AW: vom Verzeihen
Ich bin erstaunt und erfreut, daß sich einige doch nicht zu gut sind, in einem Thema zu posten
"Verzeihung" spielt im sozialen Leben auf jeder Ebene eine große Rolle: Beruflich – privat, in der Familie – unter Freunden, bei Alt – bei Jung, beim Geliebten – bei Bekannten, bei Usern – bei Userinnen... So gesehen hast Du treffliche Beispiele gebracht, Fidelitas!
Ich finde das Verzeihen meist für nicht notwendig, weil ich da anders empfinde. Wichtiger als das Verzeihen ist für mich das Verstehen. Wenn man vordergründiges Handeln hinterfragt, macht man meist die Erfahrung, dass jeder Mensch mit sich selber zu tun hat. Beleidigungen und Verletzungen bekommen dann oft oder sogar meist einen ganz anderen Stellenwert. Man nimmt es plötzlich nicht mehr so persönlich, wenn man sich die Zeit nimmt (wenn man sie hat), zu verstehen, wo die Ursachen liegen könnten:
Wo es oder
wie viel vielleicht an mir selber gelegen ist oder wo der/die Andere eigene Probleme hat, die gar nichts mit mir zu tun haben, auch wenn sie zwischen uns ausbrechen.
Das klingt möglicherweise moralisierend oder theoretisch, ich glaube aber, da aus ziemlich langer Erfahrung, aus vielen Beobachtungen und ständigem Hinterfragen - und auch aus viel Selbstzweifel reden (schreiben) zu dürfen. Oft musste ich erkennen, dass es mir gar nicht zusteht, zu verzeihen. Vielleicht haben sich manche Umstände geändert (Einsichten, Umgebungsbedingungen u. ä. Voraussetzungen), und plötzlich scheine ich mit der Situation konfrontiert zu werden, zu verzeihen oder nicht zu verzeihen. Beim schnellen Überfliegen dieses Threads bin ich auf das "sich aussprechen" gestoßen. Ja, das ist dann immer gut, wenn auch nicht immer notwendig, das kommt auf verschiedene Faktoren an.
Jedenfalls kommt es mir dann nicht auf das Verzeihen können an, sondern ob ich mit den neuen, geänderten Voraussetzungen leben kann und ob ich es akzeptieren kann. Ich will es dem Anderen nicht antun, dass ich ihm/ihr großzügig verzeihen will, sondern ich will überprüfen, ob es nun auch anders geht oder eben trotzdem nicht.
Ob das nun in meiner Partnerschaft der Fall ist oder beim Freund, beim Kollegen oder beim Arzt ist so gesehen ziemlich egal, meine ich.
Und wenn ich manche User um Verzeihung bitten würde, möchte ich dann vielleicht nicht eher mehr Verständnis haben für etwas, was ich gar nicht so gemeint habe? Und dass ich eigentlich ganz anders bin, als es rüberkommt?
P.S.: Das habe ich erst im Nachhinein von Kathi gelesen:
"wenn verzeihen eine handlung ist, die einem nicht gut gelingt, zeigt das für mich, dass die möglichkeit zur selbstreflektion und selbstveränderung im moment gering ist."
Hm - wie schön man doch in wenigen Worten dasselbe schreiben kann...
