Ich widerhole die Kernforderungen: Das Lieben Gottes und seine Nächsten wie sich selbst und das Teilen allen Besitzes mit den Armen und das Lieben selbst der Feinde und das Beachten der teilweise menschenverachtenden Thoragesetze bis zum Vergehen der Erde.
Wie viele „Christen“ das Lieben der Feinde umgesetzt haben, kannst Du daran erkennen, dass sie darauf gepisst und die Kontinente Amerika und Australien unterjocht und deren Bewohner weitgehend ausgerottet und viele Länder Asiens und Afrikas kolonialisiert und deren Bewohner gnadenlos ausgebeutet haben. Oder dass die beiden Weltkriege von Christen initiiert wurden, die eigentlich ihre Feinde lieben sollten. Aber selbst die Tatsache, dass im Jetzt so gut wie kein Christ diese Kernforderungen beachtet, hält Dich nicht davon ab, sie zu verteidigen.
Ich vermute, auch Du kennst keinen Christen, der sich zumindest ernsthaft bemüht, die Kernforderungen Jesus einzuhalten. Dass Du sie trotzdem verteidigst, zeigt mir, dass es Dir nur darum geht, nicht zuzugeben, dass diese Kernforderungen NUR dann einen gewissen Sinn ergeben hätten, wann damals das Ende aller Dinge auch eingetroffen wäre. Denn wäre das in Kürze eingetroffen, hätte es keinen Sinn gemacht, sich für eigenen Wohlstand abzuschuften oder gegen Feinde zu kämpfen oder bessere Gesetze zu erarbeiten, als die Gesetz eines vor Eifersucht rasenden Rachegötzen, der das Steinigen von der ganzen Gemeinde der Menschen einfordert, die am Sabbat gearbeitet haben.
Es ist ekelhaft, welche Rachsucht Menschen ihrem Gott unterstellt haben. Die Rachsucht des AT-Gottes aber endet übrigens mit dem Tod der Betroffenen. Der Forderer der Liebe zu den Feinden aber will als alleiniger Weltenrichter Menschen, die aus seiner Sicht einen falschen Gott angebetet haben, mit ewiger Marterung mit Feuer und Schwefel bestrafen. Dass nenne ich wahre Liebe zu den Feinden ;-))
Ich bestreite gar nicht, dass man das
so sehen kann. Deine Argumentation ist in sich schlüssig und die Androhung einer
ewigen Hölle fand auch ich schon immer das Letzte. Buchstäblich
das Letzte, denn was könnte schlimmer sein als das?
Aber - die interessante Frage ist jetzt für mich diese: Was ist
deine Motivation dabei? Wenn du das Christentum so schlimm findest, wieso befasst du dich dann so ausführlich damit? Du kennst die Bibel scheinbar besser als ich, aber du ziehst sie nur durch den Schmutz. Ich verstehe ganz ehrlich deine Logik nicht. Du hast dein Urteil über das Christentum gefällt, aber wieso beschäftigst du dich dann weiter damit und verstrickst dich in Diskussionen darüber, noch dazu mit jemandem wie mir, der von Anfang an sagte:
Diejenigen, die die Bibel wörtlich auslegen, behaupten, sie sei die absolute Wahrheit, genau so wie sie da steht, ohne jede weitere Interpretation. Die Bibelkritiker sagen: Das, was da steht, sind alles nur Behauptungen, die nicht stimmen. Der Mittelweg ist hier: Man sollte weder blind glaubend noch kritisierend an diese Texte herangehen, sondern geistig forschend. Das ist der Weg der Geisteswissenschaft.
Auf eine Diskussion über
wörtliche Bibelinhalte habe ich mich nur deshalb eingelassen, um zu testen, wie gut du die Bibel kennst. Du kennst sie gleich gut oder eher sogar besser als ich, das ist nun geklärt. Deine Interpretation der Bibel ist also, dass Jesus ein gescheiterter Weltuntergangsprophet war und dass das Ausbleiben der Apokalypse zu Lebzeiten seiner direkten Anhänger das Christentum ad absurdum führt. Dieses Urteil beruht aber auf einer ganz bestimmten Herangehensweise, nämlich der, dass du dir anschaust was die Kernforderungen von Jesus waren und ob diese von den Christen eingehalten werden und des weiteren ob seine Ankündigungen zur rechten Zeit eingetroffen sind oder nicht. Man könnte das als die
historisch-kritische Methode bezeichnen. Wie ich dir jedoch geschildert habe, ist meine Herangehensweise eine ganz andere.
Da ich eben immer von der
individuellen Ebene ausgehe, frage ich mich, was du mit deiner Methode bezwecken willst? Warst du früher selber mal Christ und das ist jetzt sozusagen deine Rache am christlichen Glauben? Wenn das so ist, wieso ziehst du dann nicht weiter und lässt das Christentum zurück. In meinem Fall ist es zum Beispiel so, dass ich mit dem Islam nichts anfangen kann. Er ist die einzige der großen Religionen, die mich null anspricht. Aber deshalb muss ich doch jetzt nicht zum Islamkritiker werden. Es gibt doch so viele andere Quellen, wie die Bhagavad Gita oder auch moderne spirituelle Autoren. Du kommst mir vor wie jemand, der mal an der Pommesbude Mayo bestellt hat und das gar nicht leiden konnte und jetzt, anstatt auf Ketchup zu wechseln, ständig auf Mayo schimpft. Aber ich könnte mich da auch irren, ich will keine vorschnellen Schlüsse ziehen.
Allerdings muss ich dazu sagen, dass ich dieser Tage nicht mehr so viel direkt in der Bibel lese. Ich befasse mich vielmehr mit Inhalten, die (unter anderem) auf der Bibel aufbauen, wie etwa der Anthroposophie. Oder - aber auch das ist schon wieder einige Jahre her - mit dem YouTube Kanal von Jordan Peterson. Dessen Vortragsreihe
The Psychological Significance of the Bible Stories würde ich wirklich mal jedem empfehlen, der einen ganz einzigartigen Blick auf die Bibel bekommen will.