasser des Buches "Wir brauchen keinen Gott" - neben vielen anderen) - Es soll nur sagen, es gibt "Strömungen", die Nietzsches Philosophie durchaus zu schätzen wissen (ich selbst halte sie, da ich immer wieder im Nachlass lese, für geradezu unausschöpfbar)...
 
AW: Wir muessen uns Sisyphos als einen traurigen Menschen vorstellen

Hier verdrehst Du die Tatsachen.
Das es mir um kuenstlerische Verwertung geht, bestreite ich. Im Gegenteil,
ich decke Strukturen auf, verwaesser alles was ich an Bewertungen kennen
lernen durfte. Dann erst, dann kommst zunaechst Klarsicht, das zu beschrei-
ben was ich erkennen kann. kuenstlerische Verwertung ist fuer mich nicht
notwendig, denn das kaeme einer Verschleierung gleich. Nur beschreiben,
nichts weiter.

Na gut, dann eben keine Kunst ;-)
Was bleibt, ist allerdings, dass diese "Klarsicht" von einer Instanz kommt, die zu Klarsicht gar nicht fähig ist. Das meint ja auch Camus, im von moebius geposteten Zitat, dass nur die Welt, also die menschlichen Hirngespinste, absurd sind. Der Rest ist halt irgendwie, mehr oder weniger schön, je nach Weltanschauung.
 
AW: Wir muessen uns Sisyphos als einen traurigen Menschen vorstellen

... nachdem ich das geschrieben habe und aufgrund der Forenregeln nicht mehr verändern kann, bemerke ich, dass es ohne Kunst doch nicht geht :-(

Die Zitate von Camus, Cioran und auch Schopenhauer, die du als Zeugen der Nichtigkeit der Welt anführst, sind ja Kunst und damit nur Schatten der Wirklichkeit.
Also, die Verfassung von uns Menschen erheischt Kunst als Gegengewicht zur mystischen Wirklichkeit, um es amtsdeutsch zu formulieren. Oder, worüber man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen bzw. poetisch sprechen.
 
AW: Wir muessen uns Sisyphos als einen traurigen Menschen vorstellen

Ja, und Philosophie hat aus meiner unmaßgeblichen Perspektive auch mehr mit Lebens-Kunst als mit Geisteswissenschaft zu tun, was die universitären Philosophie-Professoren natürlich anders sehen ..., weil sie von - und nicht für die Philosophie leben, wie Meister SCHOPENHAUER einst trefflich bemerkt hatte...
Gruß, der blaue moebius
 
AW: Wir muessen uns Sisyphos als einen traurigen Menschen vorstellen

Ja, und Philosophie hat aus meiner unmaßgeblichen Perspektive auch mehr mit Lebens-Kunst als mit Geisteswissenschaft zu tun, was die universitären Philosophie-Professoren natürlich anders sehen ..., weil sie von - und nicht für die Philosophie leben, wie Meister SCHOPENHAUER einst trefflich bemerkt hatte...
Gruß, der blaue moebius

Ja, und wie Schopenhauer auch irgendwo schreibt, sollte man streng unterscheiden, ob jemand etwas zum Gelderwerb geschrieben hat, oder aus einem Bedürfnis heraus. Camus Cioran und Schopenhauer gehören sicher zu Letzteren, Horstmann und viele Philosophieprofessoren vielleicht doch eher zu Ersteren?

Übrigens, Arthur, um nicht wieder der Frömmigkeit verdächtigt zu werden: mystisch heisst einfach: verborgen, verdeckt, oder der unmittelbaren Erkenntnis nicht zugänglich (und ja, so etwas gibt es tatsächlich!).
 
AW: Wir muessen uns Sisyphos als einen traurigen Menschen vorstellen

1. Ja, und wie Schopenhauer auch irgendwo schreibt, sollte man streng unterscheiden, ob jemand etwas zum Gelderwerb geschrieben hat, oder aus einem Bedürfnis heraus. Camus Cioran und Schopenhauer gehören sicher zu Letzteren, Horstmann und viele Philosophieprofessoren vielleicht doch eher zu Ersteren?

2. Übrigens, Arthur, um nicht wieder der Frömmigkeit verdächtigt zu werden: mystisch heisst einfach: verborgen, verdeckt, oder der unmittelbaren Erkenntnis nicht zugänglich (und ja, so etwas gibt es tatsächlich!).

Zu 1.:
Auch bei den Philosophen ist es möglich, die Spreu vom Weizen zu trennen...
Zu 2.:
In dieser Frage halte ich es mit Meister Ludwig WITTGENSTEIN:
6.522
"Es gibt allerdings Unaussprechliches. Dies z e i g t sich, es ist das Mystische."
Tractatus logico-philosophicus. Logisch-philosophische Abhandlung​
 
Zuletzt bearbeitet:
AW: Wir muessen uns Sisyphos als einen traurigen Menschen vorstellen

Hallo pscht.

Das sog. Absurde sind oft Umstände in die der Mensch hineingetrieben wird.
In einigen Gefangenenlagern gehörte es ja auch zur "Beschäftigungstherapie" Steine zu behauen, den Menschen war es durchaus bewusst, dass sie einer sinnlosen Tätigkeit nachgehen, dies als Freiheit zu bezeichen halte ich für vermessen.

Die führenden Existentialisten sind da anderer Ansicht, aber so ungefähr würde auch meine Kritik lauten.
 
AW: Wir muessen uns Sisyphos als einen traurigen Menschen vorstellen

Hallo erichs,

erichs:
Na gut, dann eben keine Kunst ;-)
Was bleibt, ist allerdings, dass diese "Klarsicht" von einer Instanz kommt, die zu Klarsicht gar nicht fähig ist. Das meint ja auch Camus, im von moebius geposteten Zitat, dass nur die Welt, also die menschlichen Hirngespinste, absurd sind. Der Rest ist halt irgendwie, mehr oder weniger schön, je nach Weltanschauung.
Es ist wie es ist. Fertig. Sicherlich liegt das am Mensch, der sich da mit sei-
nem Intellekt zurechtfinden muss.
Zudem, als Mensch der sich fragt, warum er sich weiter schleppt. Der reflek-
tiert sich selbst in seinem Kontext. Jeder Rechner benoetigt ein Programm,
damit der lauft, der Mensch braucht einen Sinn, um zufrieden zu sein. Er
muss sich seine Existenz auch irgend wie schoen reden, ansonsten waere das
ein Leben fuer die Abfalltonne. Nun erklaert man dann die Dinge und ent-
deckt, welch Wunder, dass vieles nur hinzugedichtet wurde. Schoenheit, eine
Bewertung aus besagter Reflexion zwischen Subjekt (Bewerter) und Objekt
(Welt). Sinnlosigkeit bleibt als zerfurchende Tatsache innerhalb des Subjekts,
das sich fragt, warum es sich denn eigentlich so abstrampelt, wenn sein
Leben nach entmystifizieren doch so leer erscheint. Sprache als Kunst, aber
wer sie als etwas unzureichendes aufgibt, wird garantiert die vermeintliche
Fuelle aufgeben, die man weiterhin gehabt haette, wenn man sich nicht der
Wahrheit verschrieben haette.

Wer truege Lasten
Und stoehnt' und schwitze unter Lebensmueh'?
Nur dass die Furcht vor etwas nach dem Tod —
Das unentdeckte Land, von dess' Bezirk
Kein Wanderer wiederkehrt — den Willen irrt,
Dass wir die Uebel, die wir haben,
Lieber ertragen, als zu unbekannten zu fliehn.

(William Shakespeare)

erichs:
[...] Horstmann und viele Philosophieprofessoren vielleicht doch eher zu Ersteren?
Du hast mitnichten etwas von Horstmanns Schriften gelesen. Da faellt mir
spontan Wittgenstein ein: wovon man (mangels Unkenntnis) nicht sprechen
kann, darueber muss man (halt ganz einfach) schweigen.

Uebrigens hat Horstmann oft von Schopenhauers pessimistischen Ansaetzen
geschrieben. Damit ist Deine Bemerkung hinfaellig, ueberfluessig. Uebrigens:
Da werde ich wohl wieder vernehmen muessen, meine Philosophie sei trostlos —
eben nur weil ich nach der Wahrheit rede, die Leute aber hoeren wollen, Gott
der Herr habe Alles wohlgemacht. Geht in die Kirche und laßt die Philosophen in
Ruhe.
(Arthur Schopenhauer)

Gruesse,
Arthur Jules
 
Zuletzt bearbeitet:
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Da werde ich wohl wieder vernehmen muessen, meine Philosophie sei trostlos —
eben nur weil ich nach der Wahrheit rede, die Leute aber hoeren wollen, Gott
der Herr habe Alles wohlgemacht. Geht in die Kirche und laßt die Philosophen in
Ruhe.
(Arthur Schopenhauer)
.....

:jump1::jump3::jump4:
Allerdings ist die konträre lebensphilosophische Position des 19. Jahrhunderts, die von F. NIETZSCHE formuliert worden ist, genauso "wahr" - jedenfalls aus meiner unmaßgeblichen philosophischen Perspektive ...
Der blaue moebius
 
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