Ich kann nur für mich sprechen, da ich bezweifle, dass alle Hochsensiblen so sind wie ich. Außerdem habe ich keine Diagnosen, mache keine Therapie und werde nicht von anderen als hochsensibel wahrgenommen. Trotzdem würde ich gerne aus meiner Sicht darauf antworten.
Man ist emotional verletzlich, das stimmt schon, aber das ist eigentlich nur ein Symptom, eine Folge des Eigentlichen. Das Eigentliche ist auch an sich gar kein Problem oder Schicksal.
@hochsensibel hat es so ausgedrückt, dass man sich anders und nicht passend fühlt. Das ist zwar auch nicht falsch, aber sich anders zu fühlen ist weder eine Schwäche, noch ein Problem. Es ist doch so: Menschen sind wie natürliche Zahlen - jeden gibt es nur ein mal. Es gibt keine Menge von gleichen natürlichen Zahlen oder Menschen. Was ist das für eine Gesellschaft, in der ausgerechnet derjenige medikamentös behandelt wird, der sich dieser Wahrheit gewahr wird? Es ist eine zum Zweck einer kontinuierlichen Zerstreuung ideologisierte. Was gleich sein kann, sind Aussagen wie: 1 + 3 und 2 + 2. In einem von auf hochsensibels HP verlinkten Test soll man die folgende Aussage mit "ja" oder "nein" beantworten. "Hungergefühle stören nachhaltig meine Konzentration und beeinträchtigen meine Stimmung." Wer sie mit "ja" beantwortet, steigert in diesem Test seine Wahrscheinlichkeit auf ein Testergebnis, das sagt, man sei sensibler als der Durchschnittsmensch. Aber ich musste lachen, denn meines Wissens kann diese Frage nur Einer mit "nein" beantworten, der amphetaminsüchtig ist. Das nur nebenbei.
Das Problem ist nicht, anders zu sein, sondern von sich auszugehen bei der Beobachtung seiner Umgebung. Man bekommt Schuldgefühle für alles mögliche und findet kein Ventil dafür. Man erkennt zwar Missstände, wagt es aber nicht, sie zu thematisieren, weil man glaubt, alle anderen können gut damit leben und haben Angst vor (positiver) Veränderung. Man verstrickt sich immer mehr in Gewissenskonflikte bei den Abwägungen zwischen dem Ansprechen eines im Raum befindlichen Elefanten oder des Gewährens ignoranter Lebenszufriedenheit der Mitmenschen. Das eigentliche Problem bei Hochsensibilität ist, denke ich, dass man das Umfeld zu sehr schonen will.