Mich würde interessieren wie ihr zu dem Thema "Recht auf den Tod" steht. Zunächst eine Begriffserklärung:
Das von manchen Menschen geforderte Recht auf den Tod geht über die gewöhnliche sogenannte Sterbehilfe hinaus. Denn letztere ist ja kein Recht, sondern eine Art Ausnahmeregelung die meines Wissens nach in Deutschland und Österreich und den meisten anderen Ländern der Welt nur extrem selten angewendet wird, also ausnahmslos nur bei tödlichen Krankheiten im Endstadium und selbst dann sind die Hürden meines Wissens nach noch sehr hoch, man braucht mehrere Gutachten usw. und das alles kostet ja auch einen Haufen Geld. Außerdem ist dieses ganze Gebiet eine rechtliche Grauzone und viele Ärzte trauen sich nicht, die sogenannte Sterbehilfe zu leisten, weil sie juristische Konsequenzen fürchten. Meistens läuft es darauf hinaus, dass die Patienten an ihren Krankheiten sterben, bevor das Prozedere am Ziel angelangt ist. In der Schweiz ist die Situation etwas besser, dort gibt es die Organisation Dignitas, bei der die Hürden nicht ganz so hoch sind, aber trotzdem muss man wohl auch dort eine schwere körperliche Krankheit nachweisen und das ganze Prozedere kostet meines Wissens nach ca. 10.000 Euro. Am unkompliziertesten läuft diese Sache vermutlich in Belgien ab. Aber, so viel ich weiß, gibt es in keinem Land auf der Erde ein tatsächliches Recht auf den Tod. Dieses würde nämlich bedeuten, dass es keine Ausnahmeregeln für besonders schwere Fälle mehr bräuchte und rechtliche Grauzonen gäbe es dann auch nicht mehr. Vielmehr wäre das Recht auf den Tod ein gesetzlich verankertes Grundrecht.
Nun werden sich manche vielleicht wundern, was ich hier überhaupt fordere, was die Menschen, die sich für ein Recht auf den Tod einsetzen, überhaupt wollen, schließlich hindert ja niemand diese Leute daran, einfach aus dem Fenster zu springen und dann haben sie ihr Recht auf den Tod. Als erste Spontanreaktion kann ich diesen Gedanken sogar verstehen, aber sobald man tiefer über das Thema nachdenkt, wird diese Antwort absurd. Und zwar aus folgenden Gründen:
1. Die Unsicherheit aller gängigen Suizidmethoden
Der menschliche Körper ist robuster als man glaubt. Es haben Menschen schon Sprünge aus großer Höhe, Erhängungsversuche und sogar Kopfschüsse überlebt - und dann natürlich in einem wesentlich schlimmeren Zustand als zuvor.
2. Die Grausamkeit der allermeisten gängigen Methoden
Entgegen einem verbreiteten Klischeebild ist es nicht so, dass die meisten suizidalen Menschen sich selbst hassen. Die Gründe für Suizide sind so vielfältig wie alles andere im Leben. Und da eben die meisten Menschen auch wenn sie nicht mehr leben wollen trotzdem noch eine gewisse Selbstachtung haben, wollen sie nicht die extreme Gewalt gegen den eigenen Körper ausüben, die nötig ist, um sich mit den gängigen Methoden aus der Welt zu schaffen. Außerdem ist dieser Punkt natürlich auch ganz allgemein dafür verantwortlich, dass die Hemmschwelle bei den meisten Suizidenten so hoch ist, obwohl sie nicht mehr leben wollen.
3. Das "Mitreinziehen" von Dritten
Viele Zugführer werden jedes Jahr traumatisiert, weil sich jemand vor ihren Zug wirft. Oder es kommt jemand in Bedrängnis, weil er einem Sterbewilligen gewissen Medikamente gegeben hat. Und im Zweifelsfalle gibt es ja immer diejenige Person, die die Leiche finden wird und zumindest einen Schock, vielleicht sogar ein Trauma erleiden wird.
Gäbe es das geforderte Recht auf den Tod, würden alle diese Punkte wegfallen. Denn es gibt ein 100% sicheres und schmerzfreies Mittel, nämlich das, was zum Beispiel von der Organisation Dignitas in der Schweiz verwendet wird (Ich nenne hier das Mittel nicht, weil im Internet irgendwelcher Schrott verschleudert wird, Finger weg davon!). Bei denjenigen, die die Suizidbegleitung durchführen kann man ja nicht davon sprechen, dass sie "mit rein gezogen werden", denn die machen das ja freiwillig.
Zur Dimension des Problems sei noch erwähnt, dass sich alleine in Deutschland jedes Jahr knapp 10.000 Menschen mit den üblichen grausamen Methoden das Leben nehmen:
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Im Jahr 2020 starben in Deutschland insgesamt 9 206 Personen durch Suizid – das waren über 25 Personen pro Tag. Männer nahmen sich deutlich häufiger das Leben als Frauen, rund 75 % der Selbsttötungen wurden von Männern begangen. Das durchschnittliche Alter von Männern lag zum Zeitpunkt des Suizides bei 58,5 Jahren. Frauen waren im Durchschnitt 59,3 Jahre alt. Im Vergleich zum Vorjahr (9 041 Suizide) ist ein leichter Anstieg zu verzeichnen. Insgesamt ist die Zahl der Suizide jedoch in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen: 1980 nahmen sich beispielsweise noch rund 50 Personen pro Tag das Leben.
Die am häufigsten gewählte Suizid-Methode war sowohl bei Frauen als auch bei Männern die Selbsttötung durch "Erhängen, Strangulieren oder Ersticken": Fast die Hälfte aller Männer, die Suizid beging, starb auf diese Art und Weise (49,9 %). Bei den Frauen waren es 31,5 %, die diese Art der Selbsttötung wählten.
Hier finden Sie Informationen zum Thema Suizid beziehungsweise Selbsttötung (umgangssprachlich "Selbstmord"). Daten liegen nach Altersgruppen, Geschlecht sowie nach Sterbemonaten vor.
www.destatis.de
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25 Suizidenten pro Tag, das ist ziemlich genau einer pro Stunde. Das muss man sich wirklich mal verinnerlichen. Die Dunkelziffer dürfte wesentlich höher sein, weil viele ihren Suizid als Unfall tarnen und was zusätzlich noch oben drauf kommt, das sind all die fehlgeschlagenen Versuche, und das sind sehr viele. Wir sprechen hier nicht von einem Randphänomen und was das über unsere Gesellschaft als solche aussagt, das ist nochmal ein Thema für sich...