AW: vom Verzeihen
Ich unterscheide zwischen dem, was mir geschah, als ich noch keine Möglichkeit hatte, die Situation zu erkennen, mich außerdem nicht wehren konnte und heute. Für die erste Hälfte muss ich zusammenfassend sagen... WILL ich nicht verzeihen. Wenn ich verzeihen sollte, dann wird das am Ende eines Prozesses stehen oder nicht. Fordern zwecklos. Wenn jemand diesen Punkt, den man m.E. nicht merkt, überschritten hat, und verzeiht um frei zu sein, respektiere ich das, auch wenn ich das Motiv dabei eher als fesselnd empfinde. Ich empfinde keinen Drang zu verzeihen, abzuschließen. Auch deshalb, weil ich merke, dass der Horizont des Täters/in nicht ausreicht, bzw. soweit verbaut ist, dass für ihn/sie meine Äußerung von Wut und Enttäuschung nicht verständlich ist. Manche (Täter) scheinen beim gewünschten Verzeihen auch eher auf eine schuldbefreiende Willensäußerung abzuzielen und manche Opfer auf eine (wieder) deckelnde Schnelllösung. Eine trügerische. In diesem Bereich hab ich andere Ansichten als manche Psychos und auch andere als die Seelenfänger.
Wenn ich aber heute von jemandem verletzt werde, was gar nicht oft vorkommt, verzeihe ich recht schnell. Vielleicht wenn meine Freundin mich anknurrt oder irgendein Vollidiot seine „Macht“ in seinem vergleichsweise winzigen Handlungsspielraum erleben muss. Eben aber, weil ich das, was die Menschen bedeutungsvoll nennen, was sie unterscheiden, inzwischen nicht mehr so ernst nehmen kann. Nichtmehr garso „drin“ bin. Oder aber, weil ich repektlos zurückbelle, was in dem Moment nichts weiter als eine Entgiftungsfunktion hat.
Heute zu verzeihen, was im heutigen Bewusstsein geschieht, das ist für mich damit leicht. Und ich vermute das ist das, wovon ihr redet. Wer das nicht kann, dem würde ich das nicht vorwerfen, auch nicht unbedingt vorschlagen. Sehr leicht setze ich mir damit einen Heiligenschein auf, der aus Pappe ist. Natürlich darf ich mir den aufsetzen, aber hier beginnt die Grenze zur unmerklichen Weitergabe des Erlebten, nicht viel anders, als ein Täter es tat.
Was hier unter euch vorgefallen ist, das bitte ich euch irgendwie mit ein bisschen Luftholen im Zweiergespräch auszutauschen. Ich fand bis jetzt, dass sich eigentlich hat alles wieder einrenken lassen, wenn von vornherein klar ist, dass es keinen Sieger und Besiegten geben kann.
Grüße zum Wochenende
Bernd