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Visionen

Wir leben - ganz offensichtlich - schon seit langem im Zeitalter der Verdrehung und Umkehrung, also im metaphysischen Sinne im Zeitalter des Antichristen. Denn früher, und bis heute bei manchen von der Zivilisation abgeschotteten Menschen, galt und gilt es als Krankheit, keine Visionen, also keine Verbindung zur geistigen Welt zu haben.

Früher hat man dafür aber auch Menschen auf dem Scheiterhaufen verbrannt, wenn sie die "falschen" Visionen hatten (Gordiano Bruno, 1600) oder, in langer christlicher Tradition, Epileptiker zu Besessenen erklärt - und zu exzorzieren versucht. Und ggf. deren Tod billigend in Kauf genommen.

Und dann gibt es da noch diese ganz anderen Lebensgeschichten der Mystiker ...

Die folgenden Zitate stammen aus dem Buch Das Kreuz mit der Kirche. Eine Sexualgeschichte des Christentums des Historikers und Kirchenkritikers Karlheinz Deschner. Sie beschreiben Wirkungen von Zeitgenossen des Mittelalters und der frühen Neuzeit, die man später zu Heiligen erklärt hat. Dem gegenüber habe ich Zitate zu den historischen Personen aus einer HP namens "Heiligenlexikon" gestellt. (der Text und die Links stammen aus einem älteren Beitrag von mir aus einem anderen Forum. Die Links habe ich nicht noch einmal geprüft).

Maria Magdalena dei Pazzi

Deschner schrieb:
Die heilige Maria Magdalena dei Pazzi (1566-1607), eine Karmeliterin aus Florenz, eine der "hervorragendsten Mystikerinnen ihres Ordens", wälzte sich in Dornen, ließ sich heißes Wachs auf die Haut träufeln, beschimpfen, aufs Gesicht treten und peitschen, was sie offenbar am meisten entzückte, tat es die Priorin im Beisein aller. Dabei stöhnte sie: "Es ist genug, entfache nicht stärker diese Flamme, die mich verzehrt. Nicht diese Todesart ist es, die ich mir wünsche. Sie ist mit allzuviel Vergnügungen und Seligkeit verbunden."

Heiligenlexikon schrieb:
Qualvolle körperliche Leiden und seelische Belastungen überwindend, wurde sie zu einer der hervorragendsten Mystikerinnen ihres Ordens.
Heiligenlexikon, voller Text


Marguerite Marie Alacoque

Deschner schrieb:
Die französische Salesianerin Marguerite Marie Alacoque (1647-1690) schnitt sich ein Jesusmonogramm in die Brust und brannte es, als es zu schnell heilte, mit einer Kerze wieder aus. Sie trank zeitweise nur Waschwasser, aß verschimmeltes Brot, faules Obst, wischte einmal mit der Zunge den Auswurf eines Patienten auf und beschreibt uns in ihrer Selbstbiografie das Glück, das sie empfand, als sie ihren Mund mit den Fäkalien eines Mannes gefüllt hatte, der an Durchfall litt. Für dererlei Kotfetischismus aber durfte sie nachts lange das Herz Jesu küssen, der sie eigenhändig hielt. Papst Pius IX. sprach sie 1864 heilig !

heiligenlexikon schrieb:
Margareta Marias mystische Erfahrungen hielten an, kritisch beäugt von den Ordensvorgesetzten und strengen Prüfungen unterworfen.
Heiligenlexikon, voller Text

Angela von Foligno

Deschner schrieb:
Die heilige Angela von Foligno (1248-1309) genoß das Waschwasser von Aussätzigen. "Nie hatte ich mit solcher Wonne getrunken", bekennt sie. "Ein Stück der schorfigen Haut aus den Wunden der Aussätzigen war in meiner Kehle stecken geblieben. Statt es auszuspucken, gab ich mir große Mühe, es herunterzuschlucken, und es gelang mir auch. Ich meinte, ich habe eben kommuniziert. Nie vermag ich die Wonnen auszudrücken, die mich überliefen."

Heiligenlexikon schrieb:
Immer mehr mystische Erlebnisse und Gnadenbeweise wurden ihr nun zuteil, Krankheiten und Schmerzen trug sie geduldig.
Heiligenlexikon, voller Text

Katharina von Genua

Deschner schrieb:
Katharina von Genua (1447-1510) kaute Schmutz von alten Armenkleidern, wobei sie Dreck und Läuse verschluckte. Sie wurde 1737 kanonisiert

Heiligenlexikon schrieb:
Sie selbst kasteite sich, währenmd der Fastenzeit ernährte sie sich nur von der Kommunion.
Heiligenlexikon, voller Text
 
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Die französische Salesianerin Marguerite Marie Alacoque (1647-1690) schnitt sich ein Jesusmonogramm in die Brust und brannte es, als es zu schnell heilte, mit einer Kerze wieder aus. Sie trank zeitweise nur Waschwasser, aß verschimmeltes Brot, faules Obst, wischte einmal mit der Zunge den Auswurf eines Patienten auf und beschreibt uns in ihrer Selbstbiografie das Glück, das sie empfand, als sie ihren Mund mit den Fäkalien eines Mannes gefüllt hatte, der an Durchfall litt. Für dererlei Kotfetischismus aber durfte sie nachts lange das Herz Jesu küssen, der sie eigenhändig hielt. Papst Pius IX. sprach sie 1864 heilig !

Die heilige Angela von Foligno (1248-1309) genoß das Waschwasser von Aussätzigen. "Nie hatte ich mit solcher Wonne getrunken", bekennt sie. "Ein Stück der schorfigen Haut aus den Wunden der Aussätzigen war in meiner Kehle stecken geblieben. Statt es auszuspucken, gab ich mir große Mühe, es herunterzuschlucken, und es gelang mir auch. Ich meinte, ich habe eben kommuniziert. Nie vermag ich die Wonnen auszudrücken, die mich überliefen."

Ich danke dir erneut für deine immer wieder erfrischenden und in diesem Fall dazu noch äußerst appetitlichen Einblicke in die Welt des Wahnsinns. ;)
 
Den Zusammenhang wird man wohl nicht leugnen können.
Ja, Korrelation und Kausalität. Physis und Psyche. Und wir können und dürfen weitere Variable aber nicht ausschließen, nur weil wir sie bislang nicht erkennen.
Ich habe eine gewisse Skepsis, ob nur physische Grundlagen über Bewusstsein und Erleben entscheiden. Qualität ist imho ein psychische Komponente, die unter verschiedensten physischen Voraussetzungen ähnlich, wenn nicht gleich sein kann (Schmerz beispielsweise).
 
Qualität ist imho ein psychische Komponente, die unter verschiedensten physischen Voraussetzungen ähnlich, wenn nicht gleich sein kann (Schmerz beispielsweise).
Ja. Trauer als Schmerz ist für mich ein Beispiel, für das es einen "Auslöser" braucht. Das "physische Erlebnis Tränen" ist sekundär.
 
Ich danke dir erneut für deine immer wieder erfrischenden und in diesem Fall dazu noch äußerst appetitlichen Einblicke in die Welt des Wahnsinns. ;)

Oh, besagtes Buch von Karlheinz Deschner enthält noch viel mehr solcher Delikatessen! Ist doch deftig, was?

Das europäische Mittelalter ist voll von derartigen, aus unserer Sicht mindestens neurotischen Mystikern. Vor allem unter Mönchen und ihrer vor allem auch sexuellen Askese. Manche kastrierten sich sogar selbst, andere wurden von (den ihrer Meinung nach) grässlichsten sexuellen "Visionen" gequält oder bekamen am hellerlichten Tage Pollutionen. Wieder andere kasteiten sich, behängten ihre Sexualorgane mit Gewichten oder "fasteten" sich systematisch zu Tode.
Und auch mit der Körperhygiene war es bei den Klerikern und Mönchen nicht gut bestellt. Wer alles Körperliche ablehnt oder dämonisiert, der wäscht sich auch nicht. Allein deshalb schon nicht, weil es auch körperliches Wohlbefinden, ja Sinnlichkeit befördert. Daher nannte man sie im MA oft auch "Kuttenbrunzer" - und das in einer Zeit, wo von einer Körperhygiene in unserem Sinne sicherlich nicht die Rede gewesen sein kann.
 
Auslöser für Schmerz gibt es ständig im Alltag, sowohl physischen als auch psychischen aber wie man damit umgeht ist die Frage. Eine Krise zeigt es und konzentriert den Schmerz auf einen Punkt. Wer da die Fähigkeit von Visionen hat, bekommt gute Chancen auf diesen Schmerz lindernde Antworten zu finden. Die Analyse oder Ursachenforschung ist dabei ein wesentlicher Prozess. Auch der krankhafte Wahn hat ganz reale Ursachen, die sich nüchtern erkennen lassen.
 
Oh, besagtes Buch von Karlheinz Deschner enthält noch viel mehr solcher Delikatessen! Ist doch deftig, was?

Das europäische Mittelalter ist voll von derartigen, aus unserer Sicht mindestens neurotischen Mystikern. Vor allem unter Mönchen und ihrer vor allem auch sexuellen Askese. Manche kastrierten sich sogar selbst, andere wurden von (den ihrer Meinung nach) grässlichsten sexuellen "Visionen" gequält oder bekamen am hellerlichten Tage Pollutionen. Wieder andere kasteiten sich, behängten ihre Sexualorgane mit Gewichten oder "fasteten" sich systematisch zu Tode.
Und auch mit der Körperhygiene war es bei den Klerikern und Mönchen nicht gut bestellt. Wer alles Körperliche ablehnt oder dämonisiert, der wäscht sich auch nicht. Allein deshalb schon nicht, weil es auch körperliches Wohlbefinden, ja Sinnlichkeit befördert. Daher nannte man sie im MA oft auch "Kuttenbrunzer" - und das in einer Zeit, wo von einer Körperhygiene in unserem Sinne sicherlich nicht die Rede gewesen sein kann.

Wobei ich zur Ehrenrettung dieser, ich nenne sie mal - asketischen Extremisten - dazu sagen muss: Als letzten Weg, wenn man wirklich gar nicht mehr weiter weiß auf dem Weg der Erkenntnis, würde ich sogar solche Schritte tun. Das ist vielleicht das Äquivalent zum Suizid beim Materialisten. Es gab und gibt solche extreme Praktiken ja durchaus auch in anderen Kulturen. Es scheint sich hierbei also um ein menschlich allgemeines Phänomen zu handeln. Aber solange man noch nicht an diesem Punkt angelangt ist, kann man in solchen Methoden nur eine Form des Wahnsinns sehen. Sollte man an diesem Punkt angelangen, ergibt es sich von selbst.
 
Ein Zeitgenosse von S. Freud war der Apotheker und Autor Emil Coué.
Mit seinem Schaffen hatte er sich der Autosuggestion verschrieben und brachte seine Gedanken über Vortragsreisen und mehrere Bücher in die Welt.
Er beschrieb seine Lehre z. B. in dem Buch „Die Selbstbemeisterung durch bewusste Autosuggestion“.
Er vertrat zwei Grundgedanken:
1. Jeder Gedanke in uns bestrebt, wirklich zu werden
2. Nicht unser Wille, sondern unsere Einbildungskraft, die Fähigkeit, sich etwas glauben zu machen, ist die bedeutsamste Eigenschaft in uns

Seinen Patienten sagte Coué klar: „Ich habe keine Heilkraft, nur Sie selbst!“
Coué empfiehlt:
sich lebenslang täglich nach dem Erwachen und vor dem Schlafen etwa 20 Mal halblaut (damit der Satz über den Gehörsinn im Unbewussten verankert wird) vorzusprechen:
Es geht mir mit jedem Tag in jeder Hinsicht immer besser und besser!
Hilfreich sei eine Knotenschnur oder Ähnliches zum Abzählen. Coué empfahl, den Satz möglichst kindlich und unangestrengt zu sprechen, langsam und monoton in der Art einer Litanei oder eines Mantras, ohne den Willen zu sehr zu bemühen.
Coue mochte Freud nicht, er sah Freuds Lehre als zu kompliziert und fehlerhaft an und war sich sicher, die einfachere und wirksamere Strategie entwickelt zu haben.
Ich habe mich vor längerer Zeit schon einmal mit Coué´s Werk beschäftigt und tue es gerade (im Zusammenhang mit dem Thema Visionen) mal eben wieder und sowohl damals auch jetzt, erzeugt das in mir Widerstand. Das wird wohl nie meine Methode werden.
Ich glaube einfach nicht, dass die (sicher vorhandene) Wirksamkeit darauf beruht, dass das Gehirn (mit der Zeit) etwas als Tatsache akzeptiert, von dem ich weiß, dass das – SO – nicht ist. Ich bin überzeugt, dass sich das Gehirn auf diese Art nicht überlisten lässt.

Eine Vision ist für mich etwas völlig anderes als gebetsmühlenartige Affirmationen (eventuell durch eine Visualisierung verstärkt). Eine Vision ist das innere Bild einer auf die Zukunft bezogenen Imagination. Eine Vision ist die motivierende Vorstellung eines gewollten zukünftigen Zustandes.
Ich halte mich für stark genug, mir gegenüber absolut ehrlich bleiben zu können und mir im klaren zu bleiben, dass das Bilder der Zukunft sind und keine eingebildete Gegenwart und trotzdem die volle Wirkung zu erzielen.
Und wie???????
Weil ich eine Vision, nicht als List gegenüber dem Gehirn sehe und somit mein Anliegen auch nicht dorthin richte. Ich sehe meine Vision als eine Botschaft an das Bewusstsein. Ich beteilige auf diese Art und Weise alles, was irgendwie Einfluss auf die Realisierung meiner Imagination hat. So muss ich mein Hirn nicht veralbern und habe die Gewissheit, dass ich alles getan habe, damit es gelingen kann.

Einige werden es nicht recht verstehen. Deshalb ein Beispiel.
Ich hatte in der Vergangenheit immer mal mit Leuten zu tun, die behaupteten, dass sie in der Lage sind, sich einen Parkplatz mental zu reservieren. Nicht nach dem Motto: ´Ich werde schon ein „Loch“ findenˋ oder irgendeinen Parkplatz in einem bestimmten Bereich, nein **den einen**(genau hier). Ich hielt das immer für Angeberei und hab das etwas in mich hineingelächelt. Jetzt, da ich die Zusammenhänge genauer kenne, lache ich nicht mehr. Es funktioniert, sage ich, weil ich es probiert habe und es aus Prinzip nicht weiter anwenden werde. Solche Dinge sind nmM Eingriffe, die schnell dazu führen, dass mein Vorteil zum Nachteil der anderen wird. Das Prinzip ist das gleiche, wie bei einer Vision. Ich gebe die Botschaft (die Bitte) in das Bewusstsein und alles „arbeitet“ für mich.
Es ist, aus meiner Sicht, auch nicht verwunderlich, dass derartige Erkenntnisse nicht gefördert sondern im Gegensatz unterdrückt werden; kann doch den Mächtigen wohl kaum daran liegen, dem Volk zusätzliche Macht zu verleihen.
Dieses Zusammenhänge erkannt und verinnerlicht zu haben, ist – für mich – jetzt (und sicher auch in Zukunft) sehr, sehr wertvoll. Diese Erkenntnisse haben mir alle offenen Fragen beantwortet.
Wer das liest, hat natürlich das Recht, mitleidig zu lächeln.
Für die, die vielleicht in Sachen Bewusstsein ein paar Schritte weiter gehen wollen, habe ich einen guten Rat.:
Der Zugang zum globalen, universellen Bewusstsein (zu dem Bewusstsein, dass in allen Formen und in allem Formlosen) verankert ist, hat nur eine Tür und die heißt Liebe.
Wann immer ich eine Vision hineingebe oder eine Bitte platziere, bitte nicht:
• Im Zustand der Gereiztheit
• Gestresst oder im angespannten Zustand
• Fordernd oder verlangend
• Von Unsicherheit und Zweifeln geplagt
Vielmehr kommt es darauf an, dass ich aus einer ausgeglichenen inneren Verfassung heraus, wohlwollend und liebevoll agiere. Das was ohnehin der Schlüssel zu einem ˋLeben in Leichtigkeitˋ (einem Leben ohne unnötige Verkomplizierungen) ist, ist auch der (Zugangs-) Schlüssel zum Bewusstsein.
Viele Grüße * Helmfried
 
Zuletzt bearbeitet:
Wobei ich zur Ehrenrettung dieser, ich nenne sie mal - asketischen Extremisten - dazu sagen muss: Als letzten Weg, wenn man wirklich gar nicht mehr weiter weiß auf dem Weg der Erkenntnis, würde ich sogar solche Schritte tun.

Alle großen Religionsgründer haben die Askese als letztlich sinnlos verworfen.
Buddha hungerte sich - vor seiner Erleuchtung - fast zu Tode. Er erkannte jedoch, dass die Askese ihn nicht zur Erleuchtung führt, ja kontraproduktiv ist. Jesus war kein Asket:

Deschner schrieb:
Endlich aber war Jesus selbst kein Asket. sein vierzigtägiges Fasten steht nur in der Versuchungslegende, die deutlich das Mythische streift, zudem zahlreiche vorchristliche Parallelen hat, bei Herakles, Zarathustra, Buddha. Auch ist dieses dubiose Hungern gänzlich singulär. Jesus haust nicht, wie Johannes der Täufer, in der Wüste, trennt sich vielmehr von ihm, gerade weil er seine Kasteiung verwirft. Er bekämpft ja auch die Askese der Pharisäer. Er meidet nicht die Welt, die Freuden, die Feste, fastet so wenig hingegen, daß ihn seine Feinde "Fresser und Weinsäufer" schelten. Fällt doch auf, wie oft er Gast oder Gastgeber ist. (...) Vielmehr befiehlt der Barnabasbrief, eine Unterweisung aus dem Kreis der Apostolischen Väter: "Was soll mir euer Fasten ? ... Und wenn ihr euren Nacken bis zu einem Kreis beugt und euch in einen Bußsack werft und auf Asche euch bettet, haltet es deshalb nicht für ein wohlgefälliges Fasten ... aber jeder löse sich von der Fessel der Ungerechtigkeit und schalte aus die Schlinge gewaltsamer Verträge und gebe die Bedrückten frei und zerreiße jeden schlechten Handel. Teile dein Brot mit den Hungrigen, und siehst du einen Nackten, bekleide ihn und Obdachlose nimm zu dir auf."

Die Askese hat antike griechische Vorbilder und beginnt im Christentum mit Paulus:

Deschner schrieb:
Paulus, der außer Christus und seiner Lehre "alles für Schaden", "alles für Kot" hält, sich und seinesgleichen aber für "Christi Wohlgeruch", induzierte nicht nur eine Reihe scharf antijesuanischer, das Christentum recht eigentlich erst begründender Dogmen, sondern führte auch schon die Diffamierung der Sexualität ein, die Zurücksetzung der Frau, die Geringschätzung der Ehe und die Askese. (...) Immer wieder bekämpft Paulus - vielleicht von Kind an impotent, zumindest aber randvoll von sexuellen Komplexen - die "Unzucht", das "Laster", "die Werke der Finsternis", "Schwelgereien und Trinkgelage", "Unzucht und Ausschweifungen", den "Verkehr mit unzüchtigen Leuten", "Unzüchtige", "Ehebrecher", "Lüstlinge und Knabenschänder" - Homosexuelle nennt das Neue Testament "Hunde" - "Unsittlichkeit, Unzucht und ausschweifende Lebensweise". Dies steht an der Spitze. Erst dann folgen Götzendienst, Feindseligkeit, Zank, Zerwürfnis und anderes. Immer wieder liest man: "So ertötet denn eure Glieder, die an der Erde haften, in denen Unzucht, Unsittlichkeit, Leidenschaft, böse Begierde wohnen..." "Fliehet die Unzucht ! Jede andere Sünde, die ein Mensch begeht, bleibt außerhalb seines Leibes, der Unzüchtige aber sündigt gegen seinen eigenen Leib." (...)
Paulus eröffnet die Diskussion mit einem fundamentalen Satz, es sei "für den Mann gut, kein Weib zu berühren". Er verbietet die Ehe nicht, hält sie für besser sogar als Brunst leiden, wünscht aber dennoch, "daß alle Menschen so wären wie ich", also ehelos. Er nennt dies ausdrücklich "empfehlenswert". Männer, Frauen, Witwen, Mädchen, alle möchte er am liebsten von der Ehe "verschont", ohne Ehe "glücklicher" sehen - eine Konzession doch nur an das sündige Fleisch, ein notwendiges Übel, bloß erlaubt "um (der Vermeidung) der Hurerei willen", und unverheiratet bleiben ist "besser".

In der Ernährungsmedizin erkennt man einen besonderen Stoffwechsel, den sog. Hunger- oder Fastenstoffwechsel. In den Hunger- oder Fastenstoffwechsel geht der Körper dann über, wenn der Mensch die Nahrungsaufnahme komplett einstellt, oder mehr oder weniger substanziell einstellt. Nach einigen Tagen ändert sich der Stoffwechsel, und zwar messbar. Nach anfänglichen, deutlichen Gewichtsverlusten (die aber im Wesentlichen nur aus Wasser bestehen) verliert der Körper nur noch langsam an Gewicht. Der Körper beginnt, seine Reserven anzutasten, erhöht dabei aber die Effizienz des Stoffwechsels. Die Reserven werden besser und verlustärmer ausgewertet als im Normalfall zugeführte Nahrung. Im weiteren Verlauf stellt der Körper die Reproduktionsfähigkeit ein, sprich Eisprung (und damit verbunden, die Menstruation), Muttermilch und auch die Spermienproduktion werden eingestellt. Der Fokus liegt auf dem - aus evolutionärer Sicht vorübergehendem - Erhalt des Individuums und nicht der Spezies.

Was sich auch messbar ändert: Die Produktion des "Glückshormons" Serotonin ist erhöht. Warum das Serotonin erhöht ist, das ist nicht genau bekannt.
Daher gilt Fasten als stimmungsaufhellend, eine Tatsache im Übrigen, die schon sehr lange bekannt ist, gerade auch in der Religionsgeschichte.
Erhöhte Spiegel von Serotonin haben aber auch andere: Maniker im manischen Schub z.B., aber auch Verliebte.

Man mag sich vorstellen, was ein erhöhter Pegel an Serotonin alles so bewirken mag (was tut man nicht alles, wenn man verliebt ist) - zumal noch auf Zeitgenossen, die aus dem einen oder anderen Grund ohnehin schon über eine ggf. bereits vorhandene Disposition für affektiertes Verhalten verfügen. Denn einem Orden schliesst sich ja auch nicht jeder Zeitgenosse an, sondern vllt. auch eher der/diejenige, der/die mit dem normalen sozialen Leben nicht so gut zurecht gekommen ist.
Zur gesteigerten physischen und psychischen Energie kommt dann auch noch der Schlafentzug dazu, denn den bewirkt das Serotonin dann meistens auch (Addicted to Love: You can't eat. You can't sleep.). Schlafentzug kann (und wird) Halluzinationen hervorrufen.

Da ist der Weg zu "Visionen" oder auch zum Wahn nicht mehr allzu weit.
Ein Mitglied einer abgeschlossenen, religiösen Gemeinschaft, vllt. sowieso schon ein Neurotiker, führt einen manischen Schub systematisch selbst herbei und hat dabei dann auch noch Halluzinationen. Ein weltlich-medizinisches Erklärungsmodell für das eigene Erleben existiert nicht ...
Der erhöhte Serotoninspiegel hält übrigens auch nach dem Beenden des Hungerns/Fastens noch einige Zeit lang an. Fastet also jemand wiederholt und öfter, mit dazwischen liegenden Phasen der Nahrungsaufnahme, dann wird der erhöhte Pegel mehr oder weniger zum andauernden Normalzustand. Man kann sich denken, wie jemand, ohnehin schon empfänglich, in einer Art fortgesetzten physisch-psychischen Rückkopplung, verbunden mit religiöser Inbrunst, mystischem Denken und einer verstärkenden Gruppendynamik ... da auf Dauer drauf kommt!

Ist die Probandin eine Frau, dann kommt noch ein weiterer Aspekt hinzu: Der Wegfall der Menstruation.
Für uns heute ist die Menstruation normal, aber das war nicht immer so. Die Religionen werten sie als ein Zustand der "Unreinheit", vor allem aber: Für die weitaus meisten Frauen fand sie nur in bestimmten Lebensphasen statt, in jedem Fall aber deutlich seltener. Denn gewöhnliche Frauen, in der Mehrheit, waren entweder schwanger oder haben gestillt und hatten in dieser Zeit keine Menstruation. Nonnen natürlich schon ...
... und dann auf einmal, dauerhaft, kein Zustand der "Unreinheit" mehr!
Da kann die Probandin sich auch gleich auch noch als eine Art "Heilige" fühlen!

So gesehen ist es vielleicht kein Wunder, dass viele, wenn nicht die Mehrheit der überlieferten historischen Visionen aus Nonnenklöstern und von Frauen stammen.
 
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