Du unterschätzt ihn immer noch gewaltig. Seine Bücher sind auch keine Romane im eigentlichen Sinne, weil sie nicht wirklich eine lineare Handlung haben und weil selbst diese nicht lineare Handlung immer wieder mal unterbrochen wird durch Kapitel, die im Sachbuch-Stil geschrieben sind, durch Zitatensammlungen, Gedichte und anderes. Das zweite Buch Spiritually Incorrect Enlightenment enthält zum Beispiel eine auf mehrere Kapitel verteilte, tiefgehende Rezension von Melvilles Moby Dick. Ich sehe Jeds Bücher als spirituelle Kunstwerke, nicht Romane.
Auch ein literarisches Buch kann ernst zunehmende Inhalte haben.
Schließlich gibt es nicht nur einen Nobelpreis für Medizin, Chemie und Physik, sondern auch einen für Literatur, und das aus guten Gründen.
Melvilles Moby Dick hat zweifellos tiefenpsychologische Motive in sich - allerdings hat das Mary W. Shelleys Frankenstein auch (NB: durchaus sehr lesenswert und ganz anders als der berühmte Film von 1930. Zum Ende hin nimmt Shelley auf Dutzenden von Seiten einiges von Freud vorweg - und das fast 100 Jahre vor ihm. Sie schrieb das berühmte Buch im Alter von nur 19 Jahren).
Moby Dick: Das es aber ausgerechnet Moby Dick sein musste, dass macht es dann wieder ... nun ... irgendwie bezeichnend.
Denn
Moby Dick ist DAS Buch, das so ziemlich JEDER Highschool-Schüler in seinem Leben als Standard-Schullektüre lesen muss. Auf deutsche Verhältnisse übertragen klingt das etwa so, als ob jemand in einem deutschen Buch dieser Art sich auf den
Schimmelreiter bezieht oder aus
Das kalte Herz.
Es wirkt so, dass man den Eindruck gewinnt: Da hat jemand seine Pubertät nicht verdaut. Jetzt mal abseits davon, ob das jetzt so ist oder nicht.
Um ehrlich zu sein, haben für mich Autoren, die zum Wahnsinn und zum Suizid neigen, sogar eine größere Chance, in der To Read Liste nach oben zu wandern, als die "normalen". Ich denke ich hatte es deutlich gemacht, dass ich diese "Vorwürfe" nicht ernst meinte.
Es entspricht dem Klischee
Genie und Wahnsinn, die angeblich so nah beieinander liegen. Die Kunst-, Musik- und Literaturgeschichte ist voll von solchen Biografien - und Klischees, wie man sie z.B. auf jedem Klassik-Plattencover lesen kann, da ist die Lebensgeschichte eines jeden Komponisten ja schon pflichtgemäß eine Tragödie. Ob das nicht alles immer maßlos übertrieben ist, dass ist ja auch noch so eine Frage.
Nur eine Frage hätte ich zu Wallaces Buch noch: Ist der Schreibstil dieses Buches abstrakter und technischer als zum Beispiel Eine kurze Geschichte der Zeit von Stephen Hawking? Denn wenn ja, ist es sehr fraglich, ob ich einen Zugang dazu finden werde. Hawking und Brian Greene sind für mich schon an der Grenze des Lesbaren, alles was abstrakter und mathematischer als das ist, kann ich nicht verdauen.
Die Mathematik existiert in Wallaces Buch, auch und gerade in mathematischen Formeln. Die Schulmathematik (Bruchrechnung, Potenzen, Geometrie) sollte man schon beherrschen. Allerdings ist sie nicht sonderlich anspruchsvoll. Die Schwierigkeit, dass zu verstehen, besteht nicht im Verständnis der mathematischen Verfahren. Sondern darin, die visionären Vorstellungen Cantors nachvollziehen zu versuchen: Und genau da wird es dann "spirituell".
Da Spiritualität ein zeitloses Thema ist, gibt es da natürlich in dem Sinne nichts "Neues" mehr zu entdecken. Natürlich wiederholen sich Darstellungen, Begriffe und Beschreibungen im Laufe der Geschichte. Nur ist auch hier wieder die Frage: Was ist daran das Problem?
Es gibt viele Themen, bei denen man das Rad nicht mehr neu erfinden kann. Aber darum geht es nicht.
Aber wenn dem so ist, warum sollte man dann ein weiteres Buch zum Thema schreiben? Die Leser können dann gleich die Originale lesen, während ein weiteres Buch zum selbigen Thema nur noch eine Art Abschrift darstellt.
Hin- und wieder fragt mich jemand (wenn er erfährt, dass ich Koch bin), ob ich nicht ein Kochbuch schreiben will - nur wozu?
Von uns hat das Kochen keiner erfunden. Was sollte ich denn den Hundertausenden von Titeln an Kochbüchern hinzufügen, was da nicht bereits längst tausendfach wiederholt drin stände?
Es würde nur dann einen Sinn ergeben, wenn es einen
neuen Ansatz gäbe, an das Thema heran zu gehen (tatsächlich hatte ich schon 2x einen vllt. "neuen" Ansatz, es kam aber dann letztlich doch nicht zur Umsetzung dieser Ideen).
Das ist dann in der Kochbuchliteratur der Grund dafür, warum es alle paar Jahre einen "neuen" Trend gibt, makrobiotisch, vollwertig, molekular, vegan, paläeo ... mal sehen, was als Nächstes kommt.
Einen solchen "neuen" Ansatz kann ich aber aufgrund der Leseproben bei McKenna nicht erkennen. Strukturell nicht, stilistisch nicht und (wahrscheinlich) auch inhaltlich nicht. Selbst die verwendeten Allegorien ("Kreuzweg", "Reise", "3/4 Mond" usw. usf.) sind so abgegriffen, dass sie wie eine Satire wirken. Wüsste ich es nicht besser, dann würde ich es auch für Satire halten - oder es ist eine so raffinierte Satire, dass wir alle darauf herein fallen.
Wie ich bereits schrub: Die Rosenkreuzer glauben seit mehr als 400 Jahren an spirituelle Inhalte eines Satirikers ...
Der deutsche Satiriker schrieb 1963 das Buch
Die Wahrheit über Hänsel und Gretel. Darin machte er sich über Märchenforschung lustig. Das Buch analysiert das Grimmsche Märchen und scheint eine historische Wahrheit aus ihm abzuleiten. Traxler ahmt darin Heinrich Schliemann nach (der nach der Lektüre des Homers schließlich "Troja" ausgrub) und verwendet als Belege reale, historische Dokumente (z.B. über die "Backerhexe").
Die Geschichte ist aber
frei erfunden, wenn auch anhand von Grimms Märchen, es ist eine
Parodie. Zeitweise ermittelte man sogar wegen Betrugs gegen Traxler.
Viele Menschen haben aber unbedingt an
Die Wahrheit über Hänsel und Gretel geglaubt. Sogar noch
viele Jahre nachdem Traxler öffentlich bekannt gab, das es sich um eine Satire handelt - und das sie von ihm ist, denn er schrieb sie unter Pseudonym. Manche Leute glauben das bis heute.
Damit ist für mich das Thema Jed McKenna beendet. Was ich dazu zu sagen habe, das habe ich gesagt. Alles andere wären nur noch Wiederholungen: Und das die nichts bringen, das hatten wir ja schon.