AW: Schwule
Ronald, tut mir ja leid, daß ich den thread ins Philo-Forum unter "Gefühle, Liebe, Sexualität" gestellt habe und nicht ins "Allgemeine" unter "Psychologie", da wären vielleicht ganz andere Fragen gekommen
Ronald32 schrieb:
Ja aber was ist das Schwulsein an sich,
"An sich"? Den doppeldeutigen Witz von Kant und seinem "Ding an sich" kennst Du schon *ggg*? Ich weiß nicht, ob es viel Sinn ergibt, irgendein "Schwulsein an sich" begrifflich bestimmen zu wollen...
Ronald32 schrieb:
gibt es das Schwulsein schon immer? GIbt es historische Beweise dafür, das diese sexuelle "Richtung" schon immer vorhanden war?
Hängt davon ab, was Dir als "historischer Beweis" genügt. Höhlenmalereien zu Thema habe ich noch nicht gesehen. Belege aus der griechischen Antike gibt es mehr als genug, aus der persischen und babylonischen Antike mindestens deutliche Hinweise; und die rigiden Strafmaßnahmen - Todesstrafen -, die das hebräische Heiligkeitsgesetz (Levithicus 17-26) von ca. 450 v.Chr.nicht nur für Homosexualität vorsieht, sondern auch für Inzest und - das ist der wichtigste Aspekt hierbei - Ehebruch im allgemeinen, lassen wohl darauf schließen, daß das Völkchen es in
jeder Hinsicht ziemlich bunt getrieben haben muß.
Mehr zu Homosexualität und Bibel gibt's
hier zu lesen.
Ronald32 schrieb:
Welche Rolle spielt der Schöpfer, falls es einen gibt dabei?
Die Existenz eines Schöpfers ist reine Glaubenssache, oder?
Ronald32 schrieb:
Adam und Eva waren doch Mann und Frau, also zwei verschiedene Geschlechter.
Adam und Eva waren doch mythologische Gestalten, die Menschen sich ausgedacht haben wie den Schöpfer auch? Wenn
die zum Argument taugen sollten, dann aber auch Kain und Abel - dann müßte tödlicher Bruderhaß der gesellschaftliche Normalfall sein...
Ronald32 schrieb:
Also woher kommt dann die gleichgeschlechtliche Liebe? Ist das durch die Evolution entstanden?
Wir wissen nicht, wo sie herkommt; wir wissen auch nicht, ob dieser oder jener Frühmenschenkultur durch eine Geschlechtertrennung mit normalerweise praktizierter Homosexualität und kultisch ritualisierter Fortpflanzung irgendwann mal ein evolutionärer Vorsprung gelang. Wir wissen nur, daß es sie gibt als eine menschliche Verhaltensvariante unter vielen; das muß erstmal reichen.
Ronald32 schrieb:
Ich weiss diese Fragen sind schwierig zu beantworten, und ich glaube sogar man kann sie überhaupt nicht beantworten.
Ich frage zurück, inwiefern denn die Erkenntnis - wenn man sie denn erbrächte - daß schon die Steinzeitmännchen bzw. -weibchen es untereinander munter getrieben hätten, für den
heutigen gesellschaftlichen Umgang mit gleichgeschlechtlicher Liebe überhaupt aussagekräftig sein könnte?
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Zum Abschluß dieses Beitrags nun noch etwas mythisches, was Mensch sich so ausdachte: ein Ausschnitt aus jener berühmten Stelle aus
Platons Gastmahl über die ursprünglichen "Kugelmenschen", die Zeus - da sie zu mächtig wurden - in zwei Teile zerschnitt. Philosophisch gesehen vielleicht nicht die plausibelste Erklärung, mit Sicherheit aber die schönste:
Alle Männer zunächst, welche aus jenem Ganzen geschnitten sind, das früher das Mannweib hieß, lieben heute das Weib - die Ehebrecher also sind aus diesem Geschlechte, damit ihr es wißt - und aus demselben Ganzen sind natürlich auch die Weiber geschnitten, die da den Mann lieben und ihrerseits die Ehe brechen. Die Weiber dann, die aus dem alten Geschlechte des ganzen Weibes geschnitten sind, haben wenig Sinn für den Mann und fühlen sich mehr zum eigenen Geschlechte hingezogen: die lesbischen Frauen stammen aus diesem Geschlecht. Und endlich die Männer, die aus dem alten männlichen Geschlechte geschnitten sind, gehen dem Manne nach. Schon als Knaben lieben sie die Männer und sind froh, wenn sie Männer umarmen und mit Männern liegen. Gerade die mutigsten finden wir unter ihnen, da sie ja doch schon von Natur aus sozusagen die männlichsten sind. Wer sie schamlos nennt, der lügt. Denn nicht aus Schamlosigkeit handeln sie so; nein, ihr Mut, ihre Mannhaftigkeit, ihre Männlichkeit liebt eben ihresgleichen. Und das beweist es: nur sie dienen, reif und zu Männern geworden, dem Staate. Als Männer lieben sie wieder Knaben und Jünglinge und kümmern sich wenig darum, ein Weib zu nehmen und Kinder mit ihm zu zeugen; es genügt ihnen durchaus, unverheiratet nur miteinander zu leben. So also sind die Freunde und Geliebten entstanden, auch sie lieben eben nur ihr eigenes altes Geschlecht. Wenn nun einer von diesen oder jenen anderen seiner eigenen Hälfte zum erstenmal begegnet, da werden er und der andere wundersam von Freundschaft, Heimlichkeit und Liebe bewegt, und beide wollen nichtmehr voneinander lassen. Aber sie, die von nun an ihr ganzes Leben beieinander weilen, sie wissen dennoch niemals und niemand zu sagen, was sie wollten, daß mit ihnen geschähe. Die sinnliche Begierde könnte doch kaum den einen an den andern mit so großer Leidenschaft binden. Ihre Seele will doch wohl etwas anderes: sie kann es nicht sagen und ahnt es nur und stammelt.
Grüße, Gaius