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Sollte die Metaphysik überwunden werden oder ist das gar nicht möglich?

@Andersdenk : Heidegger drückt es auch so aus (GA Band 97, S.163f.):

"Die Philosophie ist ontisches Denken in der Gestalt der Ontologie, die <denkt> das on he on, d.h. als ousia. (...) Ontologie ist Metaphysik. (...) Die Philosophie ist im Wesen Onto-logie. Aber die Ontologie denkt nicht den Unterschied von Seiendem und Sein. Sie denkt die Zweideutigkeit des on nicht. Sie verhüllt dieses , indem sie es und zwar notwendig übergeht. Sie bleibt in der Vergessenheit des Unterschieds. Die Ontologie denkt nicht das Sein als Sein d.h. das Seyn als die Wahrheit des Seins des Seienden."

Heidegger spricht hier nicht von den Metaphysikern oder den Ontologen, sondern generell von der Metaphysik, welcher er mit der Philosophie und der Ontologie gleichsetzt. Die Metaphysik bzw. das metaphysische Denken denkt nicht den Unterschied von Seiendem und Sein. Das Subjekt des Satzes ist bei Heidegger die Metaphysik grammatisch gesehen. Und es ist nach Heidegger die Metaphysik, welche diesen Unterschied nicht denkt. Er spricht nicht von den Metaphysikern. Man kann natürlich kritisch fragen , warum Heidegger der Auffassung war, dass die Metaphysik diesen Unterschied nicht denkt. Anderseits gibt es für ihn auch die metaphysischen Denker wie Nietzsche z.B. Ich glaube mit dem Begriff Metaphysik fasst er vielleicht alle metaphysischen Denker der bisherigen Tradition zusammen. Deshalb mag es vielleicht verwundern auf den ersten Blick, warum Heidegger von der Metaphysik spricht, die diese Differenz nicht denkt, aber kein Wort über die Metaphysiker hier verliert. Aber so ist es eben bei Heidegger zu finden. Man kann das natürlich anders sehen als Nietzsche oder Heidegger, ich habe das aber mal der Genauigkeit halber hier angeführt zur Erläuterung.

Philosophie=Ontologie=Metaphysik (nach Heidegger)
 
Zuletzt bearbeitet:
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So gesehen ist die Redewendung "Ich denke" strikt gesehen falsch, weil das Ich nicht der Hervorbringer der Gedanken ist,

Na freilich, ist es doch ein tätiges Prinzip, welches Ideen hervorbringt und Ideen hat. Aber die Metaphysik ist kein denkendes Wesen, kein Geist, kein tätiges Prinzip, kein denkendes Subjekt. Insofern liegen unsere hochverehrten Geistesrecken doch voll daneben.

Die Metaphysik bzw. das metaphysische Denken denkt nicht den Unterschied von Seiendem und Sein.

Ein teerwasserbischöflich inspirierter Sophismus hingegen schon. Sein ist Wahrgenommenwerden und das Seiende die Ideen. Hinter der Physik steht im Prinzip die Mathematik und im Prinzip ist alles Zahl. Warum muß man denn alles so unnötig verkomplizieren, aus Freude an der Wortklauberei oder als Theologieersatz?
 
Na freilich, ist es doch ein tätiges Prinzip, welches Ideen hervorbringt und Ideen hat. Aber die Metaphysik ist kein denkendes Wesen, kein Geist, kein tätiges Prinzip, kein denkendes Subjekt. Insofern liegen unsere hochverehrten Geistesrecken doch voll daneben.

Ohne eigene Erfahrung kann man nicht unterscheiden zwischen gepredigten Denken: du sollst, du musst...sprich nicht frei im Gegensatz zu: ich (es) ist frei...neue Möglichkeiten/ Ideen ;)
(Leider wenig Zeit, bin im Urlaub)
 
Na freilich, ist es doch ein tätiges Prinzip, welches Ideen hervorbringt und Ideen hat. Aber die Metaphysik ist kein denkendes Wesen, kein Geist, kein tätiges Prinzip, kein denkendes Subjekt. Insofern liegen unsere hochverehrten Geistesrecken doch voll daneben.



Ein teerwasserbischöflich inspirierter Sophismus hingegen schon. Sein ist Wahrgenommenwerden und das Seiende die Ideen. Hinter der Physik steht im Prinzip die Mathematik und im Prinzip ist alles Zahl. Warum muß man denn alles so unnötig verkomplizieren, aus Freude an der Wortklauberei oder als Theologieersatz?
Wenn alles Zahl ist:banane:
 
Nietzsche war der Sohn eines protestantischen Pfarrers. Später hat er aber mit dem Christentum und seinem religiösen Familienhintergrund gebrochen. Deshalb entstand ja seine Schrift Der Antichrist, die vor allem eine kritische Auseinandersetzung mit dem Christentum ist. Nietzsches Zarathustra ist ja selbst eine Art Gegenentwurf zur Bibel, eben ein neues Evangelium. Ich glaube aber, dass er einen Großteil des Christentums gedanklich hinter sich gelassen hat und mit dem Zarathustra etwas neues begründen wollte. So heißt es meiner Erinnerung nach dort: "Ich würde nur an einem Gott glauben, der zu tanzen verstünde". Der christliche Gott kann das aus seiner Sicht nicht und "Gott selbst ist tot".

Jedenfalls würde ihn nicht als einen religiös-christlichen Denker nennen wie Kierkegaard noch einer war beispielsweise. Bei der Wortwahl höre ich ein bisschen einen polemische Unterton heraus wie ich meine. Ich glaube aber, man sollte die Diskussion hier sachlicher und weniger polemisch führen.

Naja man kann es auch so formulieren, die metaphysischen Denker vor Heidegger haben nicht das "Sein" angemessen gedacht (auch nicht Platon oder Aristoteles). Die metaphysische Tradition ist für "seinsvergessen".


Es gibt beim späten Nietzsche zum Thema Denken eine interessante Anmerkung, die ich kurz hier wiedergeben möchte : Nicht ich denke (also das Ich), sondern "es" denkt. Dh. die Gedanken kommen zu mir , wann sie möchten und nicht wann ich möchte. So gesehen ist die Redewendung "Ich denke" strikt gesehen falsch, weil das Ich nicht der Hervorbringer der Gedanken ist, sondern Nietzsche nett es das "es" und sagt die Gedanken kommen zu mir..Diesen Prozess kann man aber nicht geistig kontrollieren...Was dieses "es" darüber kann man nun spekulieren und vielleicht an Freud und das Unbewusste sich erinnern. Nietzsche würde also sagen - so wie ich ihn verstehe- dass man selbst nicht so einfachen sagen, dass der Mensch als animal metaphysicum denkt in dem Sinne (also sein Ich), sondern das "es" denkt im Menschen. Insofern kann man hier sogar mit Nietzsche weiter differenzieren. Nietzsche hinterfragt die traditionelle Vorstellung vom Ich denke oder er denkt, und verschiebt die Betonung auf ein "es denkt im Menschen".

Dazu auch ein Link:

http://blog.zeit.de/schueler/2013/11/20/friedrich-nietzsche-es-denkt/
willkommen im club ;-)
an dieser stelle lohnt es sich mE nach etwas zu verweilen. nachdem es bisher eher um die aussenreflektion und deren unterschiedlichen interpretationsmöglichkeiten in form der "ontologischen differenzen"- also das vermeindlich erkannte sein(als "welt") im bezug zum (zu erkennenden und äusseren) seienden - betreten wir nun nach heidegger das feld der innenreflektion und deren unterschiedlichen interpretationsmöglichkeiten in form der von ihm so genannten "hermeneutischen differenzen" - also das vermeindlich erkannte sein(als "ich") im bezug zum(zu erkennenden und inneres)erkennendem.
So habe ich selbst schon vor längerer zeit aufgegeben mich selbst als statisches und monolithisches "ich" zu empfinden und dieses modell zu gunsten eines der einem flukturierenden schwarmbewusstseins ähnelnden geändert.
pantha rhei - es ist niemals das gleiche denkende welches da denkt... und empfindet...
 

Unverzichtbare Einigung auf Begriffsbedeutung !

Andersdenk schrieb:
Aber wer kann denn dafür argumentieren,
warum die Metaphysik überwunden werden sollte
und was der Überwinder damit überhaupt überwinden kann?
[...]
Vor allem muss eine Diskussion über
die Überwindung von <X>
solange fruchtlos bleiben,

solange kein Einvernehmen darüber herrscht,
was genau denn mit <X> gemeint ist.


Wenn im Laufe von 2.500 Jahren dem Begriff <X> mehrere
stark unterschiedliche Bedeutungen zugeordnet wurden,
dann muss eine solche Diskussion ohne vorherige Einigung
auf eine bestimmte Bedeutung
notwendigerweise zu einem endlosen Philosophen-Gebrabbel
verkommen.

Philosophisticus hat inzwischen diese Problematik
ja schon angedeutet:
Philosophisticus schrieb:
[...]
Man kann natürlich kritisch fragen , warum Heidegger
der Auffassung war, dass die Metaphysik diesen Unterschied
nicht denkt.
Anderseits gibt es für ihn auch die metaphysischen Denker
wie Nietzsche z.B.
Ich glaube mit dem Begriff Metaphysik fasst er vielleicht
alle metaphysischen Denker der bisherigen Tradition zusammen.
Deshalb mag es vielleicht verwundern auf den ersten Blick,
warum Heidegger von der Metaphysik spricht,
die diese Differenz nicht denkt,
aber kein Wort über die Metaphysiker hier verliert.

Aber so ist es eben bei Heidegger zu finden. Man kann das
natürlich anders sehen als Nietzsche oder Heidegger,
ich habe das aber mal der Genauigkeit halber
hier angeführt zur Erläuterung.

Philosophie=Ontologie=Metaphysik (nach Heidegger)


> Das musste auch einmal in aller Klarheit gesagt werden. <

 

Epiphänomene der neuronalen Aktivität.

Im Wissen um das Libet-Experiment sieht es wohl
genau danach aus.
Denn offenbar ist das Bewusstsein unserer selbst
gar nicht in der Lage, unsere Handlungen zu bestimmen.

Was aber, wenn wir das Denken
als eine unserer Handlungen einordnen?
Sind wir dann noch in der Lage, unser Denken
gemäß der Vernunft selbständig zu verfassen?

Oder sind unsere Gedanken vielleicht doch vorgegeben,
und zwar durch physische Prozesse in unserem Gehirn,
die wir letztlich als <Denken> und als <Ich> bezeichnen,
die aber in Wirklichkeit von dem Organ Gehirn
verursacht werden, ohne dass wir einen Einfluss
auf sie hätten?

Die Folgen wären weitreichend.

Wir müssten davon ausgehen, dass wir selbst nicht
Herr unserer Gedanken sind.

Mithin könnten wir nicht mehr selbst sagen <Ich denke>.
Stattdessen müssten wir dieses Denken,
was auch immer es wäre,
einer Funktion unseres Gehirns zuschreiben,
so dass das Denken einfach passiert.

<Es denkt>, schlägt Nietzsche in Jenseits von Gut und Böse
als alternative Formulierung vor (Absatz 16)"

Philosophisticus, dieses Problem löst sich auf,
sobald man auch dieses <Ich> oder das <Es>
als Ergebnis neuronaler Prozesse begreift,
als sich selbst stabilisierende Strukturen

in unserem Gehirn.

Thomas Metzinger beschreibt das <Selbst>
als eine Modellvorstellung.

> Das musste auch einmal in aller Klarheit gesagt werden. <

 
Zuletzt bearbeitet:
Epiphänomene der neuronalen Aktivität.



Philosophisticus, dieses Problem löst sich auf,
sobald man auch dieses <Ich> oder das <Es>
als Ergebnis neuronaler Prozesse begreift,
als sich selbst stabilisierende Strukturen
in unserem Gehirn.

Thomas Metzinger beschreibt das <Selbst>
als eine Modellvorstellung.

> Das musste auch einmal in aller Klarheit gesagt werden. <


Ja ich danke dir für den Hinweis. Ich bin zwar nicht so vertraut mit der modernen Hirnforschung usw., aber hier scheint mir Nietzsche etwas vorweggenommen zu haben, was die spätere (naturwissenschaftliche) Forschung wie mir scheint bestätigt.

Das ganze wird ja heutzutage unter dem Stichwort "Philosophie des Geistes" behandelt (eine Wendung, die ursprünglich von Hegel stammt).
 
Zuletzt bearbeitet:
Unverzichtbare Einigung auf Begriffsbedeutung !


Vor allem muss eine Diskussion über
die Überwindung von <X> solange fruchtlos bleiben,

solange kein Einvernehmen darüber herrscht,
was genau denn mit <X> gemeint ist.

Wenn im Laufe von 2.500 Jahren dem Begriff <X> mehrere
stark unterschiedliche Bedeutungen zugeordnet wurden,
dann muss eine solche Diskussion ohne vorherige Einigung
auf eine bestimmte Bedeutung
notwendigerweise zu einem endlosen Philosophen-Gebrabbel
verkommen.

Philosophisticus hat inzwischen diese Problematik
ja schon angedeutet:



> Das musste auch einmal in aller Klarheit gesagt werden. <

Ja , was man unter dem dem Begriff der Metaphysik verstehen soll, ist keine einfache Sache. Heidegger fragt ja eben auch "Was ist Metaphysik?". Und ich glaube, dass man da bei unterschiedlichen philosophischen Standpunkten nicht so einfach auf einen Nenner kommen kann, also was Metaphysik genau ist (im Sinne einer einheitlichen Definition). Es gibt verschiedene Auffassungen von dem was Metaphysik ist und das hängt auch vom Denker ab, auf den man sich bezieht bzw. mit dem man argumentiert.

Wenn man aber an Platon denkt, habe ich schon eine gute Vorstellung was Metaphysik hier ausmacht. Was für Heidegger Metaphysik ist (also was seinen Metaphysikbegriff ausmacht, das ist natürlich auch eine Frage).
 
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Na freilich, ist es doch ein tätiges Prinzip, welches Ideen hervorbringt und Ideen hat. Aber die Metaphysik ist kein denkendes Wesen, kein Geist, kein tätiges Prinzip, kein denkendes Subjekt. Insofern liegen unsere hochverehrten Geistesrecken doch voll daneben.



Ein teerwasserbischöflich inspirierter Sophismus hingegen schon. Sein ist Wahrgenommenwerden und das Seiende die Ideen. Hinter der Physik steht im Prinzip die Mathematik und im Prinzip ist alles Zahl. Warum muß man denn alles so unnötig verkomplizieren, aus Freude an der Wortklauberei oder als Theologieersatz?

Ja , normalerweise kann man das so sehen. Das nur im Menschen als denkendes Subjekt das Denken stattfindet und nicht von ihm außerhalb. Aber bei Heidegger wird anscheinend die Metaphysik bzw. die Philosophie zum denkenden Ding , wie aus dem Zitat hervorgeht. Es gibt bei Heidegger auch den Satz "Die Sprache spricht " (und nicht der Mensch), Heidegger scheint mir die übliche Vorstellung umzukehren. Und analog zu dem eben angeführten Satz von Heidegger, kann man halt sagen Die Philosophie/Metaphysik "denkt" . Heidegger hat einen eigenwilligen Sprachbegriff und auch einen eigenwilligen Begriff des Denkens. Man muss natürlich hier mit Heidegger nicht konform gehen, aber es ist ja interessant, wie die übliche Vorstellung vom Menschen als denkenden oder sprechenden Subjekt hier von Heidegger einfach umgekehrt wird, und dieser gedankliche Gestus, kann natürlich provokant sein...


Was den zuletzt genannten "Sophismus" anbetrifft, scheint Heidegger bei seiner Sicht auf die philosophische Tradition diesen von dir genannten Denker nicht berücksichtigt zu haben anscheinend. Heidegger geht das ganze nicht als Mathematiker an, sondern aus einer anderen philosophischen Richtung kommend, die vor allem mit den Namen Platon und Aristoteles verbunden ist. Man kann ihn natürlich in der Hinsicht kritisieren, dass er da nicht an den Teewasserbischof gedacht hat.. Ich würde aber nicht unbedingt sagen, dass man Heidegger hier unnötige "Wortklauberei" /Verkomplizierung vorwerfen kann oder sollte...
 
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