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Umberto Maturana: naturwissenschaftliche Philosophie

Pssst, nicht weitersagen !



pispezi schrieb:
[...] Da scheint mir jetzt alles Notwendige in aller Klarheit gesagt.
Stimmt !

Als notorische Quassel-Disku-TantIn möchte ich aber doch noch etwas sagen:

Die Sprengung des Maturana-Argumentationsgebäudes schwächt nicht im geringsten meinen festen Glauben
an den Konstruktivismus.
Ganz im Gegenteil, dieser Glaube wird dadurch eher gestärkt,
weil dadurch eine ziemlich fragwürdige These aus dem Dunstkreis des Konstruktivismus verbannt wurde.


Ich kann auch mannis Bemerkung ...
mwirthgen schrieb:
[...] Mir ist Maturana deshalb so wichtig, weil seine Aussagen - dies unterscheidet ihn
von Platon, Kant, Schopenhauer und Wittgenstein - nicht dem "Geist" gelten, sondern der Physis.

So ist seine Schussfolgerung "Wir erschaffen die Welt" in meinen Augen nicht nur eine
mehr oder weniger originelle Idee, sondern m.E. bezeichnet 'Autopoiese' die unhintergehbare
biologische Tatsache unserer individuellen Wahrnehmung.

Unser ganzer menschlicher Organismus schafft unser jeweils individuelles Wahrnehmen.

Objektivität im Sinne von "Das ist wahr." lassen die sensorischen und intrazellurären Prozesse nicht mehr
möglich erscheinen, da unser lebendendes System Reize auf seine jeweils eigene Weise kreativ beantwortet.

Im Unterschied dazu behaupten Platon, Kant, Schopenhauer und Wittgenstein auf ihre Weise 'das Wahre',
die 'Objektivität', indem sie implizit die Vorstellung haben, dass es Prinzipien der Wahrnehmung gäbe,
die Physisches umgehen bzw. aushebeln können.
Ihre Ebene der Betrachtung ist die der Spekulation.
... nahezu vorbehaltlos zustimmen.

Die Autopoiese würde ich nicht gar so hoch aufhängen, und auch Kant würde ich in diesem Zusammenhang
eher nicht erwähnen, weil dessen Denkansatz "Apriori-Erkenntniskategorien" auch im Lichte des
zeitgenössischen neurobiologischen Verständnisses von Wahrnehmung teilweise plausibel erscheint.


Aber das hätte hier und jetzt wirklich nicht mehr gesagt werden müssen.
 
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AW: Umberto Maturana: naturwissenschaftliche Philosophie

*Mir ist Maturana deshalb so wichtig, weil seine Aussagen - dies unterscheidet ihn von Platon, Kant, Schopenhauer und Wittgenstein - nicht dem "Geist" gelten, sondern der Physis. So ist seine Schussfolgerung "Wir erschaffen die Welt" in meinen Augen nicht nur eine mehr oder weniger originelle Idee, sondern m.E. bezeichnet 'Autopoiese' die unhintergehbare biologische Tatsache unserer individuellen Wahrnehmung. Unser ganzer menschlicher Organismus schafft unser jeweils individuelles Wahrnehmen. Objektivität im Sinne von "Das ist wahr." lassen die sensorischen und intrazellurären Prozesse nicht mehr möglich erscheinen, da unser lebendendes System Reize auf seine jeweils eigene Weise kreativ beantwortet. Im Unterschied dazu behaupten Platon, Kant, Schopenhauer und Wittgenstein auf ihre Weise 'das Wahre', die 'Objektivität', indem sie implizit die Vorstellung haben, dass es Prinzipien der Wahrnehmung gäbe, die Physisches umgehen bzw. aushebeln können. Ihre Ebene der Betrachtung ist die der Spekulation. Maturana dagegen bezieht sich auf Beobachtbares. Seine Schlussfolgerungen sind an Konkretem nachvollziehbar.

Bisher hat die Philosophie solche 'sensualistischen Ansätze' ignoriert oder gar verteufelt und die Tradition metaphysischer "Erkenntnisse" als DIEPHILOSOPHIE gepflegt mit kulturellen Auswirkungen für Handeln, Denken und Sprechen, die zur Zeit die Entwicklung eines weltweit notwendigen 'philosophieren' verhindern. Wenn es vom "Geist" immer noch erwartet wird, dass es ihm möglich sei, prinzipiell 'Objektivität' wahrzunehmen, dann wird es ja immer wieder Menschen geben, die angeblich besser wissen als andere, wie etwas eigentlich ist. Dieses muss aber im Hinblick auf die von Maturana beschriebenen biologische Sachverhalte prinzipiell fragwürdig erscheinen, wenn man bereit ist, physizistische Phänomene als Ausgangspunkt des 'philosophierens' gelten zu lassen.

Ich halte dies für einen sinnvollen und menschlich hoch wirksamen Ansatzpunkt, den ich gerne weiter erörtern möchte.*



>> ich habe den ganzen tag über Deine aussage nachgedacht und möchte mich jetzt bemühen, eine adäquate antwort zu formulieren, wenig verquast und gescheit, weil ich an ganz grundsätzliche sachen denke und nicht so sehr in vorgefertigten theorien.

ich lief heute also über eine brücke und fragte mich, woher ich denn wissen kann, dass all die anderen, die ich neben mir auf der brücke sehe, wirklich existieren. gleichzeitig warf ich mir anflüge von geistiger verwirrung vor, denn wie kann man daran zweifeln, dass es die anderen gibt?
eine freundin von mir, die sich dem buddhismus verschrieben hat, behauptet zum beispiel, ich sei als ich gar nicht existent, sondern nur ein teil ihrer phantasie, ihres geistes. sie lasse mich *erscheinen* und ich sei lediglich ein konstrukt ihres geistes.
abgesehen davon, dass gespräche wie solche mich in großer verunsicherug zurücklassen, war ich doch geneigt, IHRE sicht infrage zu stellen. ich konterte mit der aussage, dass nach diesem gespräch ICH ganz sicher nach hause gehen würde, ich jedoch nicht wisse, wohin SIE nach ihrem erscheinen (aus meiner sicht) verschwinde. daraus ergäbe sich für mich zwangsläufig die frage, wer denn nun wessen konstrukt sei. dass ich nur, weil ich nach einem gespräch für den gesprächspartner quasi unsichtbar werde, nicht existieren soll, hielte ich für unlogisch, denn ICH wisse ja, dass/was ich (ER)LEBE, vom anderen weiß ich es nicht, er könnte ebenso beiwerk für MEIN leben sein (substanzlos) wie ich es eventuell für IHN bin.

so weit, so gut.
ich kann Dir leider nicht sachlich korrekt antworten, da ich begriffe wie physizistisch etc. so nicht in meinem wort- und denkschatz habe. daraus ergibt sich die gefahr, dass wir uns missverstehen, sozusagen jeder von uns aus seinem persönlichen konstrukt heraus etwas artikuliert, was der andere an einer ganz anderen stelle in SEIN konstrukt einbaut und man auf diese weise herrlich aneinander vorbei kommunizieren kann.

ganz konkret kann ich nur auf Deine anmerkung zur lerntheorie eingehen - auch ich bin in der bildung tätig und gehe grundsätzlich davon aus, dass ich mein gegenüber lediglich anstoßen kann, also pertubieren - was davon es in sein konstrukt einbaut und ob überhaupt, liegt nicht in meiner macht. ich verstehe den k in dieser hinsicht so, dass wir quasi jeder einen ganz speziellen pfad im kopf/denken aufgebaut haben und nur das, was dahinein passt - was sozusagen in dem denkhaus, welches wir permanent bauen, auf resonanz stößt, was sich einfügen lässt, wofür es schon eine grundlage gibt - auch einfügen können. alles andere fällt herunter.

andererseits - kein individuum kann doch losgelöst von seiner umwelt existieren, wie sollte es dann so etwas wie eine komplett abgekoppelte existenz geben können?

missverstehe ich Dich? ein schwieriges, komplexes thema...

beim thema objektivität kann ich nur zustimmen, auch gerade hier im forum merkt man, wie ausgeprägt der wille einzelner ist, IHRE wahrheit als die einzig richtige und unbedingt bedenkenswerte anerkennt zu sehen. was allerdings lediglich für den *größenwahn* ;-) dieser personen spricht. je tiefer man in die problematik einsteigt, umso mehr gewinnt sie für den betrachter an komplexität und an einem bestimmten punkt wird man aufhören, zu glauben, man hätte die lösung gefunden bzw. die *wahrheit*, *realität*, *rettung* - was auch immer. einfache lösungen kann es nicht geben, genauso wenig, wie es *einfache* probleme gibt. mich persönlich beunruhigt das nicht mehr, im gegenteil habe ich mittlerweile gelernt, die ungewissheit zu ertragen und sogar zu genießen.

ich hoffe, Du kannst mein konstrukt mit Deinem in verbindung bringen und meine perturbation war erfolgreich im sinne von *gegenseitigem verstehen können*.

dreieck
 
AW: Umberto Maturana: naturwissenschaftliche Philosophie

Hallo Dreieck,

für mich sind Theorien anderer - auch die von Maturana - Anlässe, meinen eigenen Theorien, bzw. eigenen Fragestellungen an Hand eigener Beobachtungen nachzugehen. Ob Maturana recht hat, weiß er - glaube ich -selber nicht, aber es scheint ihn auch nicht zu interessieren. Ich denke, dass viele Naturwissenschaftler gelernt haben mit der Vergänglichkeit ihrer eigenen Theorien zu leben. Es kann ja täglich ein Ergebnis auf den Tisch liegen, dass bisherige Schlussfolgerungen und darauf aufbauende Spekulationen (Theorien) umwirft.

Die Flüchtigkeit meiner eigenen Annahmen und die tägliche Notwendigkeit eigenes Denken und Handeln durch genaues Hinsehen auf die Realität zu überprüfen, verbindet mich mit diesem naturwissenschaftlichen Selbstverständnis, was ich z.B. bei Maturana zu entdecken glaube. Auch mir ist inzwischen die 'Ungewissheit' zu einem vertrauten Genossen meiner eigenen 'Konstrukte' geworden. Da das was ich erlebe, aber der radikalen Theorie z.B. deiner buddhistischen Freundin widerspricht, teile ich nicht die 'radikale These', dass "ich etwas erscheinen lasse". Mir erscheinen - auf Grund meiner persönlichen physischen Konstitution (daher 'physizistisch' ) Dinge, Menschen, Sachverhalte in bestimmer Weise, die ich individuell nenne. Kein Mensch - das ist dann wieder eine 'wilde Behauptung' (Theorie) kann anderes als 'individuelle Sichten' haben. Dass etwas von mir nicht Konstruiertes da ist, entspricht meinem Erleben: Allein die Tatsache, dass ich mich an Gegenständen schmerzlich stoßen, dass sie nicht einfach verschwinden, ist für mich ein erlebbarer Hinweis auf deren Vorhanden-Sein.

Dies erst mal in aller Kürze. Ich muss an meinen Arbeitsplatz.
gruß manni :)
 

mareiek ist ein dreieck,

bläst man da nur ein ei weg.

verpönt wäre die blaserei

entfernte man gar zwei.


Apropos Ei und seine Leiterblaserei !
mareiek_ohne_ei schrieb:
[...] auch ich bin in der bildung tätig und gehe grundsätzlich davon aus,
dass ich mein gegenüber lediglich anstoßen kann, also pertubieren - was davon es in sein konstrukt einbaut
und ob überhaupt, liegt nicht in meiner macht.

Ob sich die geschlechtsreifen weiblichen Gegenüber so mirnix dirnix pertubieren lassen,
das sei einmal dahingestellt.

Ganz sicher werden aber die männlichen Gegenüber massiven Widerstand gegen Pertubationsversuche
eines Dr Frankenstein leisten.


Das musste auch einmal in aller Klarheit (wenig verquast und gescheit) gesagt werden.
 
wenig verquast und gescheit



mwirthgen schrieb:
...Klarheit ...

Wo?

manni

Möönsch, manni, muss ich das denn wirklich erklären ?

Na gut, weil wir gerade so gemütlich in einer Runde beisammensitzen, erkläre ich das halt ausnahmsweise.

Also, da steht geschrieben: "mareiek ist ein dreieck, bläst man da nur ein ei weg."
Bläst man das "ei" aus der Zeichenkette "mareieck" heraus,
dann mutiert die erste Zeile zu "marek ist ein dreieck";
und was das bedeutet, ist hoffentlich ohnehin jedem klar, der von den Diskutanten "marek" und "dreieck"
jeweils eine handvoll Beiträge gelesen hat.
Wem dabei nichts auffällt, für den gilt: Ene mene mu, und raus gehst du !

Weiter geht es mit: "verpönt wäre die blaserei, entfernte man gar zwei."
Na klar, würde man auch das "ei" aus dem "dreieck" herausblasen, entstünde daraus "marek ist ein dreck",
und das wäre hier doch sicherlich verpönt.


Am Rest des Beitrages #24 ist dann nichts mehr rätselhaft, soferne man sich vor Augen hält,
dass mit "pertubieren" das Durchblasen eines verlegten Eileiters bezeichnet wird.

Frauen lassen eine Pertubation sicher nicht aus Jux und Tollerei vornehmen, und bei Männern
kann wohl nur ein Dr Frankenstein auf die Idee einer solchen Behandlung kommen.


Aber das hätte doch wirklich nicht in dieser Klarheit gesagt werden müssen.
 
AW: Umberto Maturana: naturwissenschaftliche Philosophie

Hallo,

nur kurz: ich halte das Werk "Der Baum der Erkenntnis" für eines meiner fundamentalen Schlüsselwerke. Kein anderes Buch hat den Brückenschlag zwischen Biologie und Philosophie in vergleichbarer weise hervorgebracht. Zu mindestens ist mir keines bekannt. Da ich bereits vor über 20 Jahren dieses Buch gelesen habe und der letzte Kontakt mit diesem Schlüsselwerk auch schon mindestens 3 oder 4 Jahre zurückliegt, habe ich mir das Buch mal wieder hervorgeholt und werde die eine oder andere hier aufgezeigte Kritik mal verinnerlichen.
Aus meiner Erinnerung weis ich noch, dass mir das Kapitel 7 sehr zu schaffen gemacht hat. Es war für mich nicht leicht, eine Denkverlängerung von Pflanzen und tierischen Einzellern auf höhere Säugetiere und den Menschen so einfach zu übertragen.
Was aus meiner Erinnerung her vollends überzeugt, ist die Tatsache der Bewegung (natürliches Driften) und die Erkenntnis, das Kooperation und Toleranz die Grundlage aller biologischen Vorgänge ist.
Lieben Denkergruß
axl
 
AW: Umberto Maturana: naturwissenschaftliche Philosophie

was mich vor allem am radikalen konstruktivimus interessiert: wie radikal kann er tatsächlich gedacht werden?
ansonsten werde auch ich mich nochmal an die bücher setzen (müssen), um meine kenntnisse aufzufrischen, (besonders kapitel sieben ;-)). ich erinnere mich, dass ich bei mataurana/varela oft mit *bauchschmerzen* gekämpft habe, weil ich gewisse theorien für nicht nachvollziehbar hielt, aber nicht genau sagen konnte, was genau (für mich) nicht stimmig war.
insofern freue ich mich, das thema hier noch einmal (in gesellschaft) bearbeiten zu können.

bis dahin
dreieck
 
AW: Umberto Maturana: naturwissenschaftliche Philosophie

@ neugier

ja, richtig bemerkt: marek = dreieck, allerdings aus gründen, die Dir nicht zugänglich sein dürften. jedenfalls nicht, um leute wie Dich zu täuschen, denn alles, was mir zu Deinem beitrag einfällt, ist - ignorieren :-).

kennen wir uns? ich meine irl? oder warum haste mich auf dem kieker? wenn Dir meine beiträge nicht gefallen, dann lies doch einfach drüber. mach ich mit Deinen doch auch.

dreieck
 
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AW: Umberto Maturana: naturwissenschaftliche Philosophie

@ neugier

kommando zurück... gott, manchmal steht man auf seiner eigenen leitung ;-))) - habe gerade eine heitere autofahrt hinter mir, auf der mir plötzlich klar wurde, was Du meinst - ich hatte den verschreiber einfach übersehen und Deinen beitrag folglich nicht verstanden, sondern mich nur angepisst gefühlt.

ok - angepisst fühle ich mich noch immer, aber ich will kein schlechter verlierer sein - der witz ist gut und die wortspielerei ebenfalls. sarkastisch und gehässig, aber intelligent. mach mal...

meinen nick habe ich übrigens geändert, weil ich einen geschlechtsneutralen namen haben wollte. das ist nun hinfällig, weil Du mich geoutet hast. da steh ich nun, nackt, aber lachend :-).

mareicke
 
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