Natürlich. Und deshalb springt auch keiner, der Cogito ergo sum sagt, danach aus dem 8. Stock. Denn natürlich wissen wir, dass die Gesetze der Physik trotzdem gelten. Dazu fällt mir gerade eine Passage von Schopenhauer ein, in der er sich darüber wundert, dass die Naturgesetze so sehr in Stein gemeißelt sind, dass sie also immer und überall gleich sind und niemals eine "Ausnahme" machen. Das hört sich erst mal komisch an, aber er trifft damit schon ein gewissen Nerv. Wenn man bedenkt wie gigantisch das Universum ist, dann ist es doch schon unglaublich, dass überall und immer die 100% gleichen Gesetze gelten.
Ob dies immer so ist, das ist noch die Frage.
Das Universum kennt keine Gesetze, nur Gewohnheiten. Und Gewohnheiten lassen sich ändern.
Der englische Biologe Rupert Sheldrake nimmt tatsächlich an, dass das Universum Gewohnheiten folgt. Und je länger sie bestehen, um so stabiler sind sie dann. Tatsächlich sind die stabilsten Elementarteilchen jene, die als erstes entstanden sind.
Im Umkehrschluss kann man annehmen, dass z.B. neue chemische Verbindungen, die erstmals durch den Menschen hergestellt wurden und die in der Natur nicht vorkommen, instabil in ihrem Verhalten sein können. Und genau dafür hat Sheldrake Beispiele: Da ändert sich nach ein paar Jahren plötzlich das Verhalten und die Reaktionen neuer chemischer Verbindungen. Selbst beteiligte Chemiker haben dafür im Grunde keine Erklärung oder bezeichnen dies als ein Scheitern grundlegender wissenschaftlicher Vorgaben, nämlich der Reproduzierbarkeit. Tatsächlich hatten solche Effekte auch schon erhebliche ökonomische Konsequenzen, z.B. bei der Herstellung wichtiger Medikamente.
Das Thema AI halte ich für ein ganz heißes Eisen. Das passt durchaus hier ins Thema "Visionen", denn dies könnte eine Horrorvision werden. Sobald die technologische Singularität erreicht sein wird, und dass diese kommen wird, scheinst ja auch du zu glauben, werden die Dinge unberechenbar.
Der amerikanische Wissenschaftskolummnist Martin Gardener schrieb einmal, der Mensch habe jahrhundertelang den Flug der Vögel studiert und vom Fliegen geträumt. Heutzutage fliegen wir höher, schneller und weiter als das ein Vogel tun könnte, aber heraus kam dabei das
Flugzeug. Die Erforschung der Intelligenz, auch der AI, steckt noch in den Kinderschuhen, aber vllt. kommt auch eher ein
Klugzeug dabei heraus.
Schachprogramme können heute jeden Schachspieler inklusive der Weltmeister schlagen, aber dennoch folgen sie keiner Strategie. Vielmehr ist es blanke Rechenpower,
Brute Force, die Berechnung möglichst vieler Varianten und Zügen im voraus. Schachweltmeister Garri Kasparow äußerte sich einmal in dem Sinne (nach seinem Verlust eines Turniers gegen das Schachprogramm
Deep Blue), das ein Auto auch schneller fahren könne als ein Mensch laufen kann. Dennoch gäbe es noch immer Wettrennen von Sportlern.
Die heutige AI ist, mehr oder weniger, auch nichts anderes als Brute Force. Für viele Problemstellungen haben wir immer vorausgesetzt, es sei Intelligenz für ihre Lösung notwendig. Die AI offenbart eher, dass das gar nicht so ist, blanke Brute Force reicht. Sonderlich intelligent ist sie aber nicht, nicht einmal auf dem Niveau eines 6jährigen Kindes.
Selbst die Marktführer, die enorme Summen in die Entwicklung der AI stecken, sind doch in ihren Erfolgen eher bescheiden. Suchmaschinen im Internet z.B. finden noch immer viele Schrottseiten, die mit der Suchanfrage wenig zu tun haben. Und die angeblich "intelligenten" Werbebanner zeigen mir immer nur Damenunterwäsche und -oberbekleidung, wenn ich mal an einem Rechner der Bayerischen Staatsbibliothek sitze (nur Misanthropen werden jetzt behaupten, die Algorithmen wüssten eben mehr über mich als ich selbst).
Man stelle sich das so vor: Auf der einen Seite des Dialogs der Mensch mit seinem normalen Denkvermögen, der bei normaler Gesprächsgeschwindigkeit ein paar Sekunden oder maximal eine halbe Minute Zeit zum Nachdenken hat. Auf der anderen Seite die AI, die in dieser Zeit das Äquivalent zu hunderten oder tausenden Stunden Zeit zum Nachdenken hat, Harris hat die unvorstellbare Zeit von 20.000 Jahren berechnet, die eine AI Zeit hätte, sich eine Antwort auf eine menschliche Frage einfallen zu lassen, verglichen mit der Denkgeschwindigkeit des Menschen.
Die AI mag
schneller rechnen, aber nicht zwangsläufig
besser. Es gibt da diesen alten Witz, nach dem ein Computer sich für eine von zwei Uhren entscheiden soll: Die eine geht 10 Sekunden nach, die andere ist stehen geblieben. Der Computer entscheidet sich für die Uhr, die stehen geblieben ist. Denn die zeige zweimal am Tag die richtige Zeit, während jene, die 10 Sekunden nachgehe, dies nur alle soundso viele tausend Jahre täte.
Es gibt Aufgaben, die jedes Kind lösen kann, an denen Computer i.d.R. scheitern (es sei denn, es gibt spezialisierte Software dafür). Als Hobby-Programmierer habe ich mir auch schon die Zähne an solchen
Fehlannahmen ausgebissen. Oft hatte es mit der Tatsache zu tun, dass Computer grundsätzlich nur mit rationalen Zahlen arbeiten und es ist die digitale Definition der Zahlendarstellung, die zu Rechenfehlern führt. Die sind zwar sehr klein und damit meistens vernachlässigbar - aber nicht immer. Nämlich dann nicht, wenn ein Prozessor die Frage, ob
1 = 0.99999999999999999934879 ... ?
zu entscheiden hat. Denn da sagt er, nein, sie sind nicht gleich. Womit er natürlich Recht hat, oder auch eben nicht.